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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unseres Schiffchens, aber ich widersprach nicht und tatsächlich tauchte schon Augenblicke später ein heller Streifen feinen weißen Sandstrandes vor uns auf. Mel griff noch einmal kräftig in die Riemen und das Boot schoss ein gutes Stück auf den Strand hinauf, kippte leicht nach rechts und kam knirschend zur Ruhe. Von der Statue oder irgendetwas anderem als weißem Sand und schmutziggrauem Nebel war allerdings nichts zu sehen.
    »Sind Sie sicher, dass wir richtig sind?«, fragte Howard zweifelnd.
    Mel schürzte beleidigt die Lippen. »Sehr sicher«, antwortete er. »So viele Inseln gibt es hier nicht, wissen Sie?« Er stand auf, stieg aus dem Boot und deutete mit einer Kopfbewegung nach vorne. »Seien Sie vorsichtig. Seit dem Diebstahl haben sie einen Zaun errichtet. Es ist nicht sehr angenehm, in einen Stacheldrahtverhau hineinzurennen.«
    »Wachen?«, fragte Howard knapp.
    »Nur eine, so viel ich weiß«, antwortete Mel nach kurzem Überlegen. »Und die wird sich bei diesem Sauwetter kaum blicken lassen. Aber es ist trotzdem besser, wenn wir leise sind.«
    Vorsichtig stiegen auch Howard und ich aus dem schräg daliegenden Boot und auch Rowlf erhob sich und machte einen schwankenden Schritt auf den Strand hinaus, ehe er sich umdrehte und das Boot – mit schmerzverzerrtem Gesicht, aber ohne sichtliche Anstrengung – völlig aus dem Wasser zog, damit es nicht von einer vorwitzigen Welle ins Meer hinaus entführt werden konnte.
    Howard sah ihm stirnrunzelnd dabei zu. »Es wäre besser, wenn du hierbliebest«, sagte er schließlich. »Du bist verletzt.«
    »Wattdenn, wattdenn?«, fauchte Rowlf beleidigt. »Der Kratzer? Wenn mir die Tante nochma übern Weg läuft, dreh ich ihr ’n neues Gewinde innen Hals. Abba verkehrt rum!«
    Howard grinste, aber nur ganz kurz. »Ich meine es ernst, Rowlf«, sagte er. »Und jemand muss schließlich hierbleiben und auf das Boot aufpassen.«
    »Lass doch den Kurzen hier!« Rowlf deutete mit einer Kopfbewegung auf Mel, der ihn unverstehend anblinzelte. »Ich komm mit, basta. Wenma euch ’ne Minute allein lässt, habt ihr doch nix Besseres zu tun, als euch umbringen zu lassen.«
    Howard gab auf, zuckte noch einmal mit den Achseln und drehte sich um und auch ich versuchte nicht noch einmal, Rowlf zum Zurückbleiben zu überreden. Obgleich ich Howards Sorge verstand und teilte, fühlte ich mich einfach sicherer, diesen gutmütigen, aber ungeheuer starken Riesen neben mir zu wissen.
    Angeführt von Mel gingen wir den leicht ansteigenden Sandstrand hinauf. Der Nebel bewegte sich hier stärker als draußen auf dem Meer und ab und zu glaubte ich ein körperliches Huschen und Wogen zu sehen, wie etwas Finsteres und unglaublich Großes, das sich in den spinnwebfeinen Schwaden bewegte. Aber es verschwand stets, wenn ich versuchte, es genauer zu erkennen. Trotzdem hatte ich das intensive Gefühl, von etwas Lebendem umgeben zu sein.
    Kurz danach erreichten wir den Stacheldrahtverhau. Es war eine roh zusammengezimmerte, aber mehr als mannshohe Barriere, die von rostigen Spitzen und Widerhaken nur so strotzte. Rowlf versuchte probehalber die Drähte weit genug auseinander zu ziehen, dass wir der Reihe nach darunter hindurchkriechen konnten, aber selbst seine Riesenkräfte versagten bei den straff gespannten und ineinander verwickelten Drähten. Und an ein Hinüberklettern war nicht zu denken. Ebenso gut hätte man versuchen können, einen Wüstenkaktus zu besteigen.
    »Suchen wir das Tor«, sagte Mel achselzuckend. »Vielleicht kommen wir dort hinein.«
    Wir wandten uns nach links und gingen los. In der grauen Unendlichkeit, die uns umgab, war es schwer, irgendeine Entfernung zu schätzen, aber wir konnten noch nicht sehr weit gegangen sein, als Mel plötzlich stehen blieb und mit einem überraschten Laut nach vorne wies.
    Eine Sekunde später erkannte ich den Grund für seinen Schrecken.
    Nicht sehr weit vor uns war der Zaun niedergebrochen. Die armdicken Balken waren zerborsten wie dünne Streichhölzer, der Stacheldraht zerrissen. Eine mindestens fünfzehn Yards breite, tief aufgewühlte Schleifspur führte vom Meer kommend durch die Lücke und verschwand im Nebel.
    »Großer Gott«, murmelte Mel, »was war das?«
    Howard und ich tauschten einen raschen Blick, zogen es aber vor zu schweigen. Weder er noch ich wussten, was hier aus dem Meer gekommen war und den Zaun niedergewalzt hatte, aber wir hatten eine ungefähre Ahnung, was es sein konnte, und das allein reichte mir schon.
    Vorsichtig,

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