Hexer-Edition 18: Endstation Hölle
Größe auf, bis das Dorf vollends unter dem Schatten meines gigantischen Körpers lag. Allein der schwarze, bizarr geformte Tempel, der Ort meiner Geburt, war mir noch ebenbürtig in seiner finsteren, gigantischen Erscheinung.
Und dann sah ich das Opfer, das mir der Gesang verheißen hatte; die heilige Gabe, die meine Wut und meinen Hunger besänftigen sollte und doch einem ganz anderen Zweck diente: der Aufzucht der Brut, die in den Höhlen eines Vulkanberges heranwuchs. Es bedurfte nur noch zwei oder drei dieser Weibchen, bis meine Kinder endlich erwachen und an meiner Seite über das Land und all seine Lebewesen herrschen konnten.
Ich beugte mich weiter vor und betrachtete aus hungrigen Augen das dargebotene Opfer.
Irgendetwas daran war anders als sonst. Der nackte Körper des Weibchens war gedrungener, seine Haut und das Haar dunkler. Es war – SILL!
Ein schmerzhafter Stich des Erkennens fuhr durch mein Hirn. Etwas, das sich um meinen Geist gelegt hatte, zerbrach und fiel wie zäher, erstarrter Schleim von meinen Gedanken ab.
Gütiger Gott – was war mit mir geschehen? Das waren doch nicht meine Gedanken gewesen, die nach dem Tod der beiden Menschen verlangten!
Und doch mussten sie sterben, damit meine Kinder leben konnten. Ich brauchte den kleinen, ausgestreckten Körper auf dem Opfertisch, seine warmen, fruchtbaren Eingeweide, um -
NEIN! Es durfte nicht sein! Ich musste mich dagegen wehren! Das waren nicht meine Gedanken! Nicht meine Gedanken!
Mit einem reißenden Schmerz kam ich frei.
Wieder war ich für Sekunden mit dem abgrundtief bösen Geist des Wurms verschmolzen gewesen, hatte nicht nur durch seine Augen gesehen, sondern im gleichen Moment seine Gedanken gedacht, die wilden Instinkte einer Bestie durchlebt. Und es war so plötzlich geschehen, dass ich mich nicht dagegen zu wehren vermochte, nicht einmal recht bemerkte, dass die schrecklichen Gedanken nicht mehr meine eigenen waren.
Ich beugte mich tiefer hinab und reckte zwei meiner Tentakel dem nackten Körper der Frau entgegen. Sie schrie auf, als ich die weiche, verletzliche Haut berührte und über ihren Leib strich. Für einen Herzschlag überkam mich das Verlangen, sie emporzureißen und zu verschlingen, doch der Gedanke an die wartende Brut hielt mich im letzten Augenblick zurück. Nein, sie würde nicht sterben. Noch nicht.
Ein kleiner, stechender Schmerz flackerte an meiner Seite auf. Das zweite Wesen! Dieser winzige Zwerg mit seinem lächerlichen Speer!
Mit einem Grollen wälzte ich meinen gewaltigen Körper herum und suchte nach dem lästigen Stachel, der sich wieder und wieder in mein Fleisch bohrte. An diesem Opfer konnte ich meinen Hunger befriedigen; die Körper der Männchen waren nicht fähig, die Brut aufzuziehen.
Dann sah ich den Mann vor mir. Er hatte sich wieder bewaffnet und stach wie von Sinnen auf meinen Leib ein. Und wenn er mich auch nicht ernsthaft verletzen konnte, so fügte er mir doch kleine lästige Wunden zu und lenkte mich von meinem eigentlichen Ziel ab.
Ich ließ neue Tentakel an jener Stelle durch meine Haut wachsen, an der das Opfer stand. Ich sah, wie es mit einem gellenden Schrei zurückzuckte und sein Heil in der Flucht suchte – doch es war zu spät. Meine Arme umschlangen seinen kleinen zerbrechlichen Körper und zogen sich mit einem Ruck zusammen. Es bäumte sich in meinem Griff auf, schlug mit erstaunlicher Kraft um sich, wehrte sich verzweifelt gegen das Schicksal, dem es doch nicht entrinnen konnte. Ich -
Ich brachte ihn um! Ich war im Begriff, einen Menschen zu ermorden, mit meinen eigenen Händen … nein, mit den Armen der Kreatur! Wieder war ich eins mit ihr und ihrem animalischen Geist gewesen. Wieder hatte ich für Minuten die Kontrolle über mein Denken verloren, war verschmolzen mit dem Körper des weißen Wurmes!
Hastig löste ich meinen Griff und ließ den Mann frei.
Es dauerte einige Sekunden, bis ich wirklich begriff, was ich getan hatte. Ich selbst hatte die Tentakel zurückgenommen, nicht der Wurm! Ich konnte der Kreatur meinen Willen aufzwingen! So, wie sie mich beherrschte, gebot auch ich über ihren Geist. Es war eine erschreckende Symbiose – und meine einzige Chance, aus dem Schlund des Wurmes zu entkommen! Ich musste dem Fremden zum Sieg verhelfen, musste die Kreatur in ihrem Angriff behindern – und den Mann augenblicklich töten, bevor der fremde Geist wieder Gewalt über den meinen errang! Wieder peitschte ich meine Arme auf das zwergenhafte Wesen zu, das auf
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