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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sagte ich und drehte den Kopf des Kindes zur Seite. »Kannst du mir den Spiegel bringen, Ian?«
    Ich hatte einen kleinen quadratischen Spiegel, den wir mit etwas Glück benutzen konnten, um das Sonnenlicht in den Mund des Patienten zu lenken. Eigentlich strömte genug Sonnenlicht warm und hell zum Fenster herein. Unglücklicherweise pressten sich aber jede Menge neugieriger Köpfe gegen ebendieses Fenster. Immer wieder blockierten sie die Sonnenstrahlen und vereitelten Ians Versuche, das Licht dorthin zu lenken, wo ich es brauchte.
    »Marsali!«, rief ich und hielt für alle Fälle meinen Daumen auf den Puls des Mädchens.
    »Aye?« Sie kam aus dem Hinterzimmer, wo sie Lettern gereinigt – oder vielmehr verschmutzt – hatte, und wischte sich die verschmierten Hände an einem Lappen ab. »Braucht ihr Henri-Christian wieder?«
    »Wenn es dir – oder ihm – nichts ausmacht.«
    »Ihm doch nicht«, versicherte sie mir. »Nichts, was ihm besser gefällt, so wie er den Beifall liebt. Joanie! Félicité! Könnt ihr bitte den Kleinen holen? Er wird draußen gebraucht.«
    Félicité und Joanie – oder auch die Höllenkätzchen, wie Jamie sie nannte – kamen mit Begeisterung; sie hatten fast genauso viel Spaß an Henri-Christians Darbietungen wie er selbst.
    »Komm mit, Purzel!«, rief Joanie und hielt die Küchentür auf. Henri-Christian kam herausgetollt. Er schwankte auf seinen kurzen Beinchen hin und her, und sein rotes Gesicht strahlte.
    »Opp-la, opp-la, opp-la!«, rief er und hielt auf die Tür zu.
    »Setzt ihm die Mütze auf!«, rief Marsali. »Sonst bekommt er Zug in die Ohren.«
    Es war ein sonniger Tag, doch es war windig, und Henri-Christian war anfällig für Mittelohrentzündungen. Doch er hatte eine Wollmütze, die man unter dem Kinn zubinden konnte, blau-weiß gestreift mit einer Reihe roter Bommel – Brianna hatte sie für ihn gestrickt, und ihr Anblick drückte mir das Herz zu, warm und schmerzvoll zugleich.
    Die Mädchen nahmen ihn beide an die Hand – Félicité reckte sich im letzten
Moment und nahm einen alten Schlapphut ihres Vaters von der Wand, um darin Münzen zu sammeln – und gingen unter den Beifallsrufen und Pfiffen der Menge hinaus. Durch das Fenster konnte ich sehen, wie Joanie die Bücher vom Auslagentisch räumte und Félicité stattdessen ihren Bruder hinaufhievte. Er breitete strahlend seine kräftigen Stummelärmchen aus und verneigte sich elegant zu beiden Seiten. Dann bückte er sich, stellte die Hände auf die Tischplatte und stellte sich mit bemerkenswerter Anmut und Körperbeherrschung auf den Kopf.
    Den Rest seiner Vorstellung wartete ich nicht mehr ab – es waren zum Großteil einfache Tanzschritte, unterbrochen von Purzelbäumen und Kopfständen, die jedoch dank seiner zwergenhaften Statur und seiner lebensfrohen Ausstrahlung verzauberten. Denn er hatte die Menge für den Moment vom Fenster weggelockt, und das war es, was ich wollte.
    »Jetzt, Ian«, sagte ich und machte mich wieder an die Arbeit. Mit Hilfe des flackernden Lichts, das der Spiegel spendete, fiel es mir leichter zu sehen, was ich tat, und ich bekam den Zahn beinahe sofort zu fassen. Doch dies war der knifflige Teil; der Zahn war böse gesplittert, und es war gut möglich, dass er zerbrach, wenn ich ihn drehte, statt sich sauber ziehen zu lassen. Und wenn das geschah …
    Doch das tat es nicht. Es ertönte ein leises, gedämpftes Krack!, als sich die Zahnwurzel vom Kieferknochen löste, und dann hatte ich den kleinen weißen Beißer vollständig in der Hand.
    Die Mutter des Kindes, die mir gebannt zugesehen hatte, seufzte und entspannte sich ein wenig. Das kleine Mädchen seufzte ebenfalls und sank noch weiter in sich zusammen. Wieder vergewisserte ich mich, doch ihr Puls war regelmäßig, auch wenn sie flach atmete. Wahrscheinlich würde sie erst aufwachen, wenn …
    Mir kam ein Gedanke.
    »Wisst Ihr«, sagte ich etwas zögernd zu ihrer Mutter, »ich könnte ihr tatsächlich noch ein oder zwei Zähne ziehen, ohne ihr weh zu tun. Hier -« Ich trat beiseite und winkte ihr, einen Blick auf den Mund ihrer Tochter zu werfen. »Diese hier« – ich berührte die überfälligen Milchzähne – »sollten sofort gezogen werden, damit die bleibenden Zähne ihren Platz einnehmen können. Und Ihr seht natürlich diese Vorderzähne … Nun, den linken oberen Bikuspidalbackenzahn habe ich ihr ja schon gezogen; wenn ich ihr den gleichen Zahn rechts auch ziehe, könnten sich ihre Zähne vielleicht ein wenig verlagern und in

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