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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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anwirft oder den Tabletcomputer zur Hand nimmt, als geistige Hintergrundfolie mitlaufen lassen. Denn wer weiß, wie lange wir das noch können und wollen: lesen.
    Sebastian Pirling
    DAN SIMMONS
FLASHBACK (FLASHBACK)
    Roman · Aus dem Amerikanischen von Karl Jünger · Wilhelm Heyne Verlag, München 2011 · 638 Seiten · € 16,50
     
    Welcher heilige Zorn ist bloß in Dan Simmons gefahren?
    Der Autor, der uns mit Science-Fiction-Großtaten wie der »Hyperion«-Saga, aber auch mit Horror-Kunstwerken wie »Terror« und »Drood« begeistert hat, scheint durch die politischen Ereignisse seit dem 11. September 2001 eine seltsame persönliche Entwicklung durchgemacht zu haben. Zumindest muss sein neuester SF-Roman »Flashback« derart interpretiert werden.
    Wir befinden uns im Jahr 2036 und die USA stecken mitten im ökonomischen und politischen Zusammenbruch. Nick Bottom, ein ehemaliger Polizist, wird als Privatdetektiv beauftragt, den brutalen Mord am Sohn eines japanischen Magnaten aufzuklären. Dumm nur, dass Bottom schon als Cop an der Aufgabe gescheitert ist, mittlerweile (nachdem seine eigene Frau unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist) jeglichen Ehrgeiz aufgegeben hat und als einer von hundert Millionen Amerikanern von der neuen Droge »Flashback« abhängig ist. Deren perfide Wirkung löst
extrem realistische Erinnerungszustände aus, die man sich noch dazu willentlich aussuchen kann. Kein Wunder, dass sowohl Bottom als auch seine Mitbürger nun ihre Tage damit verbringen, von »besseren Zeiten« zu träumen – als die USA noch Wirtschaftsmacht Nummer 1 waren, Nicks Frau noch lebte, auf den Straßen noch keine zügellose Gewalt herrschte und die amerikanische Infrastruktur noch nicht infolge von Vernachlässigung in sich zusammengebrochen war.
    In einem spannenden, knallharten und rasanten Stil (der so wenig mit der Manieriertheit von »Drood« gemein hat, dass man denken könnte, Simmons’ böses Alter Ego hätte den Text verfasst) konfrontiert uns der Autor auf eindringliche Weise mit den durchaus absehbaren Folgen heute wahrnehmbarer Risiken. Jeder, der schon mal in den USA war und den hygienischen Zustand öffentlicher Gebäude, das fragile Stromnetz, die ungerechte Einkommensverteilung, den freizügigen Verkauf von Handfeuerwaffen und die wahnsinnigen Verkehrszustände erlebt hat, ahnt, welch ungeheuerliches Potenzial für Aggression und Revolution dieses Land besitzt. Aber zieht Simmons daraus die richtigen Schlüsse?
    Die Kalamitäten begannen in unserer Gegenwart, also in der Zeit, »als alles den Bach runter ging«, wie der Autor sie nennt. Was er damit meint, macht er in bisher von ihm nicht gekannten, klaren Worten deutlich: Barack Obama »war« als amerikanischer Präsident erstens für unsinnige Zugeständnisse an die arabische Welt verantwortlich (Simmons verurteilt die 2009 von Obama in Kairo gehaltene Rede der Versöhnung mit den islamischen Ländern explizit als unnötiges und gefährliches Entgegenkommen, und zwar in einem Ton, der an die Kritik an der britischen Appeasement-Politik gegenüber Hitler erinnert). Zweitens verdammte Obamas – ohnehin halbherzige – Gesundheitsreform die USA dazu, immer mehr Schulden für die allgemeine Sozialversicherung anzuhäufen und dadurch ihre wirtschaftliche und politische Eigenständigkeit zu verlieren.
    All diese Fehler des jetzigen Präsidenten haben in den nächsten Jahrzehnten, wie Simmons suggeriert, schwerwiegende Konsequenzen: Nordamerika wird eine Wirtschaftskrise von nie dagewesenem Ausmaß erleiden. Es wird nicht nur noch weiter hinter
China, Indien und Japan zurückfallen, sondern – um seine Schulden bei genau diesen Ländern abzubauen – auch praktisch seine gesamte militärische Truppenstärke an die Konkurrenz »vermieten«. Was wiederum dazu führen wird, dass gute, amerikanische Soldaten in fernen Ländern für deren Machthaber Kriege führen, die mit den USA nichts zu tun haben, während ihr home country zerbricht (einzelne Bundesstaaten wie Texas spalten sich sogar ab) und gleichzeitig von einer völlig neuen Gefahr bedroht wird …
    Und nun holt Simmons mit dem größten Hammer aus: Da Barack Obama und nachfolgende Präsidenten sich zunehmend als Schutzmacht Israels aus dem Nahen Osten zurückzogen, konnte dessen Erzfeind Iran nicht nur seine militärische Stärke ausbauen und in einem atomaren Erstschlag Israel tatsächlich »vom Angesicht der Erde radieren«, nein, es begründet im Zusammenschluss mit anderen

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