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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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See wie ein matt glänzendes Auge lag. Affenartige Krieger huschten unter dem grünen Blätterdach des Dschungels umher und hackten mit bizarren Waffen aufeinander ein. Zwischen den Primaten tauchten immer wieder Männer in stachelbewehrten Lederpanzern auf, die mit blitzenden Schwertern gegen diese kämpfen, ohne dass ich in diesem allgemeinen Gemetzel irgendein System erkennen konnte. Offenbar kämpfte einfach jeder gegen jeden. Einmal gerieten sogar zwei der Männer aneinander und fochten, dass die Funken nur so stoben. Schließlich blieb einer liegen und der Sieger winkte mehrere Affen zu sich, die anscheinend seine Untergebenen waren.
    Ein blauer Blitz fuhr durch meinen Schädel. Das Bild vor meinem geistigen Auge zerstob, wurde zu wirbelndem Chaos, aus dem flammende Arme wie lodernde Protuberanzen aus einer Sonne schossen. Für einen winzigen Moment glaubte ich ein Gesicht inmitten des blau gleißenden Feuermeeres zu sehen; das Gesicht einer sehr jungen, sehr schönen Frau.
    Dann schien die Miniatursonne direkt zwischen meinen Schläfen zu explodieren.
    Ich spürte nicht einmal mehr, wie ich neben dem Sarkophag auf dem Boden aufschlug.
     
    Mereda hatte sich nicht bewegt. Ihr Gesicht war wie eine Maske: starr, bar jeden Ausdruckes, völlig gefühllos. Nur ihre rechte Hand, die sich um den Assyr-Kristall zwischen ihren Brüsten gelegt hatte, hatte einmal gezuckt; nur ganz sacht und nur sehr sehr kurz. Niemand, auch ein aufmerksamer Beobachter nicht, hätte es überhaupt bemerkt; es sei denn, er hätte vorher gewusst, worauf er zu achten hatte.
    Nein – Mereda, die neue Kreisversteherin des Conden-Turmes, hatte sich in der Gewalt, ebenso gut und vielleicht besser, als es Carda gehabt hatte.
    Aber in ihrem Inneren tobte ein Vulkan.
    Die Verbindung war nur sehr flüchtig gewesen. Sie hatte das Bild des Fremden gesehen, eines Mannes von sehr sonderbarem Äußeren, klein, schlank, mit sehr hellen Zügen und Haaren im Gesicht, fast wie ein Sree, aber eindeutig menschlich, und einer seltsamen, gezackten weißen Haarsträhne, die ihm ein irgendwie geheimnisvolles Aussehen gab.
    Aber es war nicht sein Äußeres, das sie so erschreckt hatte. Als Bewohnerin des Conden-Turmes und als Adeptin erst recht, war sie bizarre Wesen gewohnt und gegen die Sree war dieser sonderbare Fremde mit seinem bleichen Gesicht und den Haaren an der falschen Stelle geradezu eine Schönheit. Was sie so verstörte, war das, was sie hinter seinen fremdartigen Zügen gesehen hatte. Fetzen von Erinnerungen, Bilder, die so erschreckend wie faszinierend waren – seine Herkunft …
    Konnte es sein?, dachte Mereda schaudernd. War es möglich, dass die alten Prophezeiungen doch wahr waren, obgleich sie alle, Carda eingeschlossen, stets nur darüber gelächelt hatten?
    Konnte es sein, dachte sie erschrocken, dass er gekommen war?
     
    Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ich das Bewusstsein zurückerlangte. Aber es konnten nicht mehr als wenige Augenblicke, allerhöchstens ein paar Minuten gewesen sein, denn die Schramme, die ich mir beim Sturz auf den harten Boden an der Stirn zugezogen hatte, blutete noch. Ein unbestimmtes Gefühl von Gefahr wühlte in meinen Gedanken.
    Ich stöhnte leise, öffnete die Augen und versuchte mich hochzustemmen, fand aber erst beim zweiten Anlauf die nötige Kraft dazu. Mühsam wandte ich den Kopf.
    In der nächsten Sekunde war ich hellwach.
    Und plötzlich wusste ich auch, was das warnende Gefühl in meinen Gedanken zu bedeuten hatte. Ich war in Gefahr.
    Nicht nur ich, sondern auch der Mann, den ich niedergeschlagen hatte, war aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht. Und wenn ich mir eingebildet hatte, er stelle keine Bedrohung mehr dar, mit seinen auf den Rücken gefesselten Händen und den zusammengebundenen Füßen, so hatte ich mich verdammt getäuscht, denn der Bursche hatte die Zeit meiner Bewusstlosigkeit genutzt sich wie ein Wurm auf mich zuzuschlängeln und ganz genau in dem Moment, in dem ich den Kopf wandte und ihn ansah, versuchte er sich aufzubäumen; offensichtlich mit keiner anderen Absicht als der, sich samt seiner stachelbewehrten Rüstung über mich hinwegzurollen. Wenn es ihm gelang, würde ich hinterher aussehen, als wäre ich unter den Urgroßvater aller Rasenmäher geraten.
    Entsetzt warf ich mich zurück, zerrte den Dolch aus dem Gürtel und stieß die Waffe drohend nach seinem Gesicht. Ich trat nicht und hatte auch nicht die Absicht gehabt es zu tun, aber die Warnung war eindeutig. Der

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