Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
Blick sah – das war ja interessant, denn wäre einer völlig unerfahrenen jungen Dame klar gewesen, dass man nicht nur auf die Lippen oder die Hand geküsst werden konnte? »Ich meine, wo ist das gewesen?«
Die Röte ihrer Wangen nahm zu, denn ebenso wie er begriff auch sie, was sie gerade verraten hatte, doch sie sah ihm direkt in die Augen.
»In Lady Windermeres Garten. Wir waren beide zu ihrem Konzert gekommen, und das Essen war noch nicht fertig, also hat William mich gebeten, draußen ein wenig mit ihm spazieren zu gehen. Es war so ein herrlicher Abend«, fügte sie arglos hinzu.
»Ja, das hat er ebenfalls angemerkt. Mir war gar nicht bewusst, welch berauschende Wirkung schönes Wetter hat.«
Sie funkelte ihn an.
»Nun, wie dem auch sei, wir lieben uns! Hat er das wenigstens gesagt?«
»Ja, das hat er«, erwiderte Grey. »Er hat sogar mit einer diesbezüglichen Erklärung begonnen, bevor er zu seinen skandalösen Geständnissen bezüglich deiner Tugend übergegangen ist.«
Sie bekam große Augen.
»Er – was genau hat er gesagt?«, wollte sie wissen.
»Genug, um mich dazu zu bewegen – so hoffte er -, auf der Stelle zu deinem Vater zu gehen und bei ihm ein Plädoyer dafür abzulegen, wie wünschenswert es doch ist, dass William um deine Hand anhält.«
»Oh.« Bei diesen Worten holte sie tief Luft, als sei sie erleichtert, und wandte
kurz den Blick ab. »Schön und gut. Und wirst du das tun?«, fragte sie und heftete erneut ihre großen blauen Augen auf ihn. »Oder hast du es schon getan?«, fügte sie mit einem hoffnungsvollen Unterton hinzu.
»Nein, ich habe deinem Vater nichts von Williams Brief erzählt. Ich hielt es für besser, erst mit dir zu sprechen und zu sehen, ob du Williams Ansichten tatsächlich so teilst, wie er zu glauben scheint.«
Sie blinzelte, dann lächelte sie ihn strahlend an.
»Das war sehr rücksichtsvoll von dir, Onkel John. Viele Männer würden sich überhaupt nicht darum scheren, was eine Frau von der Situation denkt – aber du bist immer schon so mitfühlend gewesen; Mutter kann deine Güte gar nicht genug loben.«
»Übertreib es nicht, Dottie«, mahnte er nachsichtig. »Dann sagst du also, dass du bereit bist, William zu heiraten?«
»Bereit?«, rief sie aus. »Oh, ich wünsche es mir über alles!«
Er betrachtete sie lange. Sie wich zwar seinem Blick nicht aus, doch das Blut schoss ihr dabei ins Gesicht.
»Ach ja?«, sagte er und legte die gesamte Skepsis, die er empfand, in seinen Ton. »Warum?«
Sie kniff zweimal nervös die Augen zu.
»Warum?«
»Warum?«, wiederholte er geduldig. »Was hat Williams Charakter – oder vielleicht auch sein Aussehen«, fügte er fairerweise hinzu, denn junge Frauen hatten nicht den Ruf, große Charakterkennerinnen zu sein, »denn so Anziehendes an sich, dass du ihn heiraten möchtest? Und dazu so schnell?«
Er konnte sich zwar durchaus vorstellen, dass einer von ihnen oder beide Gefallen aneinander fanden – aber warum diese Eile? Selbst wenn William befürchtete, dass Hal dem Antrag des Vicomte Maxwell wohlgesinnt gegenüberstand, konnte Dottie selbst doch auf keinen Fall glauben, dass ihr hoffnungslos in sie vernarrter Vater sie zwingen würde, jemanden zu heiraten, den sie nicht wollte.
»Nun, wir lieben uns natürlich!«, sagte sie, wenn auch mit einem Unterton, der diese – in der Theorie – leidenschaftliche Deklaration recht unsicher klingen ließ. »Und was seinen … seinen Charakter angeht … Also, Onkel John, du bist schließlich sein Vater; dir kann doch nicht entgangen sein, wie … wie … intelligent er ist!« Triumph klang mit, als ihr das Wort endlich einfiel. »Wie großzügig, wie freundlich« – sie kam jetzt in Fahrt -, »wie sanftmütig.«
Jetzt war es an Lord John zu blinzeln. William war zweifellos intelligent, freundlich und einigermaßen großzügig, aber »sanftmütig« war nun wirklich nicht das Wort, das man spontan mit ihm in Verbindung brachte. Allerdings war das Loch in der Holzvertäfelung im Esszimmer seiner Mutter, durch das William während einer Teegesellschaft versehentlich einen Kameraden geworfen hatte, noch nicht repariert, und Grey hatte dieses Bild noch überdeutlich vor Augen. Wahrscheinlich benahm sich William ja in Dotties Gesellschaft umsichtiger, aber dennoch …
»Er ist der Inbegriff eines Gentleman!«, proklamierte sie überschwänglich, denn jetzt ging es richtig mit ihr durch. »Und sein Aussehen – nun, natürlich bewundern ihn alle Frauen, die ich kenne!
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