Hidden Moon
LAKE SUPERIOR hinter ihnen schloß, begannen sie wirklich miteinander zu reden. Lilith überlegte, wie sie Hidden Moon klarmachen konnte, warum sie ihre eigene Grenze überschritten hatte.
»Ich jage Vampire nicht uneigennützig«, setzte sie an. »Ich weiß nicht, was Nona dir über mich erzählte .« »Ist das wichtig?«
Sie saßen auf dem Rand ihres Bettes, und das bereits getrocknete Blut auf seinem Körper störte die Nähe nicht, die sich sofort wieder zwischen ihnen einstellte. Hidden Moon schlang die Arme um ihre Taille, als müßte er ihr Halt geben. »Eben glaubte ich es noch.« »Nona war nie wichtig.«
»Ihr wart euch verdammt nah, als ihr mich in Bangor zur Rede gestellt habt .« »Räumlich - vielleicht.« »Und sonst?« »Sonst?«
»Hast du mit ihr geschlafen?«
Hidden Moons Gesicht blieb unbewegt. »Ja.«
»Warum?«
»Ich müßte weit ausholen, um dir das zu erklären.«
Sie hob die Brauen. »Nona ist sehr anziehend. Es reicht, wenn du zugibst, daß du sie begehrt hast - als Frau.«
»So hätte es sein können. Aber das war nicht der vorrangige Grund, weshalb ich es wollte.«
»Was dann?«
Er zögerte.
»Sie hat mich vor langer Zeit gedemütigt«, sagte er dann. »Im Grunde war sie es, die mich zum Vampir verkommen ließ - gegen meinen Willen. Ich war bereits vor Makootemane und Landru geflohen. Aber Nona suchte und fand mich. Sie schleppte mich zurück zu denen, die bereits getauft waren. Und dann ertrank auch ich im Blut meines Vaters, das mir aus dem Kelch eingeflößt wurde . Seit damals habe ich darauf gewartet, die Rechnung zu begleichen.«
Lilith suchte mehr Wahrheit, als die wenigen Worte ihr boten. »Du hast mir noch immer nicht gesagt, wie es weiterging, als du und Nona mich in Bangor zurückgelassen habt. Nona war voller Haß. Sie hat mir nicht geglaubt, daß ich die Seuche, die alle Sippenoberhäupter und auch ihren Geliebten Landru befallen hat, nicht zurücknehmen kann - weil ich sie nie in Gang gesetzt habe.«
»Nein, das hat sie nicht geglaubt. Sie wäre sicher gern noch einmal zu dir zurückgekehrt, und dieses Mal allein. Aber .«
»Aber?«
»Ich habe dir geglaubt. Deshalb konnte ich es nicht gestatten.«
Lilith schüttelte den Anflug von Mißtrauen ab. »Was hast du getan, um sicher zu sein, daß sie nicht zu mir zurückkehren kann? Hast du sie ...?«
»Getötet?« Hidden Moon machte eine verneinende Geste mit beiden Händen.
Vielleicht weiß er, was Kopfschütteln bedeutet, dachte Lilith abstrakt. Aber wäre es nicht schön, wenn er es nie angenommen hätte? Wenn er sich seine eigene Gestik in all der Zeit bewahrt hätte ...?
Sie hätte nicht zu sagen vermocht, was ihr daran so wertvoll er-schien.
»Um sie zu töten, hätte ich wenigstens einen Grund haben müssen ...« Er stockte, und Lilith glaubte zu erkennen, daß er sich selbst bei einer Unwahrheit ertappt hatte.
»Was ist?«
Er wich aus. »Ich ließ Nona ziehen und riet ihr, sich an meine Warnung zu halten .« Er lächelte - bizarrer als Lilith einen Vampir je hatte lächeln sehen. »Du kannst riet auch durch drohte ersetzen. -Aber wie auch immer, sie hat es offenbar so verstanden, wie es gemeint war.«
»Bedauerlich, eigentlich .«
Ihr Kommentar verwirrte ihn nur einen kurzen Augenblick. Dann begriff er den Hintersinn. Natürlich wäre sie nicht wehrlos gewesen, in jenem Zimmer in Bangor - jedenfalls nicht nachdem Hidden Moon und Nona sie gefesselt auf einem Stuhl sich selbst überlassen hatten. Lilith hatte sich jederzeit in eine Fledermaus verwandeln und der Stricke entledigen können. Keine Waffe hatte sie mehr daran gehindert .
Hidden Moon streichelte mit einem Finger durch das Tal zwischen ihren Brüsten. Der Symbiont umschmiegte Lilith wie eine zweite Haut - auch ihre Rundungen. Dennoch war er durchlässig für Hid-den Moons Zärtlichkeit. Sie kam an.
»Du weißt nicht, wovor du mich bewahrt hast«, flüsterte sie, während sie seine Hand ergriff und drückte.
»Ich wunderte mich nur, daß du so wenig wählerisch bist«, erwiderte er, und es fiel ihr schwer zu erkennen, ob dies Ironie oder seine ehrliche Meinung war.
»Du weißt längst nicht alles über mich - so wenig wie ich von dir«, sagte sie. »Ich schätze, auch Nona konnte nicht wissen, daß sich mein Geschmack in Sachen fremder Leute Blut ... nun, geändert hat.«
»Was meinst du damit?«
Sie forschte in seinen Augen. Augen wie die dunkle Seite des Mondes. Und plötzlich spürte sie, wie sehr sie ihn begehrte ...
... aber
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