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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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der durch die toten Bäume auf sie zugesegelt kam.
    »Hilfe!« , kreischte der BärenbiologeWarwick (der in Deutschland aufgewachsen war, wo seinVater stationiert gewesen war), als der Pterodaktylus im Sturzflug auf ihn zuhielt. Der Flugsaurier klapperte mit seinen schaurigen Zähnen und sonderte einen Strom Pterodaktyluskot aus einer riesenhaften Kloake ab. Er beschrieb einen Bogen, kam zurück und krümmte seine großen Klauen, um die Beute zu packen. Sekunden später wurde der Bärenbiologe über den Sumpf fortgetragen. Das Zikadensurren war ohrenbetäubend.
    »Lieber Gott, Hilfe, Hilfe!« , heulte der Bärenmann, und der Pterodaktylus ließ ihn fallen wie eine zu groß geratene heiße Kartoffel. Der Biologe stürzte kopfüber in den Sumpf, so dass eine Fontäne aus Schlamm und Reisig hochspritzte.
    Das Ungeheuer entfernte sich in die toten Baumstümpfe am anderen Ende des Sumpfs, und alle konnten das Knacken und Bersten aus der Ferne hören, als hätte etwas Schweres sich auf morsche Knochen gesetzt. Der PR-Fritze trat ein paar Schritte von den anderen weg. Der flirrende Horizont schien sich leicht zu neigen, als wäre das dreidimensionale Phantom des Gleichgewichtssinns der Betrachter etwas unzuverlässig geworden.
    »Ich glaube, wir haben soeben einen Pterodaktylus gesehen«, sagte Argos sachlich, während er in seinem Brustkorb ein leises, aber sonderbares Kneifen verspürte, als wäre eine Büroklammer an einen unbestimmbaren und unbedeutenden Teil seines Organismus gesteckt worden. Dann kreischte er: »Ein Pterodaktylus ! Das ist besser als jeder Elfenbeinspecht!« Er trampelte und fuchtelte mit den Armen. Er schüttelte fassungslos den Kopf und pfiff durch die Zähne und führte sich auf wie jemand, der das Unglaubliche wahr werden sieht. Dann ließ ein Rest wissenschaftlicher Skepsis ihn verstummen.
    »Wir müssen Reggie da rausholen«, sagte Oberaufseherin Amelia, den Blick auf die strampelnden Beine des Bärenbiologen gerichtet. Sie betrachtete den Sumpf. Große Büschel gezackter Grashalme ragten aus dem schwarzen Wasser. Unter der Oberfläche lagen versunkene Baumstümpfe, mit glitschigen grünen Algen überzogen. In der Ferne plumpste etwas ins Wasser. Amelia holte ihr Handy hervor.
    »Hallo, Wachmann, ich bin hier draußen an dem Sumpf - wo früher die Seen waren. Ich sagte: An dem Sumpf. Der Krach? Zikaden.... ZI-KA-DEN!... Schon gut. Schicken Sie uns einen Rettungshubschrauber. Ein Mann steckt im Sumpf fest und droht zu ertrinken, und wir kommen nicht hin.«
    Doch diese Gefahr drohte dem Bärenbiologen nicht. Mit Kopf und Oberkörper steckte er in einem aufgegebenen Biberdamm, was vielleicht kein allzu vergnüglicher Aufenthalt war, aber Schutz vor dem nassen Tod bot.
    »Das Ende aller Tage ist gekommen«, wimmerte er. Er betete auf Deutsch und auf Englisch, denn er war religiös, Mitglied eines Kreises ekstatischer Schwärmer, der Pfingstgemeinde der Grizzly-Forscher, die sich einmal monatlich im Hinterzimmer eines Tierpräparators trafen. Nun erleichterte er sein spirituelles Bankkonto gewaltig, und ihm war, als gäbe der Biberdamm mit jedem Gebet, das er sprach, etwas mehr nach. Nach zehn Minuten konnte er sich aus den ineinander verflochtenen Zweigen befreien. In einem Umkreis von zwei Metern war der Sumpf klarem Wasser gewichen, das als perlende Schneise bis zum Ufer reichte. Er hielt sich an einem Holzscheit fest, das ungewöhnlich groß für Baumaterial aus einem Biberdamm war und tatsächlich groß genug, um als Floß benutzt zu werden.
    »Ein Wunder«, sagte der Wissenschaftler, »Herr im Himmel, ich danke dir.« Gebete brabbelnd, paddelte er zum Ufer.
    Ebendort spähte Argos in die Ferne und hoffte inständig, die Pterodaktylen würden wiederkommen. Hätte er nur eine Kamera dabei! Was er gesehen hatte, musste unbedingt aufgezeichnet werden. Das war er der Wissenschaft schuldig. Er gelobte, sich umgehend ein Fotohandy zuzulegen. Mit zitternden Händen suchte er in seinen Taschen, stieß auf einen zusammengefalteten Gehaltsscheck und einen Kugelschreiber, der ihm aus den Fingern rutschte, und machte sich daran, eine unbeholfene Zeichnung dessen, was er gesehen hatte, anzufertigen. Oder geglaubt hatte zu sehen.
    Die Oberaufseherin telefonierte wieder.
    »Wachmann, bestellen Sie den Hubschrauber ab. Unser Mann hat sich befreit. Da kommen sie wieder!« Der PR-Mann trat mehrere Schritte zurück.
    Alle vier Pterodaktylen flogen in Formation geschwind vom anderen Ende des in Auflösung

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