Hide (German Edition)
und schloss die Vorhänge, woraufhin das Zimmer plötzlich im Halbdunkel lag. »So besser?«
Langsam öffnete ich die Augen. »Viel besser.«
Sam an meinem Bett zu sehen, reichte aus, um mir ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
»Was ist passiert?«, fragte ich. »Ist mein Bein gut verheilt?«
»Trink erst mal was.« Er hielt mir eine Flasche Wasser hin. Ich wollte gerade protestieren, doch er schüttelte schon mal provisorisch den Kopf, also nahm ich die Flasche und setzte sie an. Nur um dann den ganzen Inhalt in mich reinzukippen. Ich war durstiger, als ich gedacht hatte.
Danach half Sam mir dabei, mich aufrecht hinzusetzen. Ich betrachtete ihn, während er sich wieder auf dem Stuhl niederließ. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Bartstoppeln verbargen die Schnitte und blauen Flecken, die noch nicht ganz verheilt waren. Die Haare standen ab, als wäre er heute noch nicht duschen gewesen. Vielleicht selbst gestern nicht. Ein langer, tiefer Kratzer setzte seitlich an seinem Hals an und verschwand dann im Ausschnitt seines marineblauen Pullis.
»Wie geht es dir?«, fragte ich.
Er atmete hörbar aus. »Wie es mir geht? Ich bin doch nicht der, der angeschossen wurde.«
Ich schaute zu meinen Beinen und wackelte unter der Decke mit den Zehen. Das schien soweit problemlos zu funktionieren. Gott sei Dank. »Wie lange war ich bewusstlos?«
»Fünf Tage.«
»Fünf Tage?«, krächzte ich.
»Du hattest eine Infektion, aber die Ärzte haben sich darum gekümmert und jetzt ist alles in Ordnung.«
Ich legte den Kopf gegen den Kissenberg in meinem Rücken.
»Wie steht’s um Nick und Cas?«
»Gut. Die holen sich gerade was zu essen.«
»Mein Dad?«
Sam wurde still. Dieser alte, verschlossene und mir nur allzu bekannte Ausdruck kehrte auf sein Gesicht zurück.
»Sam.«
Er senkte den Blick zu Boden, faltete die Hände. »Sie haben sein Gedächtnis gelöscht, bevor wir ihn befreien konnten.«
Nach einem fünftägigen Koma direkt als Allererstes loszuheulen, schien mir irgendwie nicht gerade wie der beste Start in den Heilungsprozess. Außerdem taten mir die Rippen so extrem weh, dass ich dafür nicht mal Worte finden konnte. Weinen würde das nur noch viel schlimmer machen, weshalb ich mir so lange auf die Lippe biss, bis das Bedürfnis nachließ.
Dad , dachte ich, das tut mir so unendlich leid.
»Wo ist er?«, fragte ich nach einer Weile.
»An einem sicheren Ort.«
»Wo ist er, Sam?«
»In einem Pflegeheim für Senioren. Ihm scheint es da ganz gut zu gehen.«
»Ihr habt ihn in ein Heim gesteckt?«
Sam setzte sich auf, schaute mich traurig und bedauernd an. Er holte tief Luft, bevor er mit der Erklärung ansetzte. »Er hat Lungenkrebs.«
»Wie bitte? Aber …«
»Das hat er mir ganz nebenbei am Telefon erzählt, als ich ihn nach der Sache mit Greg angerufen habe.«
Er hatte auffallend schlecht ausgesehen, als ich ihm dort am Brunnen begegnet war. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm um ihn stand.
»Er ist da in guten Händen«, fuhr Sam fort. »Er hatte sich Geld für den Ruhestand zurückgelegt, er ist also wirklich auf allen Ebenen gut versorgt.«
Ich nickte. Nach allem, was er durchgestanden hatte, wirkte ein Pflegeheim für Senioren fast wie ein wohlverdienter Urlaub.
»Ich möchte ihn besuchen.«
»Kannst du ja. Bald. Erst mal musst du dich ausruhen. Mann, Anna, du musst erst mal wieder zu Kräften kommen. Wir haben uns um alles gekümmert.«
Wir verfielen in Schweigen. Die Maschinen hinter mir tuckerten und piepsten.
»Danke«, sagte ich irgendwann. »Dass ihr euch um meinen Dad gekümmert habt.«
Sam zuckte mit den Schultern. »Er hat sich ja auch um uns gekümmert, als wir da im Labor gesteckt haben.«
Das Wort ›Labor‹ löste einen weiteren Gedanken bei mir aus. Eine Frage, die ich sehr gern stellen, aber ungern vor Sam zugeben wollte, wie sehr mich die Antwort auch interessierte.
Unsere Blicke trafen sich, Besorgnis legte sich wie ein Schleier auf sein Gesicht. »Trev?«, fragte er leise.
»Was ist mit ihm passiert?«
Auf dem Flur schrie ein Baby, weshalb wir verstummten. Als es wieder still war, sagte Sam: »Er hat uns bei der Flucht geholfen. Und dann bei der Planung deiner Befreiungsaktion. Er war sogar dabei und hat uns unterstützt. Seither habe ich ihn nicht wiedergesehen, ich gehe aber davon aus, dass es ihm gut geht.«
»Da hat einer mit einem Gewehr auf dem Dach gestanden und uns die Reifen zerschossen. Das war Trev, oder?«
»Ja.«
»Wart ihr
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