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Heyne Galaxy 06

Heyne Galaxy 06

Titel: Heyne Galaxy 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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nicht mehr. Parson stritt sich mit Oliver und Weber, aber vergeblich. Der Tisch war mit dem Fleisch des toten Viechs bedeckt. Für den Koch war kein Platz mehr.
    »Kein Gehirn vorhanden«, bemerkte Weber etwas vorwurfsvoll, als wir stehenblieben. Er schien uns die Schuld daran zu geben. »Wir finden einfach kein Gehirn. Ein Nervensystem ist auch nicht vorhanden.«
    »Das ist doch praktisch unmöglich«, erklärte Oliver. Er wirkte verstört. »Wie kann ein so hochentwickeltes Lebewesen ohne Gehirn und Nervensystem existieren?«
    »Seht euch nur den Fleischerladen an!« forderte Parson uns wütend auf. »Ihr werdet heute im Stehen essen können.«
    »Fleischerladen ist genau der richtige Ausdruck«, stimmte Weber ganz überraschend zu. »Soweit wir haben feststellen können, besteht das Viech aus mindestens zwölf verschiedenen Fleischsorten. Fisch, etwas Eidechse, Wildfleisch, aber auch ausgezeichnetes Steak, rot und zart.«
    »Ein Allzweck-Schlachttier«, meinte Kemper. »Vielleicht haben wir da wirklich etwas Brauchbares entdeckt.«
    »Wenn das Fleisch genießbar ist«, schränkte Oliver ein.
    »Das müssen Sie herausfinden«, eröffnete ich ihm. »Die Versuchstiere stehen bereit. Drüben in den Käfigen.«
    Weber betrachtete das blutige Durcheinander auf dem Tisch.
    »War eine anstrengende Arbeit, aber das hilft uns nicht weiter. Wir brauchen ein zweites Tier. Sie können mit dem Rest auch nichts anfangen, Kemper.« Weber sah mich erwartungsvoll an. »Ob Sie uns eins besorgen können?«
    »Klar«, sagte ich. »Nichts einfacher als das.«
    Und es war einfach.
    Kurz nach dem Mittagessen kam ein einzelnes Viech auf unser Lager zu, blieb dicht vor uns stehen und sah uns mit einem seelenvollen Blick an.
    Dann fiel es um und war tot.
    In den folgenden Tagen kamen Weber und Oliver kaum zum Schlafen oder Essen. Sie sezierten das zweite Tier und diskutierten über das, was sie fanden. Sie schienen selbst nicht zu glauben, was sie mit ihren eigenen Augen sahen. Mit ihren Messern fuchtelten sie in der Luft herum, um ihre Argumente zu unterstreichen. Manchmal hatte ich den Eindruck, daß sie am liebsten in Tränen ausgebrochen wären, um ihrer Verzweiflung Luft zu machen.
    Kemper sammelte inzwischen Fleischproben und untersuchte sie unter seinem Mikroskop. Seine Miene wurde immer finsterer.
    Währenddessen gingen Parson und ich spazieren. Er sammelte Erdproben und versuchte, das Gras zu klassifizieren. Es gab nur eine einzige Sorte Gras. Wir beobachteten das Wetter, notierten die Temperaturwerte und stellten allerhand Beobachtungen an.
    Ich dachte an Kemper und suchte nach Insekten. Bis auf Bienen konnte ich nichts entdecken, und die auch nur, wenn wir in die Nähe einer Herde Viecher gelangten. Vögel gab es nicht. Zwei Tage verbrachte ich damit, auf dem Bauch am Ufer eines schmalen Baches zu liegen und ins Wasser zu starren. Ich erbettelte mir von Parson ein Zuckersäckchen, spannte einen Blechring in das offene Ende und legte es in den Bach. Wieder nichts. Kein Fisch, kein Krebs, gar nichts.
    Ich begann zu glauben, daß Kemper recht hatte.
    Auch Fullerton ging viel spazieren, aber wir kümmerten uns nicht um ihn. Die Agenten des Unsterblichkeits-Instituts waren sich auch in dieser Beziehung alle gleich. Sie gingen spazieren und suchten nach Dingen, die es nicht gab. Eigentlich hätte man sie bedauern sollen, denn bestimmt waren sie nicht normal.
    Ich war mit meinem Bach beschäftigt, als ich an diesem Tag zufällig Fullerton begegnete. Es war schon spät am Nachmittag. Ich lag am Ufer und sah ins Wasser. Als ich aufblickte, begegnete ich seinem Blick. Er stand auf der anderen Seite des Baches, und ich hatte das Gefühl, daß er mich schon länger beobachtete.
    »Sie werden kaum etwas finden«, sagte er betont lässig.
    Er sagte es so, als hielte er mich für einen kompletten Idioten, weil ich immer noch nicht aufgab. Das allein hätte genügt, mich auf die Palme zu bringen. Aber dazu gab es noch einen weiteren Grund.
    An Stelle des gewöhnlichen Zahnstochers hing zwischen seinen Lippen ein Grashalm. Er kaute darauf herum, als ob er nichts anderes zu tun hätte.
    »Ausspucken!« brüllte ich ihn an und stand auf. »Spucken Sie das Gras aus, Sie Vollidiot!«
    Seine Augen vergrößerten sich schreckhaft, dann spuckte er das Gras gehorsam aus.
    »Oh, das hatte ich ganz vergessen«, murmelte er betroffen. »Es ist meine erste Expedition, müssen Sie wissen …«
    »Es kann leicht auch Ihre letzte sein«, unterbrach ich ihn

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