Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
die junge Frau fand, dass ihr zwanzigster Geburtstag ein Anlass war, der den Gebrauch des guten Geschirrs rechtfertigte. Sie stapelte ein Dutzend Teller auf und trug sie ins Esszimmer, wo auf dem langen Nussbaumtisch auch die beste Tischdecke lag.
    In diesem Moment trat ihr Vater, in seine große Gala gekleidet, ein. Er schwenkte seinen Stock mit dem Silberknauf, zog weit ausholend seinen Dreispitz und verneigte sich tief vor seiner Tochter. An seiner Hüfte trug er ein Schwert; dieses Privileg war üblicherweise Adligen und Offizieren vorbehalten, wurde aber auch von den bürgerlichen Ratgebern des Königs in Anspruch genommen. An den Ratstagen trug er es mit unverhohlenem Stolz.
    »Papa!«, rief Isabelle aus. »Wie schön, Ihr seid schon früh zurück !«
    Charles-Hubert richtete sich auf, rückte seine Kleider zurecht und überließ Dreispitz und Stock Baptiste, der ihm auch den Gehrock abnahm.
    »Um meiner angebeteten Tochter willen habe ich die Sitzung abgekürzt.«
    »Ach, Papa«, prustete Isabelle und fiel ihm um den Hals, »war die Sitzung nicht vielleicht früher zu Ende? Ihr könnt doch wegen einer solchen Bagatelle nicht früher …«
    »Eine Bagatelle? Meine Tochter wird heute zwanzig, und das nennst du eine Bagatelle?«
    Er lachte herzlich und küsste die junge Frau zärtlich auf die Wange. Dann trat er ein Stück zurück, musterte sie von oben bis unten, krauste dann die Nase und zuckte die Achseln
    »Also, ich finde, du hast dich verändert.«
    »Ich versichere Euch, dass ich dieselbe bin wie gestern.«
    »Kann schon sein …«
    Kurz leuchtete ein Anflug von Trauer in Charles-Huberts Blick auf.
    »Aber es kommt mir vor, als wärest du gestern noch ganz klein gewesen … Und heute … sehe ich schon vor mir, wie sich die Verehrer vor unserer Tür drängen, um dich mir wegzunehmen.«
    Isabelle schlug die Augen nieder und errötete leicht.
    »So eilig habe ich es damit nicht, Papa.«
    Er tätschelte ihre Wange und umfasste dann ihr Kinn, damit sie ihn ansehen musste.
    »Vielleicht nicht. Aber ich weiß, dass der Augenblick näher kommt, in dem meine einzige Tochter das Nest der Familie verlässt. Wenn dieser Tag kommt, dann wünsche ich nur, dass derjenige, der dich mir wegnimmt, deiner würdig ist.«
    Wieder dachte Isabelle an Nicolas Renaud des Méloizes de Neuville und spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Der junge Mann gehörte einer bedeutenden Familie an, die aus Nivernais stammte und deren Söhne traditionell eine militärische Laufbahn einschlugen. Sein Großvater François-Marie war 1685 nach Neufrankreich gekommen. Kurz vor seinem Tod hatte er noch einen Sohn gezeugt, Nicolas-Marie. Letzterer, Nicolas’ Vater, der Hauptmann bei den Kolonialtruppen gewesen war, hatte von seiner Mutter die Domäne Neuville geerbt.
    »Das wird er gewiss sein.«
    Als sie ihren Vater umarmte, spürte sie einen kleinen Stich im Herzen. In ihrer Naivität hatte sie nie daran gedacht, dass ihr freundschaftlicher Umgang mit Nicolas sie eines Tages vor den Traualtar führen könnte. Mit einem Mal kam ihr noch ein viel besorgniserregenderer Gedanke. Wenn sie eines Tages Madame Nicolas Renaud d’Avène des Meloizes war, würde sie dieses Haus und alles, was bis jetzt ihre Welt ausgemacht hatte, verlassen müssen. Was für ein Leben würde sie dann führen?
     
    Isabelle gab eine Kelle Lauchsuppe in ihren Suppenteller. Die neunjährige Anne und der zwölfjährige Pierre rannten um den Tisch und sangen aus Leibeskräften.
    »Sergeant Lacroix, Sergeant Lacroix! Papa ist Sergeant, ratatatam ! Papa ist Offizier, hört, hört!«
    »Das reicht jetzt, Kinder!«, schalt Françoise lächelnd.
    »Er hätte Offizier bei der Marine werden können«, versetzte Justine mit düsterer Miene und packte die vorbeilaufende Anne am Arm, damit sie stehen blieb. »Setzt euch, sonst bekommen wir alle einen Drehwurm. Und außerdem sind das für euer Alter keine Manieren.«
    In einem Höllenlärm, der durch das Schaben der Stühle entstand, setzten sich alle an ihren Platz. Dann wurde es still. Nachdem Justine sich vergewissert hatte, dass die Kinder versorgt waren, strich sie die Falten ihres Rocks zurecht und sah Louis an.
    »François-Marc-Antoine Le Mercier hielt Euch für einen interessanten Kandidaten. Euer Vater hätte Euch einen Posten als Fähnrich zur See oder Leutnant kaufen können.«
    Louis seufzte.
    »Mutter, Ihr wisst ganz genau, dass ich nie den Wunsch verspürt habe, eine Militärlaufbahn einzuschlagen. Ich fühle

Weitere Kostenlose Bücher