Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
So hochgewachsen, so stattlich …«
Mit klinischer Sachlichkeit registrierte er, dass sie zwar diverse herausragende Charakteristika seines Sohnes angesprochen hatte, dass sie jedoch mit keiner Silbe seine Augen erwähnte. Abgesehen von seiner Körpergröße – die kaum zu übersehen war – waren seine Augen wahrscheinlich das Auffälligste an ihm, denn sie leuchteten tiefblau, und sie hatten eine ungewöhnliche Form, ein wenig wie bei einer Katze. Natürlich waren es Jamie Frasers Augen, und wann immer ihn William mit einem gewissen Ausdruck ansah, versetzte es Johns Herz einen leisen Stich.
Willie wusste ganz genau, welche Wirkung seine Augen auf junge Frauen hatten – und er machte sich dies ohne jedes Zögern zunutze. Hätte er Dottie je sehnsuchtsvoll in die Augen geschaut, wäre sie wie versteinert gewesen, ob sie ihn liebte oder nicht. Und diese rührende Schilderung ihrer Leidenschaft im Garten …
Er war so sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt gewesen, dass er im ersten Moment gar nicht begriff, dass sie aufgehört hatte zu reden.
»Ich bitte um Verzeihung«, sagte er überaus höflich. »Und ich danke dir für die Lobgesänge über Williams Charakter, die einem Vater natürlich das Herz erwärmen. Dennoch – warum drängt es denn so, diese Hochzeit zu arrangieren? William wird sicherlich in ein oder zwei Jahren heimgeschickt.«
»Er könnte ums Leben kommen!« Und in ihrer Stimme lag plötzlich ein Hauch echter Angst, so echt, dass er die Ohren spitzte. Sie schluckte heftig und fuhr sich mit der Hand an den Hals.
»Ich muss es tun«, sagte sie. »Wirklich, Onkel John, ich muss es tun, und ich kann nicht warten. Ich möchte nach Amerika fahren und heiraten.«
Ihm klappte der Mund wortlos auf und zu. Sich eine Heirat zu wünschen, war eine Sache, aber dies …!
»Das kannst du doch auf keinen Fall ernst meinen«, platzte er dann heraus. »Du kannst doch nicht glauben, dass deine Eltern – vor allem dein Vater – so etwas jemals gutheißen würden.«
»Doch, das würde er«, konterte sie. »Wenn du es ihm richtig erklären würdest. Er schätzt deine Meinung mehr als die jedes anderen Menschen«, fuhr sie beschwörend – und ein wenig drängend – fort. »Und du musst doch am besten verstehen, wie entsetzlich die Vorstellung für mich ist, dass William … etwas zustoßen könnte, bevor ich ihn wiedersehe.«
In der Tat, dachte er – das Einzige, was für sie sprach, war das Gefühl der Trostlosigkeit, das der bloße Gedanke an Williams möglichem Tod auch in ihm auslöste. Ja, er konnte umkommen. Jeder konnte in Kriegszeiten umkommen, erst recht ein Soldat. Es war eines der Risiken, die man einging – und er hätte William niemals guten Gewissens davon abhalten können, es einzugehen, selbst wenn die Vorstellung, dass William durch Kanonenfeuer in Stücke
gerissen oder in den Kopf geschossen wurde oder qualvoll an einer Seuche starb …
Er schluckte mit trockenem Mund und drängte diese katastrophalen Bilder entschlossen zurück in jenen Teil seines Kopfes, in dem er sie normalerweise hinter Schloss und Riegel hielt.
Er holte tief Luft.
»Dorothea«, sagte er bestimmt. »Ich werde herausfinden, was ihr im Schilde führt.«
Sie betrachtete ihn einen Moment nachdenklich, als wägte sie ab, wie wahrscheinlich das war. Ihr rechter Mundwinkel hob sich unbewusst, und sie kniff erneut die Augen zusammen. Die Reaktion in ihrem Gesicht erkannte er so deutlich, als ob sie es laut ausgesprochen hätte.
Nein. Das glaube ich nicht.
Doch dieses Mienenspiel war nicht mehr als ein flüchtiges Aufflackern, dann nahm ihr Gesicht seinen Ausdruck der Empörung – vermischt mit Flehen – wieder an.
»Onkel John! Wie kannst du mich und William – deinen eigenen Sohn! – beschuldigen … Was wirfst du uns uns überhaupt vor?«
»Ich weiß es nicht«, räumte er ein.
»Also! Wirst du für uns mit Papa sprechen? Für mich? Bitte? Heute noch?«
Dottie war die geborene Circe; während sie sprach, beugte sie sich zu ihm herüber, sodass er den Veilchenduft in ihrem Haar riechen konnte, und verknotete ihre Finger bezaubernd in seinem Revers.
»Es geht nicht«, sagte er und versuchte, sich ihr zu entziehen. »Nicht sofort. Ich habe ihm heute schon einen Schrecken eingejagt; noch einer könnte ihm den Rest geben.«
»Dann aber morgen«, drängte sie.
»Dottie.« Er ergriff ihre Hände und stellte gerührt fest, dass sie kalt waren und zitterten. Sie meinte es ernst – zumindest meinte sie
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