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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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Baggerfahrer sprang von seinem Sitz. Alle waren sie kräftig und aggressiv. »He«, sagte Chad, »wir machen bloß einen Sonntagsausflug. Wusste nicht, dass hier sonntags gearbeitet wird. Dachte, so was gäbe es nur bei uns Ranchern. Schönen Tag noch«, und er trat das Gaspedal durch und brauste in einer Staubwolke davon, dass der Kies nur so gegen den Wagenboden prasselte.
    Berenice machte den Mund auf, um zu fragen, was das alles sollte, aber Chad fuhr sie an: »Halt die Klappe!« und raste in halsbrecherischem Tempo weiter, bis sie die asphaltierte Straße erreichten, wo er richtig Gas gab und dabei die ganze Zeit in den Rückspiegel sah. Sie wechselten kein Wort, bis sie bei Berenice zu Hause ankamen. Chad stieg aus und begutachtete den Truck von allen Seiten.
    »Chad, wie kannst du dich von diesen Leuten nur so ins Bockshorn jagen lassen?«, sagte Berenice.
    »Berenice«, antwortete er bedächtig, »vermutlich hast du nicht mitgekriegt, dass einer von ihnen eine 44er hatte, die er gerade aus dem Halfter zog. Es ist nicht besonders clever, sich am Arsch der Welt vor einem Graben mit fünf Bauarbeitern anzulegen. Der Verlierer landet im Graben, und der Typ im Bagger legt fünf Minuten Sonderschicht ein. Schau dir das hier an«, und er führte sie zum Heck des Trucks. In der Heckklappe war ein Einschussloch.
    »Das war die 44er von unserem Freund«, sagte er. »Ein Glück, dass die Straße so holperig war. Ich könnte jetzt tot sein, und du wärst vielleicht noch da draußen, und sie würden sich mit dir amüsieren.« Berenice schauderte es. »Wahrscheinlich«, sagte Chad, »haben sie uns für irgendwelche Umweltapostel gehalten. Deine Kamera. Lass sie nächstes Mal lieber zu Hause.«
    Von diesem Augenblick an kühlten Berenice’ Gefühle für Chad ab. Er kam ihr weniger männlich vor. Sie würde sich von niemandem vorschreiben lassen, was sie mit ihrer Kamera zu tun hatte.
     
    Am Montag suchte Berenice in der Küche nach der Eismaschine, die seit zwei Jahren nicht benutzt worden war. Mr. Mellowhorn war gerade aus Jackson zurückgekommen und hatte ein Rezept für Apfelkucheneis mitgebracht, mit dessen Umsetzung er die Heimbewohner umgehend beglücken musste. Als Berenice in dem dunklen Wandschrank kramte, kam Deb Slaver hereingerauscht, so dass die Schranktür gegen Berenice schlug.
    »Aua!«, sagte Berenice.
    »Geschieht dir recht«, sagte Deb giftig und stürmte wieder hinaus. Aus dem Flur ertönte ein Geräusch, als träte jemand gegen einen ausgestopften Hund.
    »Die ist ganz schön von der Rolle«, sagte die Köchin. »Duck ist am Leben geblieben. Aus der Traum von der Versicherungsmillion, aber schlimmer noch: Er ist für den Rest seines Lebens ein Pflegefall, muss von vorne bis hinten bedient und betütelt werden. Sie muss sich bis ans Ende ihrer Tage um ihn kümmern. Ich weiß nicht, ob sie weiter arbeiten geht und sich eine Tagespflegerin sucht oder was. Aber vielleicht lässt Mr. Mellowhorn ihn hier wohnen. Dann dürfen wir ihn alle bedienen und betüteln.«
     
    Es wurde Samstag, und aus reiner Gewohnheit - denn mit Chad hatte sie Schluss gemacht, und die Bledsoes und ihre Ranch interessierten sie nicht mehr - lungerte Berenice in der Nähe von Mr. Forkenbrocks Zimmer herum. Beth hatte ihm eine Portion Schokoladenpudding mitgebracht. Er sagte, der Pudding sei gut, aber Whiskey sei besser, und sie schenkte ihm das übliche Glas ein.
    »Gut«, sagte Beth. »Bei der Beerdigung bist du den anderen Forkenbrocks begegnet, aber die lebten damals nicht mehr in Dixon?«
    »Nein. Nein, nein«, sagte er. »Du hast nicht zugehört. Die bei der Beerdigung waren gar nicht die Forkenbrocks aus Dixon. Das waren die Forkenbrocks aus LaBarge. In Dixon gab es wieder andere. Als Mutter starb, mussten meine Schwestern und ich ihre Sachen durchsehen und uns alles zusammenreimen.«
    »Tut mir leid«, sagte Beth. »Das habe ich offenbar falsch verstanden.«
    »Sie hatte alle Todesanzeigen von Dad aufbewahrt, an die sie rangekommen war. Hat uns nie ein Wort davon gesagt. Es steckte alles in einem großen Umschlag, auf dem draufstand: ›Unsere Familie‹. Ich weiß bis heute nicht, ob sie das ironisch gemeint hat oder nicht. Das übliche Zeug, dass er in Nebraska geboren war, für Union Pacific und später für Ohio Oil und diese und jene Firma gearbeitet hat und dass er immer ein aufrechter Pfadfinder war. In einer Todesanzeige stand, er hätte Lottie Forkenbrock und sechs Kinder in Chadron, Nebraska, hinterlassen. Der Sohn

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