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Hi, Society

Hi, Society

Titel: Hi, Society Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolin Park
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bekommt, was er verdient. Und diese Leute verdienten es. Sie dachten, dass sie sie einschüchtern, ihr Angst machen konnten. Doch Angst hatten bloß diejenigen, die an Dingen hingen. An Karrieren, an Menschen, am Leben. Nein, sie hing an nichts und sie hatte keine Angst. Sie musste reden, wenn sie ihre Widersacher zum Schweigen bringen wollte.
    Gelangweilt strich sie eine dunkle Strähne aus ihrem Gesicht. Sie mochte ihr Haar nicht sonderlich. Genau genommen mochte sie gar nichts an sich. Sie war selbst ihr größter Feind, ihr erbittertster Kritiker. Niemand behandelte sie so schlecht, wie sie selbst sich behandelte, und sie hatte bloß einen Wunsch, in diese Rolle zu schlüpfen, die schon lange keine mehr war, und das zu tun, was sie am besten konnte: sich dem Leiden mit Haut und Haar hinzugeben. Das war es, was sie antrieb. Darüber hinaus fühlte sie nichts, außer einer tief begründeten Ablehnung. Ablehnung gegen ihren Erfolg, diese obszöne Hollywoodparty, die ihr zu Ehren gegeben wurde, dieses Haus mit all den Kunstwerken, den Marmor, den Lichtinstallationen und all den Stars und Sternchen, die sich nebenan cocktailschlürfend in ihrer künstlichen Glitzerwelt amüsierten, während unten am Walk of Fame die gescheiterten Schauspielexistenzen im Drogenrausch herumlungerten.
    Da hätte sie viel eher hingehört. Nicht hierher.
    Sie fühlte sich elendig, schmutzig, verraten – hilflos! Ein Lost Angel in Los Angeles.
    Sie versuchte die aufsteigende Panik im Zaum zu halten und sich stattdessen auf das Auftragen ihres Rouge-Dior-Lippenstiftes zu konzentrieren. Doch es war vergeblich. Ihre Hände zitterten wie Espenlaub. Sie legte den kleinen glänzenden Stift am Waschbecken ab und öffnete den Verschluss ihrer schwarz geflochtenen Seiden-Clutch. Es war ein kleines Messer, das sie flink hervorzog. Eine kurze Zeit lang betrachtete sie es vor sich, ehe sie scheinbar wie im Trance ihr enges nachtblaues Armani-Kleid nach oben schob und die Trapezklinge des Messers an die Innenseite ihres Schenkels führte. Sie war eben im Begriff anzusetzen, als es klopfte.
    »Marie, are you coming?«, ließ sie eine dunkle Männerstimme erschrocken zusammensinken.
    Es war Alexander.
    Sie musste aufmachen.
    »With many thanks from Katharina. I hope she will not just wear Number 5 like Marilyn«, zwinkerte er ihr fröhlich zu und streckte ihr den kleinen Parfumflakon entgegen, als sie die Tür zum Badezimmer einen Spalt geöffnet hatte. Aus dem Wohnzimmer drangen heiße R&B-Rhythmen, vermischt mit Gemurmel. Seine blauen Augen strahlten sie an und sie rang sich ein Lächeln ab. »I’m with you in a minute«, versicherte sie und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Als sie die Tür verschlossen hatte, stürzte sie auf das Messer zu, drückte die Titanklinge fest gegen ihre Fingerkuppe und ein Tropfen Blut sprang hervor. Bloß ein Schnitt, ein winziger Ritz, dachte sie, dann würde sie sich besser fühlen.
    Eine ganze Weile saß sie da und betrachtete ihr Antlitz im Spiegel.
    Sie selbst mochte es vielleicht nicht wert sein, aber Alexander, er war es. Alles, was sie selbst in sich nicht sehen konnte, er konnte es und seine Augen machten es auch für sie sichtbar. Er war die Chance ihres Lebens.
    Nein, er war vielmehr ihre Chance auf Leben. Und das war die einzig wirkliche Premiere ihres Lebens.
    Sie richtete sich auf und ließ das Messer in ihrer Tasche verschwinden. Dann streifte sie ihr dunkles Haar glatt, tupfte etwas Gloss auf ihre vollen Lippen und öffnete den durchsichtigen Glas-Flakon. Der Hauch eines Lächelns huschte über ihr Gesicht, als sich das opulente Blumenbouquet von Jasmin, Maiglöckchen und Rose entfaltete. Es war Coco Chanel, die No. 5 einst nach der Glückszahl ihrer großen Liebe Boy Chapel benannt hatte. Es bestand durchaus Hoffnung, dass die Fünf auch ihre Glückszahl werden könnte.
     
    *
     
    »Sie Glückspilz! Sie sind die weibliche Nebenrolle?«
    Eine seltsame Begeisterung klang in seiner Stimme. Katharina Thor überlegte, was sie ihm antworten sollte. Schließlich war er einer der Produzenten. Wenn sie sich gut genug verkaufen würde, vielleicht wäre in einem der nächsten Filme wieder eine Rolle für sie drin.
    Offensichtlich gefiel sie ihm. Es war etwas Dreistes, geradezu Anzügliches in seinem Lächeln. Vielleicht könnte dieser Umstand ihrer Karriere von Nutzen sein?
    Sie antwortete nicht. Stattdessen lächelte sie milde, nahm einen Schluck von ihrem Martini und blickte hinab auf die funkelnden

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