Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:

    Erschrocken hielt sie inne, doch ihre Gedanken machten sich wieder selbstständig:
    Brutale Räuberbanden, kleine Veronique, die auch vor einem Mord nicht zurückschrecken. Vorher aber werden sie noch etwas anderes mit dir anstellen. Du bist hübsch – und kleine hübsche Mädchen leben gefährlich …
    PLATSCH!
    Veronique blieb abrupt stehen. Was war das gewesen? Ein Geräusch wie von leisen Schritten; als ob jemand über einen vom Regen aufgeweichten Weg ging.
    PLATSCH!
    Das waren Schritte! Aber sie klangen so seltsam, so … nass. Es hatte doch gar nicht geregnet, seit Tagen nicht. Und die Schritte kamen näher. Immer näher!
    PLATSCH!
    Mit einem spitzen Schrei fuhr Veronique herum und rannte los, blindlings in die Dunkelheit hinein. Die Straße unter ihren Schuhen war rau und zerklüftet. Immer wieder knickte sie ein und konnte sich erst im letzten Moment wieder fangen. Die furchtbaren Schritte aber waren immer noch hinter ihr, kamen näher und näher!
    Da verfing sich ihr rechter Absatz in einer Lücke zwischen zwei Pflastersteinen. Veronique verlor das Gleichgewicht und stürzte schwer zu Boden.
    Benommen blieb sie ein paar Sekunden liegen. Ihre Knie waren aufgeschürft und bluteten leicht und der stechende Schmerz ließ heiße Tränen die geröteten Wangen hinunterlaufen und auf die helle Seidenbluse tropfen.
    Veronique schluckte den Kloß, der plötzlich in ihrer Kehle saß und das Atmen zur Qual machte, mühsam herunter. Sie musste weiter, durfte hier nicht einfach liegen bleiben. Sie drehte sich halb herum und wollte sich hochstemmen. Da fiel ihr Blick auf die Straße zurück, die sie entlanggerannt war.
    Veronique erstarrte. Ihre Kehle war mit einem Male wie zugeschnürt; sie brachte keinen Ton hervor.
    Wie gebannt hing ihr Blick an dem riesigen Schatten, der durch die Dunkelheit auf sie zukam. Er sah fast wie die Silhouette eines Menschen aus, nur viel größer und massiger. Und der Kopf war seltsam schmal, fast, als wäre er nur zur Hälfte vorhanden.
    Und aus dem Schatten lösten sich dunkle, schwere Tropfen und fielen dampfend und schäumend zu Boden.
    PLATSCH. PLATSCH. PLATSCH …
     
    Es war spät geworden. Ich warf einen Blick auf meine Taschenuhr, als ich das Lokal verließ; kurz vor zehn – und dabei hatte ich vorgehabt, nicht mehr als ein, zwei Bier zu trinken und dann eine Kutsche nach Hause zu nehmen.
    Doch das Verlangen, endlich wieder einmal unter normale Menschen zu kommen und sich über alles mögliche zu unterhalten außer über tentakelbewehrte Wesen, lebende Statuen und uralte Götter, die mich mit ihrem Hass verfolgten, war übermächtig gewesen.
    Nun, mit den Gesprächen hatte ich wenig Glück gehabt, es schien fast so, als würde meine pure Anwesenheit die Leute auf Distanz halten. An der Theke, an der ich gestanden hatte, waren die beiden Plätze links und rechts von mir den ganzen Abend über leer geblieben, obwohl das Lokal ansonsten recht gut besucht war. Doch das war etwas, woran ich mich im Laufe der letzten Jahre beinahe gewöhnt hatte; wenigstens versuchte ich mir das einzureden.
    Trotzdem hatte ich mich ausgiebig der Kurzweil hingeben können. Eine französische Chansonnette war heute die Attraktion gewesen; ihre sanften, melancholischen Lieder hatten mich gefangen genommen und den ganzen Abend über nicht mehr aus ihrem Bann entlassen. Schließlich, die meisten Gäste waren schon vor Stunden gegangen, beendete die junge Frau ihr Gastspiel.
    Und ich hatte an die zehn Humpen Bier und drei oder vier klare Schnäpse getrunken. Mein Gang war nicht mehr ganz sicher, als ich mich von meinem Barhocker erhob.
    Ich trank ansonsten eigentlich sehr selten. Wenn man in permanenter Gefahr schwebt, von Tentakeln erwürgt zu werden oder durch die Hand eines schwarz verhüllen Meuchelmörders ums Leben zu kommen, vergeht einem die Lust darauf, seine Sinne für kurze Zeit zu betäuben. Ich wusste selbst nicht, warum ich heute mit diesem Grundsatz gebrochen hatte. Vielleicht war der seelische Druck nach der Rückkehr aus New York, seit Priscylla wieder bei mir weilte, einfach zu stark geworden. Denn obwohl ich sie endlich gefunden hatte, sie wieder berühren und umsorgen konnte, war sie doch unendlich weit von mir entfernt. Für kurze Zeit hatte ich mich der Illusion hingegeben, nach ihrer Trennung von dem unseligen Einfluss des NECRONOMICON wäre sie endlich wieder ein normaler Mensch, doch das hatte sich als Täuschung herausgestellt. Zwar war sie nicht länger ein Werkzeug des

Weitere Kostenlose Bücher