Hier, jetzt und vielleicht für immer
müssen.“
Sie lehnte sich zurück und sah ihm in die Augen. „Wir sind hier nicht in einem Kriegsgebiet im Nahen Osten.“
„Aber als Kriminalistin bist du ständig in Lebensgefahr.“ Adam legte ihr eine Hand an die Wange. „Ich habe mit angesehen, wie du von einem Pier gesprungen bist und in einem Handgemenge niedergeschlagen wurdest. Und heute wärst du sogar fast erschossen worden.“
„Aber dazu ist es nicht gekommen. Viele Polizeibeamte werden in ihrem Berufsleben nicht ein einziges Mal ernsthaft verletzt. Andererseits gehen manche Leute in ein Restaurant und werden niedergeschossen. Das bedeutet doch nicht, dass keiner mehr auswärts essen geht.“
Er ließ die Arme sinken, entfernte sich einige Schritte und stützte die Hände auf die Brüstung. „Das kann man nicht miteinander vergleichen.“
„Stimmt.“ Sie überlegte einen Moment, ob sie aussprechen sollte, was ihr durch den Kopf ging. Schließlich entschied sie, dass sie offen und ehrlich sein musste, damit es überhaupt Hoffnung für ihre Beziehung gab. „Aber es ist besser, als ein oberflächliches Leben zu führen.“
Er drehte ihr den Kopf zu. „Du glaubst, dass ich das tue?“
„Ist es denn nicht so?“
Adam wandte sich wieder dem dunklen Garten zu. „Vielleicht.“
„Wenn man jemanden verliert, muss es nicht bedeuten, dass man sich von der ganzen Welt zurückzieht und keine Gefühle mehr zulässt.“ Sie suchte nach den richtigen Worten, um den Panzer zu durchbrechen, der ihn umgab. Ein wenig angeknackst war er bereits. Sonst hätte Adam ihr nicht von Jessica erzählt. Er hatte durchaus Gefühle, ob er wollte oder nicht. Die Frage war nur, wie tief sie gingen.
Sara trat zu ihm und lehnte sich mit dem Rücken an das Geländer. „Ich hätte denselben Weg einschlagen können wie du, aber ich habe mich für die andere Abzweigung entschieden.“
„Du hast auch jemanden verloren?“
„Meine Mutter.“
„Was ist passiert?“
„Sie ist gegangen, als ich noch klein war. Hat einfach ihre Sachen gepackt und mich und meinen Dad zurückgelassen. Er hat mich ganz allein aufgezogen. Er war sein Leben lang Cop bei der Streife in Memphis. Ein echt harter Kerl, weißt du. Aber er hat sein Bestes gegeben, um mich als Mädchen aufzuziehen.“
„Klingt nach einem großartigen Mann.“
„Das war er. Aber er hat es nie überwunden, dass Mom ihn verlassen hat. Er hat immer darauf gehofft, dass sie eines Tages zurückkommt. Bis zu seinem Tod. Das habe ich ihr nie verziehen.“
„Tut mir leid.“
„Schon gut. Das ist längst Vergangenheit.“
„Lebt deine Mutter noch?“
„Das weiß ich nicht.“
„Du hast nie nach ihr gesucht?“
„Nein. Ich musste meine Verbindung zu ihr lösen und meine Wut überwinden, um nach vorn blicken zu können. Um das Leben zu führen, das ich mir gewünscht habe.“
Adam drehte sich zu ihr um und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wollte dein Vater, dass du auch zur Polizei gehst?“
„Das hat er nie gesagt. Ich habe mich erst nach seinem Tod dazu entschlossen.“ Sara starrte in die Dunkelheit hinaus. „Ich bin aufs College gegangen, hab mehrmals die Fachrichtung gewechselt, bin sogar Studienreferendarin geworden. Aber nichts hat sich richtig angefühlt. Bis ich die Polizeiakademie besucht habe. Dort habe ich mich ein bisschen wie in einer großen Familie gefühlt. Vor allem, weil ich keine Angehörigen mehr hatte.“
„Zuerst ist es mir in der Armee auch so ergangen. Aber nach dem Unfall … Gleich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus bin ich so schnell und weit weggelaufen, wie ich nur konnte.“
„Deinen Frieden hast du trotzdem nicht gefunden?“
Bedächtig schüttelte er den Kopf.
„Es tut mir leid, dass du mit dieser Vorgeschichte leben musst.“
„He, wir haben doch gerade festgestellt, dass ich nicht der Einzige mit dunklen Punkten in meiner Vita bin.“
„Stimmt. Ich habe lange den Hass gegen meine Mutter ausgelebt – und die Wut auf das Schicksal, weil mein Vater einen Monat vor seiner Pensionierung einen Herzanfall erlitten hat. Aber eines Tages hat etwas in mir diese negativen Gefühle ausgelöscht. Ich kann es nicht genau erklären. Ich wusste plötzlich einfach, dass ich so positiv und glücklich wie möglich leben und eine liebevolle Familie haben will, die zusammenhält. Und mir ist klar geworden, dass ich Karriere bei der Polizei machen will. Nicht im Streifendienst wie mein Vater, aber trotzdem im Einsatz vor Ort.“
„Wie bist du ausgerechnet auf die
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