Hibiskussommer
noch nie jemand etwas gehört hat. Aber als mich Amanda so angesehen hat, mit zusammengekniffenen Lippen und hochgezogenen Augenbrauen, war mir klar, dass ich es zumindest versuchen musste. »Es ist eine Insel und da soll es angeblich sehr schön sein«, begann ich also, erstaunt, mich selbst dabei zu ertappen, wie ich den Ort in Schutz nahm. Aber bei Amanda kam ich mir immer so vor, als müsse ich mich für meine eigene Existenz rechtfertigen.
Aber sie griff nur nach ihrem Telefon und klappte es auf. Ich dachte schon, sie wolle mich loswerden, als sie ihr Telefonbuch durchsuchte, aber dann sagte sie: »Levi geht auch nach Griechenland. Wir rufen ihn an!«
LEVI BONHAM ! Der supercoole Typ, hinter dem ich schon her bin, seit er in unsere Stadt gezogen ist, als ich noch ein kleines Sechstklässlermädchen war und er schon ein total angesagter Zwölfjähriger, und der außerdem der zweite Grund dafür ist, warum ich unbedingt in Kontakt bleiben muss.
Im Ernst, Levi ist der tollste Junge, den ich je gesehen habe (na gut, vielleicht abgesehen von Zeitschriften, im Fernsehen und/oder in Filmen), aber er ist schon so toll, dass es fast unglaublich ist. Er ist so etwas wie das männliche Gegenstück zu Amanda. Und zu meinem Glück mag Amanda ihn nicht SO, denn dann hätte ich überhaupt keine Chance. Aber aus irgendeinem Grund steht sie mehr auf seinen weniger gut aussehenden, wenn auch ganz netten Freund Casey Sayers. Sie musste nur anrufen und wie von Geisterhand tauchten die beiden fünf Minuten später auf.
Es ist nicht so, als hätte ich nicht schon mal mit Levi Bonham abgehangen, denn seit ich mit Amanda herumziehe, habe ich Zugang zu einer Menge von Dingen, von denen ich früher nur geträumt hatte. Aber wir haben kaum mehr als ein paar Worte miteinander gesprochen – oder in seinem Fall gemurmelt.
Ja genau, ich halte Levi Bonham zwar für ziemlich perfekt, aber selbst ich muss zugeben, dass er einen kleinen Fehler hat – er redet nicht gerade viel, er murmelt eher. Andererseits, wenn man so toll aussieht, muss man nicht auch noch über große Konversationsfähigkeiten verfügen.
Da ich allerdings überhaupt nicht toll aussehe, sondern eher ziemlich durchschnittlich (na ja, vielleicht ein ganz klein wenig besser als Durchschnitt, denn ich bin mehr oder weniger schlank, meine Haut ist mehr oder weniger rein, meine Haare sind einfach braun und normal und in meinem Gesicht gibt es nichts, was oberpositiv oder obernegativ hervorsticht – und damit bin ich so ziemlich das Gegenteil der blonden, braun gebrannten, blauäugigen Amanda), muss ich meine eigenen Konversationsfähigkeiten gut in Schuss halten.
Denn bei mir reicht es nicht, einfach nur aufzutauchen und herumzustehen. Als wir also die letzten Male unterwegs gewesen sind, musste ich Überstunden machen, um ihn wenigstens zum Lachen zu bringen, was völlig unmöglich war, bis ich gestolpert und in den Couchtisch gekracht bin, woraufhin er sich volle fünf Minuten lang vor Lachen nicht mehr eingekriegt hat. Die restliche Zeit habe ich ihm lediglich einen Haufen Fragen über seine Lieblingssportarten, Lieblingsautos und andere Sachen gestellt, die offensichtlich sein Ding sind, die mich aber nicht wirklich interessieren.
Dennoch habe ich für meine Bemühungen kaum mehr als ein gelegentliches Murmeln oder ein oder zwei Grunzer erhalten.
Bis letzten Freitag, denn da
HABE ICH MIT LEVI BONHAM GESCHLAFEN !
Gerade noch hatten wir verlegen nebeneinander auf dem Sofa gesessen und so getan, als wollten wir fernsehen, während Amanda und Casey oben in ihrem Zimmer mit wer weiß was beschäftigt waren, und dann hing LEVI BONHAM PRAKTISCH AUF MIR DRAUF !
Er hat sich nicht einfach auf mich gestürzt oder so. Es war wesentlich romantischer und eigentlich recht nett, denn er tat so, als wolle er nach seinem Glas greifen, aber dann ist er irgendwie geradewegs auf meinem Mund gelandet.
Und auch wenn es anfangs ein wenig seltsam war, herauszufinden, was wir mit unseren Lippen und Zungen anfangen sollten, habe ich mich doch sehr schnell an seine Art zu küssen gewöhnt, und als Nächstes habe ich auf die Uhr gesehen und festgestellt, dass ich schon vor etwa zwei Stunden hätte zu Hause sein sollen.
Na ja, das stimmt nicht so ganz.
Denn eigentlich habe ich mir fast die ganze Zeit Sorgen wegen des Zuspätkommens gemacht. Obwohl es eine total tolle Erfahrung war, Levi zu küssen, als ob ein Traum wahr würde, musste ich mir doch die ganze Zeit Sorgen um meine Eltern
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