Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hibiskussommer

Titel: Hibiskussommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël , Tanja Ohlsen
Vom Netzwerk:
Sommer wahrscheinlich nicht hier sein kann, weil es sein letztes Schuljahr ist und er danach für mindestens ein Jahr zum Militärdienst muss.
    Genau das hat er gesagt: MUSS .
    Also nichts von wegen frei entscheiden oder so.
    Anscheinend kann er lediglich frei entscheiden, WANN er das macht. Er kann es zum Beispiel gleich nach der Schule tun, oder nach dem College oder es sogar aufschieben, bis er vierzig ist. Aber letztendlich MUSS er es tun. Keine Ausnahme. Scheint mir ziemlich bescheuert zu sein, aber ihn schien es nicht allzu sehr zu stören.
    Und einmal, als wir in einer Nische gesessen und eine Pause gemacht haben, haben sie ein griechisches Volkslied gespielt. Plötzlich ist wie aus dem Nichts (zumindest kam es mir so vor) eines der Mädchen von der Party am 4. Juli aufgetaucht, hat mich kurz scharf und nicht wirklich freundlich angesehen und dann Yannis etwas auf Griechisch gefragt, was wohl eine Aufforderung zum Tanz sein musste.
    Im Ernst! Direkt vor meiner Nase! Aber auch wenn das ziemlich merkwürdig war, wenn man bedenkt, dass wir uns offensichtlich beide amüsiert haben und nicht nach einer Ablenkung gesucht haben, konnte ich schlecht etwas sagen, denn schließlich sind wir ja kein Paar oder so.
    Ich habe zwischen ihnen hin und her gesehen und mich gefragt, was Yannis wohl tun würde, und mein Herz hat ziemlich heftig geschlagen, als er nur gelächelt und den Kopf geschüttelt hat und sitzen geblieben ist.
    Dann hat sie mich mit ihren kohlschwarz umrandeten Augen böse angesehen wie im Film, hat das lange schwarze Haar zurückgeworfen und ist durch den Saal abmarschiert, ganz auf die andere Seite, wo ihre Freundin von der Grillparty am 4. Juli, die mit der stümperhaft aufgetragenen Tönung, die ihrem Haar ein unvorteilhaftes Orange verpasst hat, mich ebenfalls mit Blicken durchbohrt hat.
    Ich habe Yannis angesehen und gefragt: »Äh, wer war denn das? Noch eine Cousine?«
    Er hat gelacht – aber diesmal eher nervös als wirklich belustigt. Der Augenblick war allerdings so angespannt und peinlich, dass ich wirklich nicht wusste, was ich tun sollte.
    Aber er hat nur den Kopf geschüttelt und die Achseln gezuckt. Und dann hat er uns noch zwei Cola geholt, und als er wiedergekommen ist, haben wir von etwas anderem gesprochen und ich habe das Ganze fast vergessen, bis jetzt gerade.
    Als der Klub zumachte und es Zeit wurde, zu gehen, bin ich wieder auf seinen Roller gestiegen, habe die Arme um seine Taille gelegt, mein Gesicht an seinen Nacken geschmiegt und die Augen vor der vorbeiziehenden Landschaft, dem Vollmond und der kühlen Luft verschlossen – habe mich ganz in der Wärme seines Körpers verloren und in seinem Wohlgeruch, den er völlig ohne Parfum oder Aftershave oder sonstige irgendwie künstliche Hilfsmittel zustande bringt.
    Aber als wir zu Hause ankamen, kam ich mir auf einmal so komisch vor, so verlegen, nervös und seltsam, dass ich einfach abgesprungen und zur Tür gerannt bin. Und gerade als mir auffiel, dass ich weder Danke noch auch nur Gute Nacht gesagt hatte, rief er: »He, du hast etwas vergessen!«
    Ich sah an mir herunter und machte eine kurze Bestandsaufnahme meiner Shorts, meines Tops, meiner Flip-Flops, die alle noch an Ort und Stelle saßen, und fragte mich, was er wohl meinte. Aber als ich wieder aufsah, winkte er mir, näher zu kommen, und ich wusste, dass das nur ein Vorwand war, irgendein alberner Anmachtrick.
    Doch stattdessen griff er nur in die Hosentasche und holte das silberne Tiffany-Armband hervor, das ich beim Tanzen verloren hatte und das ich vollkommen vergessen hatte, bis es mir direkt vor der Nase baumelte.
    Also streckte ich den Arm aus und hielt den Atem an, während seine Finger die blauen Adern an meinem Handgelenk streiften, spürte, wie sich die Spange schloss, und mir wurde so schwindelig, dass mir der Atem stockte und ich fürchtete, ohnmächtig zu werden.
    Als ich ihn wieder ansah, wusste ich, dass er mich küssen wollte. Und ich schloss schon die Augen und neigte mich vor, doch er lächelte nur, murmelte etwas auf Griechisch, das ich überhaupt nicht verstand, startete den Roller und fuhr fort.
    Sobald er weg war, lief ich zur Tür und wiederholte die Worte immer wieder, damit Tally oder Tassos sie mir übersetzen konnten. Doch als ich hineinkam, schliefen sie schon, und bis ich in meinem Zimmer war und dieses Tagebuch aufgeschlagen hatte, hatte ich sie vergessen.
    10. Juli
    Liebe Tally, lieber Tassos,
    ich muss UNBEDINGT Griechisch lernen. Sofort!

Weitere Kostenlose Bücher