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Hibiskusblüten

Hibiskusblüten

Titel: Hibiskusblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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auf eine Runde.“
    Er legte seine Mütze weg, krempelte sich die Ärmel hoch, und dann schoben wir zusammen den Tisch auf die Seite.
    „So“, sagte ich, „und du, Opa“, wandte ich mich an den alten Polizisten, „du paßt auf, ob alles richtig ist. Auf drei geht’s los. Fang’ an.“
    „Eins — zwei — drei“, zählte er.
    Den Bruchteil einer Sekunde später hatte ich schon einen Schlag im Magen, daß mir das Wasser im Mund zusammenlief. Er kämpfte ausgezeichnet, der junge Kerl, und ich mußte leider mehr einstecken, als ich dachte, aber ich konnte ihm auch ein paar verpassen, die nicht von schlechten Eltern waren. Schließlich aber fiel er doch auf eine meiner Finten herein: ich hatte eine Linke markiert, und er hatte sekundenlang seine Deckung aufgegeben, um meine vermeintliche Linke zu stoppen. In diesem Augenblick kam meine Rechte glatt durch. Er ging bis weit über neun zu Boden.
    „So“, sagte ich, während ich ihm wieder auf die Beine half, „das war eine Lektion über Verbrechervisagen. Und jetzt könnte ich ein ordentliches Frühstück vertragen.“
    „Puh!“ machte er und betastete seine Oberlippe, die langsam immer dicker wurde. Dann nahm er seine Mütze wieder vom Tisch und fing an, sie zu drehen. Er sagte: „Wenn Sie — wenn Sie nichts dagegen haben, Sir — wir könnten zu Hause bei mir frühstücken. Meine Frau...“
    „Nichts dagegen,“ sagte ich, „gehen wir.“
    Er fuhr mich zu seiner Wohnung. Er hatte drei Zimmer und einen Balkon. Seine Frau war ein kleines, blondes Pummelchen, das mich mit großen Blauaugen anstarrte.
    „Nelly“, sagte der Junge mit etwas undeutlicher Ausspräche, weil seine Lippe ganz schön dick geworden war, „das ist Mister Stretcher. Mach uns ein ordentliches Frühstück.“
    Wir setzten uns auf den Balkon. Die Sonne war aufgegangen, und eine Drossel sang ihr Morgenlied auf dem Giebel des Nachbarhauses. Noch kamen die Sonnenstrahlen nur schwach durch den Dunst, der im Tale lag.
    „Schießen Sie los, Sheriff — wie war das heute nacht?“
    „Ja, also —“, fing er zögernd an, „ich war nach Hause gegangen, und dann kam Warner gerannt und erzählte mir, daß ein furchtbarer Wirbel von Los Angeles losgegangen sei Colonel Marting wollte, daß ich ihn sofort anriefe. Ich tat das natürlich, und ich kann Ihnen versichern, er hat mir den Kopf gehörig gewaschen. Ich wollte Sie sofort ‘rauslassen und hinauffahren, aber Colonel Marting sagte, es sei besser, Sie blieben bis morgens hier.“
    Seine Frau deckte nun den Frühstückstisch und stellte alles drauf, was zu einem opulenten Frühstück gehört: Speck, Eier, Marmelade, Weißbrot, Butter und Honig. Sie waren beide sehr betrübt, daß ich nur Kaffee trank.
    „Sie sagten doch“, meinte der Sheriff, „Sie hätten Lust auf ein ordentliches Frühstück.“
    „Bei mir sind drei Tassen Kaffee das ordentlichste Frühstück der Welt. Aber lassen Sie sich nicht stören, ich habe Zeit.“
    Als er fertig war, sagte ich: „So, Sheriff, und nun fahren Sie mich bitte zu den Bungalows hinauf. Ich möchte Miß Muriel Delano guten Morgen sagen und meinen Wagen abholen.“
    Er sprang sofort auf.
    „Jawohl, Sir.“
    Ich bedankte mich bei seiner Frau für die Gastfreundschaft, und während wir die sandige Straße hinauffuhren, kämpfte sich die Sonne durch den Dunst. Ein Volk Rebhühner rannte vor uns über den Weg, und zwei große Raubvögel kreisten über dem Tal.
    „Und nun zu unserer Wette“, sagte ich. „Geben Sie zu, daß Sie sie verloren haben?“
    „Natürlich, Mister Stretcher.“
    „Sie müssen lernen, vorsichtiger zu wetten, vor allen Dingen aber niemals eine Blankowette einzugehen.“
    „Jawohl“, sagte er kleinlaut. „Sie haben recht, Sir. Was soll ich tun?“
    „Urlaub nehmen.“
    „Urlaub nehmen? Ja — aber...“
    „Pscht! Kein Aber! Sie haben Ihre Wette verloren, Sheriff. Sie werden Urlaub nehmen, ein paar Tage genügen, vielleicht sogar genügt einer oder zwei, und Sie werden Ihren Urlaub hier oben verbringen. Sie werden Miß Delano keine Sekunde aus den Augen lassen.“
    Er strahlte über sein ganzes Gesicht.
    „Ist das alles, Sir?“
    „Es ist eine ganze Menge, mein Lieber“, belehrte ich ihn, „ich weiß nicht, ob ihr eine unmittelbare Gefahr droht, aber ich halte es für möglich. Der Mörder weiß schon, daß ich hinter ihm her bin, mindestens aber wird er es heute im Laufe des Tages erfahren. Er könnte versuchen, mich auf eine krumme Tour lahmzulegen, das heißt,

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