Hier kommt Hoeneß!
Wieder Fußball. Immer Fußball. Ist Hoeneß am Sonntag zu Hause, schaut er auf dem Sofa Fußball. Bundesliga, Premier League, Spanische Liga. Er kann nicht anders. Es ist sein Leben.
»Aber alles hat doch seine Grenzen. Man muss doch auch mal entspannen und zufrieden sein, sich zurücklehnen – einen Erfolg zu genießen«, sagt Oliver Kahn, »das fällt Hoeneß schwer. Es ist die Basis seines Erfolges, gleichzeitig ist er aber immer noch ein Getriebener seines Ehrgeizes. So kann man doch ganz schwer Gelassenheit entwickeln, wenn man immer nach mehr strebt.« Kahn behauptet, es gelernt zu haben – gerade nachdem er es selbst übertrieben hatte in Sachen Ehrgeiz. »Ich würde ihm raten: Geh mal raus, mach mal was anderes! Ich würde ihm wünschen, dass er das mal tut. Er wird plötzlich Dinge sehen, die er noch nie gesehen hat.«
Seine Frau Susi wünscht ihm, »dass er gesund bleibt. Und er soll immer lachen.« Vielleicht wird Hoeneß ja künftig ein kleiner Hausmann. In das Hoheitsgebiet seiner Frau mischt er sich bisher kaum ein. Als das neue Domizil am Tegernsee fertig gebaut war und der Umzug anstand, war der Ehemann auf Dienstreise mit seinen Bayern. Susi organisierte und leitete das Unternehmen Einzug inklusive Einrichten der Zimmer. Als Hoeneß zurückkehrte, besichtigte er das neue, gemeinsame Reich – und war zufrieden. Das nennt man Vertrauen.
Die ehemalige Zahnarzthelferin hat ihren Beruf aufgegeben, um Hausfrau und Mutter zu sein. Darauf aber ist sie stolz, wie sie betont. »Meine Karriere habe ich zu Hause gemacht, da muss ich mich hinter keinem verstecken. Man kann nicht als Ehefrau von Uli Hoeneß nebenher noch einen Job haben. Mein Mann hat jemanden gebraucht, der alles zu Hause macht: Büro, Haus, Kinder, Hund. Aber Uli ist kein Macho.«
Eher ein Macher, der beim FC Bayern gerade seinen Nachfolger Nerlinger einarbeitet. Wie soll der FC Hoeneß bloß ohne Hoeneß funktionieren? Er wolle keinen Klon, sagt er. Aber, na ja, so etwas Ähnliches darf’s schon sein. »Ich sehe bei Christian in vielen Dingen den jungen Uli Hoeneß. Er ist gradlinig und hat eine eigene Meinung. Er kann einem in die Augen schauen. Er ist kein Buckler, der hier nur zuhört, zu allem Ja und Amen sagt. Das gefällt mir.«
Nerlinger ist seit Juli 2009 Zimmernachbar von Hoeneß. Und das wird auch so bleiben. Denn Hoeneß gibt sein Büro nicht auf. Er hat den Generationswechsel eingeleitet, aber ohne ihn läuft nichts. »Noch ist meine Rolle aktiv, ich kann selbst bestimmen, ob wir Ribéry verkaufen oder nicht«, sagt Hoeneß in einem Interview mit dem »Stern«. Er gesteht: »In Zukunft muss ich hoffen, dass andere die richtigen Entscheidungen treffen. Das wird schwer für mich.«
Ratgeber will er sein, aber nicht zu aufdringlich. Ein schmaler Grat. Da muss Nerlinger seinen Weg finden, es ist eine hohle Gasse. Für ihn sollen Florian Hoeneß und die Wurstfabrik HoWe mit den rund 250 Mitarbeitern das Vorbild sein. »Da habe ich doch gezeigt, wie gut es funktionieren kann«, sagt der Vater stolz, »die führt mein Sohn seit 2003 mehr oder weniger allein. Damals war er gerade einmal 22 Jahre alt, und er hat sich prima entwickelt. Damals hat auch jeder gesagt: Der arme Sohn, der wird jetzt vom Vater gegängelt und hat nichts zu sagen. Das Gegenteil ist der Fall. Ich mache höchstens noch zwei Prozent. Und weil ich den FC Bayern wie meine eigene Firma sehe, will ich es genauso machen: loslassen – und zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute ans Ruder lassen.«
Der FC Bayern ist also nichts anderes als eine Wurstfabrik, Nerlinger sein Sohn. »Ich sehe da im Wesentlichen keinen sehr großen Unterschied, außer bei der Bezahlung der Mitarbeiter.« Hoeneß lacht.
Nur ein Jahr nach seinem Flugzeugabsturz hatte er 1983 sein Würstl-Imperium gegründet, das im letzten Geschäftsjahr rund 38 Millionen Umsatz gemacht hat. »Am Anfang, kurz nach dem Unglück, hatte ich mir viel vorgenommen: nicht mehr fliegen, Zeit besser einteilen, intensiver leben, mehr Zeit für die Familie und für gute Freunde. Aber dieses Gefühl war nicht die Realität, es war nach ein paar Wochen wieder verschwunden.« Doch da war Hoeneß 31. Viel zu jung, um die Füße hochzulegen. Und Flugangst hätte er sich bei seinem Job ohnehin nicht erlauben können. »Nein, die hatte ich nie«, sagt er. Mit ein wenig Abstand konnte er sogar Witze darüber machen, wie Sepp Maier zu berichten weiß. »Wenn wir später mit zwei Chartermaschinen zu Auswärtsspielen
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