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Hidden Moon

Hidden Moon

Titel: Hidden Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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eingeklemmt zwischen Oysters Wohnhaus und dem Anbau der Sargtischlerei. Das Schild, ERSTKLASSIGE BESTATTUNGEN - TAG UND NACHT ERREICHBAR, war unbeleuchtet.
    Durch die Garage betrat Oyster zunächst den Anbau und nahm eines der schmucklosen Urnengefäße aus der Verkaufsvitrine. Damit bestieg er seinen dunkelgrauen Pick-up, an dem ebenfalls Hinweise auf seine Profession prangten, und drehte den Schlüssel, der im Zündschloß steckte. Nach ein paar Fehlversuchen und asthmatischem Wummern des Anlassers kam der Diesel endlich stotternd in Gang. Der Tote am Steuer legte den Rückwärtsgang ein und lenkte den Wagen, ohne den Kopf zu drehen oder in einen der Spiegel zu schauen, nach draußen.
    Der Druck aufs Gaspedal und jeder Handgriff waren Hunderte Male einstudiert. Gegenverkehr erwartete Oyster um diese Zeit noch nicht. Osceolas Bürger schliefen gern etwas länger hinter gut verschlossenen Türen und Fenstern - und wer es nicht tat, war selber schuld.
    Oyster fuhr ohne Scheinwerferlicht. Die Wischerblätter schabten wie die morschen Finger eines Skeletts über die Windschutzscheibe. Nach kurzer Fahrt hatte er sein Ziel erreicht.
    God's Garden war ein stilvolles Anwesen am Rande der Stadt. Ortsfremde hätten den Besitzer womöglich als erzkonservativ eingeschätzt, aber Trevor Oysters Kenntnisse waren intim genug, um es besser zu wissen. Hier wurden Orgien abseits des kleinbürgerlichen Vorstellungsvermögens gefeiert. Feste, nach deren Ausklang das Telefon im Hause des Bestatters mit steter Regelmäßigkeit zu läuten begann.
    (Möchtest du dir ein feines Trinkgeld verdienen, Trevor?)
    Oyster fuhr mit dem Pick-up bis dicht vor die steinernen Stufen der Eingangstreppe. Rechts und links säumten nackte, geschlechtslose Statuen aus alabasterfarbenem Marmor den Aufgang. Ihre Züge erinnerten an blutjunge Männer, waren sehr maskulin - dennoch gab es keine wirklich verläßlichen Merkmale.
    Oyster erinnerte sich an seine Empfindungen, als er die stummen Wächter zum ersten Mal - damals noch am Leben und am Leben hängend - zu Gesicht bekommen hatte; bei seinem allerersten Auftrag. Sie hatten ihn zutiefst beunruhigt. Ihre steinernen Blicke hatten auf den Grund seines damals noch schlagenden Herzens geblickt und zutage gefördert, was Oyster vor dieser Stunde nicht einmal sich selbst gegenüber eingestanden hatte - geschweige denn seiner Umwelt: Dunkle Triebe und perfides Verlangen, in seiner abartigen Exzentrik nicht einmal unähnlich dem, was der Herr dieses Hauses in unerreichbarer Perfektion zelebrierte .
    Das Gebäude ruhte wie ein kalter, stiller Klotz in der Nacht. Seine Fenster waren dunkel, finster wie die darin wohnenden Seelen.
    Oyster klopfte mit der Faust gegen die Türfüllung des Portals. Das entstehende Geräusch war lächerlich gering, als würde das Holz alles schlucken. Doch dann schwang einer der Torflügel auf, und eine sphärische, aus der Luft kommende Stimme bat Oyster herein.
    Niemand wartete hinter der Schwelle. Oyster trat in eine leere Halle.
    »Sie liegt im Roten Salon .«
    Die Wände waren kahl, der Boden abgetreten. Überall herrschte peinliche Sauberkeit - aber sie verstärkte nur die Trostlosigkeit.
    Bei seinem jungfräulichen ersten Besuch hatte Oyster die Pracht der Einrichtung auch gesehen, wie sie die Partygäste noch heute erlebten. All den Prunk, auf den der Herr des Hauses für sich selbst verzichtete und den er nur seinen geladenen Gästen vorgaukelte.
    Oysters Sinne waren dafür nicht mehr empfänglich. Er durchschritt die leeren Korridore, bis er die Tür des Salons erreichte, hinter der .
    »Wie lange dienst du mir eigentlich schon, Trevor?«
    Oyster blieb stehen. Er blickte auf seine Hand, die den Türknauf umklammert hatte. Im ersten Moment sah es aus, als würde der Knauf sich verändern ... aber es war seine Hand, die wuchernd entartete .!
    Ohne Panik, aber zutiefst verwirrt sagte Oyster: »Fast auf den Tag zehn Jahre.« Erst als er die Frage beantwortet hatte, brach es aus ihm hervor: »Was .? - Ich .«
    »Du riechst«, sagte der sanfte Schwall von Tönen, der von überall zugleich auf ihn einzustürzen schien. »Du bist auffällig geworden in den Jahren, Trevor, wie schade. Aber was sage ich? Du weißt selbst, wie weh dir die Sonne tut. Wie schlimm die Schmerzen sind, wenn du am Tag von jemandem gerufen wirst. Sie beginnen sich zu wundern, die braven Leute dieser Stadt. Wie oft haben Sie dir in den letzten Monaten gesagt, daß du krank aussiehst, Trevor? Ungesund. Sie

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