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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ich ihn eigentlich mühelos herausziehen können.
    Wenn ich den Mut dazu aufgebracht hätte, hieß das.
    »Worauf … wartest du?«, fragte Sill stockend. Sie wankte. Ihre Augen hatten einen fiebrigen Glanz angenommen. Ob die Wunde gefährlich war oder nicht, die Schmerzen mussten entsetzlich sein.
    Ich fuhr mir nervös mit der Zungenspitze über die Lippen, streckte die Hand nach dem Pfeil aus und zuckte zurück, ehe ich ihn auch nur richtig berührt hatte. Wer es jemals ausprobiert hat, wird wissen, dass es weitaus leichter ist, einen Pfeil in jemanden hineinzuschießen, als ihn herauszuziehen.
    »Es … wird sehr wehtun«, sagte ich.
    »Was glaubst du, was es jetzt tut?«, fragte Sill stöhnend. »Zieh ihn raus, schnell!«
    Ich versuchte es. Aber meine Hände schienen mir mit einem Male nicht mehr gehorchen zu wollen. Ich begann zu zittern, sah Sill beinahe flehend an und schloss für einen Moment die Augen, um Kraft zu sammeln. Ein Gefühl immer stärker werdender Übelkeit breitete sich in meinem Magen aus.
    Als ich die Augen wieder öffnete, hatte sich Sill aufgerichtete und den Pfeilschaft mit der linken Hand umklammert.
    »Was …?«, keuchte ich.
    Sill bäumte sich auf, stieß einen gellenden Schrei aus – und zog den Pfeil mit einem einzigen, harten Ruck aus ihrer Schulter.
    Ich konnte gerade noch rechtzeitig hinzuspringen um sie aufzufangen, als sie das Bewusstsein verlor.
    Einen Moment lang hielt ich sie einfach in den Armen, sah mich hilflos um und bettete sie schließlich in Ermangelung eines besseren Platzes auf den Sarkophag. Ihre Schulter blutete heftig, sodass ich einen Streifen aus meinem Hemd riss und einen Verband zu improvisieren versuchte. Sill stöhnte vor Schmerz, während ich versuchte, die Blutung zum Stillstand zu bringen, wachte aber nicht auf und nach einer Weile wurde der Blutstrom tatsächlich dünner und versiegte dann ganz. Schließlich beruhigte sich auch ihr hektisch rasender Pulsschlag ein wenig.
    Ich richtete mich auf, drapierte ihren Burnus sorgfältig so, dass der schwere Stoff die verwundete Schulter nicht berührte, und sah mich unschlüssig in der Kammer um. Der Mann, den ich niedergeschlagen hatte, regte sich noch immer nicht, aber ich hatte für den heutigen Tag wahrlich genug von unangenehmen Überraschungen. Ich ging zu ihm, löste ein paar Lederriemen aus seinem sonderbaren Panzer und band seine Hände und Füße damit zusammen. Erst dann nahm ich mir die Zeit, mich genauer in der Kammer umzusehen.
    Es gab nicht viel zu entdecken. Die Kammer war leer bis auf den Sarkophag und den blauen Kristall und abgesehen von der Tür, durch die ich selbst gekommen war, gab es auch keinen anderen Ausgang. Was bedeutet, dass die Fremden auf dem gleichen Weg hier hereingekommen sein mussten wie Sill und ich. Und das wiederum bedeutete, dass durchaus noch mehr von ihnen kommen mochten.
    Obwohl mich allein der Anblick wieder schaudern ließ, bückte ich mich nach einem der Dolche und schob ihn vorsichtig unter meinen Gürtel. Das Metall fühlte sich eiskalt an, obgleich es hier drinnen eher zu warm als zu kalt war.
    Ich überzeugte mich davon, dass der Mann gut verschnürt war, ging zu Sill zurück und beugte mich über sie. Ihr Atem ging jetzt gleichmäßig und ruhig, obwohl ihre Stirn noch immer mit kaltem Schweiß bedeckt war. Ihre Hände zuckten unentwegt. Trotzdem verspürte ich fast so etwas wie Bewunderung für dieses schmale, so täuschend zart gebaute Mädchen. Sie war zäher als mancher Mann, den ich kannte. Aber sie hatte in den letzten Wochen auch mehr durchstehen müssen als so mancher Mann, den ich kannte …
    Als ich mich aufrichtete, fiel mein Blick auf den blauen Riesenkristall am Kopfende des Sarkophages.
    Und im gleichen Moment hörte ich das Flüstern …
    Es war mit nichts zu vergleichen, was ich jemals erlebt hatte: ein überaus unangenehmes, raschelndes Hecheln tief in meinen Gedanken, keine Worte, keine Begriffe, keine irgendwie geartete Kommunikation, wie ich sie von verschiedenen anderen Gelegenheiten her kannte, wenn ich auf telepathisch begabte Wesen gestoßen war. Es war ein Gefühl, als striche jemand mit rauem Sandpapier durch meine Gedanken. Und trotzdem …
    Fast gegen meinen Willen hob ich die Hand und berührte den kalten, blauen Stein.
    Und ich – sah eine stahlblaue Kuppel, die sich wie ein künstlicher Himmel über zwei turmgekrönte Hügel spannte. Zwischen den Türmen erstreckte sich ein undurchdringlicher Dschungel, in dessen Mitte ein dunkler

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