Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht
krampfhaft und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Ich werde … Skallagrim vernichten.«
Und in diesem Moment wusste Swen, an wen ihn der Magier die ganze Zeit erinnert hatte: Er war niemand anders als Erik Hellauge, sein Jarl!
Cody berührte mich am Arm und nahm mich ein Stück zurück, während Erik Wolfshand, begleitet von unablässigem Gekicher und albernem Lachen, auf eine weitere Abzweigung deutete und mit seiner schrillen Stimme sprach.
»Wir müssen raus hier«, flüsterte Bill. »Dieser Irrsinnige führt uns immer tiefer in die Erde hinein, statt nach oben.«
Ich nickte. Es war mir nicht entgangen, dass neunzig Prozent der Gänge und Treppen, die wir genommen hatten, abwärts führten. Wir mussten uns fast eine Meile unter der Erde befinden – wenn meine Erinnerungen nicht täuschten, dann war das ungefähr die Größe des Tempelberges gewesen, bevor er in der Erde versank. Was wiederum bedeutete, dass wir uns seiner untersten Sohle näherten.
»Ich weiß«, antwortete ich, wenn auch mit einiger Verspätung. »Aber ich fürchte, Wolfshand dreht völlig durch, wenn ich ihn bitte, uns den Ausgang zu zeigen. Hast du seine Worte vergessen? Niemand kann diesen Berg verlassen.«
»Versuch es«, drängte Bill. »Ich weiß nicht, warum, aber aus irgendeinem Grunde scheint er auf dich zu hören. Versuch es, oder …«
»Oder?«, fragte ich alarmiert.
Cody presste die Lippen zusammen. Seine Rechte fiel mit einem hörbaren Klatschen auf den Colt in seinem Gürtel. »Oder ich schieße uns den Weg hier heraus frei«, sagte er hart.
Irgendwo hinter meiner Stirn begann eine Alarmglocke zu schlagen. Ich kannte Buffalo Bill Cody als ruhigen, überlegenen Mann, der viel lieber einen Witz zum Besten gab, statt die Waffe zu ziehen. Aber ich kannte auch Professor Postlethwaite nicht unbedingt als jemanden, der mit Fäusten auf einen losgeht, der ihn vermeintlich beleidigt hat, und Annie Oakley ebenso wenig als hysterische Ziege, die einen Schreikrampf bekam, wenn ihr ein Wassertropfen ins Gesicht fiel. Und es war auch nicht meine Art, einen alten Mann in den Leib zu boxen, nur weil er mich grob angefasst hatte. Was in aller Welt geschah mit uns?
Mit einer abrupten Bewegung wandte ich mich um und beeilte mich, wieder zu Erik Wolfshand und den anderen aufzuschließen.
Nicht nur die Topografie unserer Umgebung hatte sich verändert, während wir dem missgestalteten Wesen in die Tiefe des Berges folgten. Ganz deutlich waren wir die letzten Minuten durch einen Teil der chthonischen Anlage gewandert, der bewohnt wurde. Auch hier roch die Luft deutlich nach Feuchtigkeit und einem unglaublichen Alter, aber auch nach anderen Dingen: nach Moder, nach Fäulnis und verdorbenen Nahrungsmitteln und als wir diesmal einen Quergang passierten und Eriks Wolfsarm in einen dahinter liegenden Raum deutete, war dieser nicht leer.
»Kommt, meine Gäste«, kicherte er. »Ihr müsst hungrig sein. Essen.« Er lachte schrill, winkte aufgeregt mit beiden Armen und huschte, stark nach vorne gebeugt und mit grotesken trippelnden Schritten – eine Gangart, die ihm eine absurde Ähnlichkeit mit einem menschengroßen weißen Affen verlieh – vor uns dahin.
Widerstrebend traten wir hinter ihm in die gewaltige, fensterlose Kammer.
Ein flaues Gefühl breitete sich, von meinem Magen aufsteigend, in meinem Körper aus, als ich Erik Wolfshand folgte. Das, was der Hermaphrodit als Essen bezeichnet hatte, erwies sich als gewaltiger Haufen halb oder auch ganz verrotteter Nahrungsmittel, die in der Kammer aufgeschichtet waren. Ein unglaublicher Gestank nahm mir den Atem.
»Gott!«, flüsterte Postlethwaite. »Das … das ist entsetzlich.«
Ich konnte ihm nicht unbedingt widersprechen. Was wir sahen, waren die Opfergaben, die sich die Wächterindianer vom Munde abgespart hatten, das Ergebnis von Monaten und Jahren mühseliger Arbeit und Entbehrungen, das hier verfaulte. Die zuoberst liegenden Dinge – Fleisch, Gemüse und ganze Mahlzeiten, sorgsam in gegerbte Tierhäute eingeschlagen – schienen noch halbwegs genießbar, aber neun Zehntel des gewaltigen Haufens bestanden aus einer verfaulten, feucht glitzernden Masse, deren bloßer Anblick reichte, mir den Mund mit bitterem Speichel zu füllen.
Erik kicherte, riss einen Teil der widerlichen Masse mit seiner Wolfshand an sich und stopfte sie sich in den Mund. »Esst!«, kicherte er. »Es ist Essen! Gutes Essen!«
»Wir … sind nicht hungrig«, wehrte Cody schüchtern ab.
Erik hielt einen
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