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Hibiskusblüten

Hibiskusblüten

Titel: Hibiskusblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Wirklichkeit aber hörte ich dauernd ihre Stimme: „Warum tut ihr denn gar nichts?“ Ich konnte mich nicht auf die Geschichte konzentrieren, sondern wartete nur darauf, daß mein Telefon klingeln würde. Die Situation vorgestern nacht vor Dinahs Haus, als jemand auf mich schoß, war ein Vergnügen im Vergleich zu der Lage, in der ich mich jetzt befand. Die Untätigkeit fraß meine Nerven auf und machte mich unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Plötzlich schrillte das Telefon. Es dröhnte mir wie ein Fanfarenstoß im Hirn. Ich schnellte auf und riß den Hörer hoch.
    „Stretcher!“ brüllte ich.
    Aus der Feme kam ein etwas schrilles, hohes Stimmchen.
    „Hallo! Allan? Sind Sie da?“
    Ich mußte den Hörer mit beiden Händen festhalten, so fing ich an zu zittern! Es war Eve!
    „Ja, Eve! Hier ist Allan. Wo bist du denn, Eve?“
    „Weiß nicht, wie das heißt“, sagte sie, „aber es ist sehr lustig hier. Hier ist nämlich gerade ein Jahrmarkt, und ich hatte noch ein bißchen Geld. Da hab’ ich gedacht, ich ruf Sie mal an, weil das die einzige Nummer ist, die ich auswendig weiß. Freuen Sie sich, Allan?“
    „Und wie! Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie über einen Anruf so gefreut, wie über deinen. Aber sag’ mal, Eve — wo bist du denn? Du mußt doch wissen, wo du bist?“
    „Nein“, sagte sie, „ich weiß nicht genau wie der Ort heißt. Wir sind heute morgen hergefahren, weil Jahrmarkt ist. Ich bin schon dreimal mit Johnsons Auto-Scooter gefahren. Es war herrlich, Allan, ich hab’ ganz allein gelenkt, und weil ich gerade noch ein bißchen Geld hatte und hier nebenan die Postoffice ist, dachte ich, ich rufe Sie mal ganz rasch an. Freuen Sie sich wirklich?“
    „Eve“, sagte ich, „ich freu’ mich wirklich, und ich hab’ einen kleinen Hund für dich, und jetzt frag’ doch mal den Mann von der Post, wie der Ort heißt, wo du bist.“
    Mir stiegen langsam die Haare immer mehr zu Berg. Sie ahnte nichts!
    „Ja, gleich“, sagte sie harmlos, „stellen Sie sich vor, Allan, ich habe auch rudern dürfen. Wir wohnen doch direkt am See, und Onkel Bobby hat ein eigenes Ruderboot. Ich hab’ ganz allein rudern dürfen,“
    „Wo wohnst du denn, Eve? Nicht da, wo der Jahrmarkt ist?“
    „Nein. Wohnen tu ich in...“
    Knacks machte es in der Leitung! Ich rief noch eine Weile sinnlos ihren Namen. Dann verlangte ich das Fernamt, aber ehe noch die Verbindung kam, rief ich Marting an. Ich sagte ihm, was geschehen war und bat ihn, er solle Muriel mit einem Polizeiwagen und Sirene auf schnellstem Wege hierherbringen. Es mußte jemand am Telefon bleiben, falls Eve nochmals anrufen sollte; vorher konnte ich mein Büro nicht verlassen.
    Er versprach es mir, und dann versuchte ich wieder, über das Fernamt zu erfahren, woher der Anruf gekommen sei. Aber sie sagten, es sei unmöglich, das nachträglich festzustellen.
    Ich rief Marting nochmals an und sagte ihm, wir müßten einen Ort suchen, in dem ein Jahrmarkt stattfände, und wo Johnsons Auto-Scooter aufgestellt sei. Der Ort müsse irgendwo in der Nähe eines Sees liegen, da Eve an einem See wohne.
    „Fertig?“ hörte ich Marting trocken fragen.
    „Ja.“
    „Na schön, dann halten Sie mich nicht dauernd auf. Das ist doch alles schon längst im Gang. Ich arbeite schon wie ein Schwein.“
    Ich blieb an meinem Schreibtisch sitzen und starrte das Telefon an. Ich glaube, ich habe gebetet, daß Eve noch mal anrufen möge.
    Eine Dreiviertelstunde später läutete mein Telefon!
    Ich spürte, daß meine Handfläche feucht war, als ich den Hörer abnahm und mich meldete.
    „Hallo, Allan“, sagte Muriel, „wir fahren jetzt weg. Ich wollte dir das nur sagen, damit du Bescheid weißt.“
    „Ist gut, Muriel, vielen Dank.“
    Ich freute mich über ihren Anruf, und ich war enttäuscht, daß es nicht Eve war. Eve lebte, und es ging ihr anscheinend nicht schlecht! Nun hatte ich die Bestätigung dafür, daß das, was ich gestern abend zu Marting gesagt hatte, wenigstens zum Teil stimmen mußte: Eve war sich der Gefahr, in der sie schwebte, gar nicht bewußt. Die Person, die sie fortgebracht hatte, mußte ihr gut bekannt sein und ihr Vertrauen haben.
    Ich grübelte und grübelte, und schließlich rief ich Doktor Howard an.
    Er meldete sich selbst.
    „Hallo, Doktor“, sagte ich, „ich wollte nur sehen, ob Sie da sind. Es kann sein, daß ich Sie heute noch brauche.“
    „Ja“, sagte er, „heute vormittag habe ich ja Sprechstunde, und für heute nachmittag

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