Hexer-Edition 18: Endstation Hölle
Tyrann dieser phantastischen Welt war. Kaum hatten die Urelefanten die Witterung ihres Feindes aufgenommen, als eine neuerliche, diesmal eindeutig angsterfüllte Bewegung durch ihre Reihen lief. Ich konnte beinahe fühlen, wie eine Woge der Furcht auf die Herde übergriff und sie einen Herzschlag lang lähmte.
Und dann in schierer Panik in die Flucht trieb. Mit einem Male war aus der Masse zottiger Giganten, aus der Übermacht todbringender Stoßzähne und tonnenschwerer Leiber ein Haufen verängstigter Tiere geworden, die sich bei ihrer überstürzten Flucht zum Teil gegenseitig verletzten und die kleineren Jungtiere einfach niedertrampelten.
Allein der Leitbulle der Herde, ein Koloss, der die anderen Giganten noch um Haupteslänge überragte, blieb unbeirrt stehen und starrte dem Wurm entgegen. Er hob den Rüssel an die Stirn und ließ ein Brüllen hören, das für sich schon ausgereicht hätte, einen Angreifer in die Flucht zu schlagen.
Den weißen Wurm trieb es nur noch weiter an. Entsetzt sah ich durch die Augen der Bestie, wie sie sich dem Mammut näherte, mit einer Geschwindigkeit, die dem plumpen, unförmigen Körper Hohn sprach. Der Bulle stand noch immer unbewegt; nur sein Kopf mit den gewaltigen, gebogenen Stoßzähnen schwang leicht hin und her. Unerschrocken wartete er auf den Angriff des Wurmes – und auf seinen eigenen Tod, in der Gewissheit, damit die Herde gerettet zu haben.
Und dann war der weiße Wurm heran.
Der Leitbulle senkte den mächtigen Schädel und stürmte vor, Sekunden, bevor die Bestie ihn erreichte. Ich schrie instinktiv auf, als das todbringende Elfenbein auf mich zuraste – und wieder, als ich mich plötzlich unvermittelt in die Höhe gerissen fühlte. Ich sah, wie der Boden weit unter mir zurückblieb, wie das urgewaltige Mammut immer kleiner und kleiner wurde, und hatte im ersten Augenblick keine andere Erklärung als die, dass der Wurm sich auf unsichtbaren Schwingen in die Luft erhoben hatte.
Dann erkannte ich, was wirklich geschah. Das Wesen richtete sich zu seiner vollen Größe auf! Mein Gott – es musste gewaltiger sein als … als … Ich suchte in sinnlosem Bemühen nach einem Vergleich und gab es schließlich auf, als sich der Wurm plötzlich nach vorn neigte, auf das Mammut hinabblickte … und sich einfach fallen ließ.
Die Welt versank in einem Strudel von Blut und Staub und schmerzerfüllten Schreien. Dem riesigen Mammut blieb nicht der Hauch einer Chance. Der Wurm begrub es mit der Masse seines aufgedunsenen Körpers und presste es zu Boden. In Sekundenschnelle wuchsen Tentakel überall aus seinem Leib und klaffende Mäuler mit langen, nadelspitzen Zähnen zerfetzten den Mammutbullen, noch bevor er sich gegen das Höllentier zur Wehr setzen konnte.
Nach wenigen Augenblicken war es vorbei, doch ich hatte die schrecklichsten Sekunden meines Lebens durchgestanden. Noch immer hallten die Empfindungen des furchtbaren Wesens in mir nach; Gefühle, die ich so deutlich miterlebt hatte, als wären es meine eigenen gewesen: ein wilder, animalischer Blutrausch voller Hass auf alles Lebende, der pure Wille zu vernichten.
Was war das für ein Monstrum, das sich am Tod seiner Opfer ergötzte? Kein von Gott erschaffenes Wesen konnte solche Instinkte besitzen. Nein, mein erster Gedanke hatte sich auf furchtbare Weise bestätigt: Dieses … Ding war ein Werkzeug des Bösen. Woher es kam, wusste ich nicht zu sagen, doch eines war zumindest sicher – es war keine Kreatur der GROSSEN ALTEN. Ich hätte die Magie jener uralten Götter einfach gespürt; zu oft schon war ich mit ihrer dämonischen Macht konfrontiert worden.
Eine Veränderung im Denken des weißen Wurmes riss mich aus meinen Überlegungen. Irgendetwas geschah. Der unförmige Leib des Tieres richtete sich abermals auf und verharrte reglos. Der Wurm schien zu lauschen!
Ich konzentrierte mich und drang weiter in seine finstere, abgrundtief böse Psyche ein. Und tatsächlich – da war etwas. Ein leises, unendlich fernes Wispern, nein, ein Singen; ein dumpfer, an- und abschwellender Laut, von dem ein seltsames Locken ausging. Und auf den die Kreatur reagierte. Schemenhafte Gedankenfetzen glitten an meinem geistigen Auge vorbei: Erinnerungen an weißhäutige, dürre Wesen, an kreischende Frauen und angsterfüllte Gestalten, die am Boden hockten. An Blut und wohlschmeckend warmes Fleisch. An eine Beschwörung, ein Erwachen aus äonenlanger Dunkelheit. Und an … die Brut. An die unfertigen Leiber weiterer Würmer, die
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