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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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hieß Ray. In einer anderen stand, die trauernde Familie in Dixon, Wyoming, bestünde aus Ehefrau Sarah-Louise und den zwei Söhnen Ray und Roger. Die Anzeige aus dem Käseblättchen von Casper lautete, er wäre ein angesehener Pfadfinder gewesen und hätte die Ehefrau Alice, die Söhne Ray und Roger und die Töchter Irene und Daisy hinterlassen. Das waren wir. In der letzten stand, seine Frau oben in LaBarge hieße Nancy, und die Kinder wären Daisy, Ray und Irene. Das macht vier Familien. Verstehst du? Er hat allen Kindern die gleichen Namen gegeben, damit er sich nicht vertun konnte und nicht auf einmal Fred statt Ray sagte.«
    Er war außer Atem, seine Stimme klang schrill und zitterte. »Was meine Mutter von dieser Überraschung hielt, die er ihr hinterlassen hat, habe ich nie erfahren, weil sie kein Wort darüber verloren hat«, sagte er.
    Er stürzte seinen Whiskey hinunter und hustete heftig, bis er keuchte, als müsste er sich übergeben. Er wischte sich Tränen aus den Augen. »Meine Schwestern haben sich die Augen aus dem Kopf geflennt, als sie diese Todesanzeigen lasen, und haben ihn verflucht, aber als sie wieder zu Hause waren, haben sie kein Wort gesagt«, sagte er. »Und die anderen, die in LaBarge und in Dixon und in Chadron und wer weiß wo noch, die haben auch alle den Mund gehalten. Und er war fein raus. Bis jetzt. Ich glaube, ich will noch einen Whiskey. Das viele Reden trocknet einem die Kehle aus«, sagte er und nahm sich die Whiskeyflasche.
    »Na ja«, sagte Beth in dem Versuch, das vorherige Missverständnis wettzumachen, »dafür haben wir jetzt eine Art erweiterte Familie. Ich finde es aufregend, plötzlich so viele Cousins und Cousinen zu haben.«
    »Beth, es sind keine Cousins und Cousinen. Denk doch mal nach«, sagte er. Er hatte gedacht, sie wäre clever. Das war sie nicht.
    »Ehrlich, ich finde es toll. Wir könnten uns alle zu Thanksgiving treffen. Oder am Nationalfeiertag.«
    Ray Forkenbrock ließ die Schultern hängen. Die Zeit pendelte aus wie ein Gummireifen am Ende eines Seils, immer langsamer, und kam zum Stillstand.
    »Grandpa«, sagte Beth freundlich, »du musst dich daran gewöhnen, deine Verwandten zu lieben.«
    Er schwieg. Dann sagte er: »Ich habe meinen Vater geliebt.«
    Und er wiederholte: »Den habe ich geliebt, sonst niemanden«, obwohl er wusste, dass es sinnlos war, dass sie nicht clever war und nichts von dem verstanden hatte, was er erzählt hatte, und dass all das, was er ins Mikrofon gesprochen und für ein Buch gehalten hatte, als seniles Gebrabbel eines alten Mannes betrachtet werden würde. So unversehens, wie die Scherkraft des Windes ein Flugzeug beutelt, brach die Erinnerung an den Verrat vor langer Zeit aus dem Gefängnis seines Zorns hervor, und er verwünschte sie alle miteinander, stieß den Kassettenrecorder weg und sagte zu Beth, sie solle lieber gehen.
     
    »Es ist wirklich idiotisch«, sagte Beth zu Kevin. »Er war auf einmal völlig aus dem Häuschen wegen seinem Vater, der irgendwann in den Dreißigern gestorben ist. Man sollte meinen, dass er damit inzwischen abgeschlossen hätte.«
    »Sollte man«, sagte Kevin, dessen Gesicht das abwechselnde Hell und Dunkel des Fernsehschirms zu einer Grimasse verzerrte.

Hier hat’s mir schon immer gefallen
    Duane Fork, Dämon und Sekretär des Teufels, wirbelte durch die Büros, um alles tipptopp herzurichten. Er streute Splitt und Staub auf die Schreibtische und Kies auf den Boden, zog die schweren roten Samtvorhänge zu und versprühte Eau de Fumier im Raum. Akkurat Punkt Mitternacht hörte er das wohlvertraute Hufgeklapper auf dem Flur und nahm Habtachtstellung ein.
    »Guten Morgen, Sir«, sagte Duane unterwürfig.
    »Merde«, brummte der Teufel, der sich mit scheelen Blicken umsah. »Hier sieht es absolut - peinlich aus.« Er kam von der internationalen Einrichtungs- und Gartenmesse in Mailand zurück, wo er sich als avantgardistischer Gartenmöbeldesigner ausgegeben hatte, der mit zerknülltem weißem Papier arbeitet. »Wenn die Sachen verschmutzen oder vom Regen aufgeweicht werden, dann macht man kurzen Prozess, rein in den Kamin und anzünden«, hatte er empfohlen. Doch gleichzeitig nagte in seinen Eingeweiden ohnmächtiger Neid, als er Plastiksofas für den Swimmingpoolrand sah, von verflochtenen Zweigen beschattete Wege, tropische Palmengärten, Felsengrotten und freitragende Terrassen. Auf dem Rückweg zur Hölle hatte er diverse Hochglanzmagazine überflogen, das Abonnementformular von Dwell

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