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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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kräftiger Patient mit einem großen Mund, dessen kranker Zahn sich vorn im Oberkiefer befand (weniger Wurzeln und wesentlich leichterer Zugang) – war es eine blutige, glitschige, knochenbrecherische Angelegenheit. Und zu der simplen Tatsache, dass es eine körperlich unangenehme Arbeit war, gesellte sich meistens ein unausweichliches Gefühl der Niedergeschlagenheit angesichts des wahrscheinlichen Resultats.
    Es war unumgänglich – abgesehen von den Schmerzen, die ein Zahnabszess verursachte, konnten dadurch Bakterien in den Blutkreislauf gelangen, die bis hin zu einer Blutvergiftung und zum Tod führten -, doch einen Zahn zu entfernen, ohne ihn irgendwie ersetzen zu können, bedeutete nicht nur, dass man das Aussehen des Patienten kompromittierte, sondern obendrein die Funktion und
Struktur seines Mundes. Ein fehlender Zahn ermöglichte es seinen Nachbarn zu verrutschen, sodass sich der Gebissabdruck änderte und das Kauen an Effizienz verlor. Was wiederum die Ernährung und die allgemeine Gesundheit des Patienten und damit seine Aussichten auf ein langes und glückliches Leben beeinflusste.
    Nicht, so dachte ich grimmig, während ich mich erneut anders hinstellte, um den Zahn erspähen zu können, hinter dem ich her war, nicht, dass selbst die Extraktion mehrerer Zähne dem Gebiss des armen Mädchens noch schaden konnte, dessen Mund ich gerade bearbeitete.
    Sie konnte nicht älter als acht oder neun sein und hatte einen engen Kiefer und einen deutlichen Überbiss. Ihre Milcheckzähne waren nicht rechtzeitig ausgefallen, und die bleibenden Zähne waren dahinter herausgekommen, sodass ihr die Doppelbeißer ein unheimliches Aussehen verliehen. Damit noch nicht genug, war ihr Oberkiefer so eng, dass die beiden Vorderzähne nach innen geknickt waren und in einem solch spitzen Winkel zueinander standen, dass sich ihre Vorderseiten beinahe berührten.
    Ich berührte den entzündeten oberen Backenzahn, und sie bäumte sich gegen die Gurte auf, die sie auf dem Stuhl festhielten, und stieß einen Schrei aus, der mir unter die Fingernägel fuhr wie ein Bambussplitter.
    »Gib ihr bitte noch etwas, Ian.« Ich richtete mich auf, denn ich fühlte mich, als wäre mein Kreuz in einen Schraubstock gezwängt. Ich arbeitete schon seit Stunden im Vorderzimmer von Fergus’ Druckerei und konnte eine kleine Schale voller blutiger Zähne an meiner Seite und ein gebanntes Publikum draußen vor dem Fenster vorweisen.
    Ian stieß ein skeptisches Schottengeräusch aus, griff aber nach der kleinen Whiskyflasche und schnalzte dem kleinen Mädchen ermutigend mit der Zunge zu. Beim Anblick seines tätowierten Gesichtes schrie sie erneut auf und presste den Mund fest zu. Ihre Mutter verlor die Geduld, versetzte ihr eine Ohrfeige, riss Ian die Flasche aus der Hand und schob sie ihrer Tochter in den Mund. Sie hielt sie senkrecht in die Höhe und drückte dem Mädchen mit der anderen Hand die Nase zu.
    Die Augen des Mädchens wurden kugelrund, und Whiskytropfen spritzten ihr aus den Mundwinkeln – doch ihr hageres Hälschen bewegte sich krampfhaft, als sie trotz allem schluckte.
    »Ich glaube wirklich, das reicht«, sagte ich, alarmiert über die Menge an Whisky, die das Kind schluckte. Es war ziemlich schlechter Whisky, den wir im Ort gekauft hatten. Jamie und Ian hatten ihn zwar beide probiert und nach ausführlicher Diskussion beschlossen, dass davon wohl niemand blind werden würde, doch ich hatte meine Bedenken, ihn in größeren Mengen zu benutzen.
    »Hm«, sagte die Mutter, die ihre Tochter kritisch betrachtete, die Flasche aber nicht zurückzog. »So ist es wohl genug.«
    Das Kind hatte die Augen verdreht, und sein kämpfender kleiner Körper war plötzlich erschlafft auf dem Stuhl zusammengesunken. Die Mutter entfernte die
Whiskyflasche, wischte den Flaschenhals an ihrer Schürze ab und reichte sie Ian mit einem Kopfnicken.
    Hastig überprüfte ich den Puls und die Atmung der Kleinen, doch sie schien in hinreichend guter Verfassung zu sein – vorerst jedenfalls.
    »Carpe diem«, murmelte ich und griff nach meiner Extraktionszange. »Oder vielleicht sollte ich sagen carpe vinum? Behalte bitte ihre Atmung im Auge, Ian.«
    Ian lachte und kippte die Flasche, um ein kleines Tüchlein zum Aufwischen mit Whisky zu befeuchten.
    »Ich glaube, du hast genug Zeit für mehr als einen Zahn, Tante Claire, wenn du willst. Du könntest der armen Kleinen wahrscheinlich sämtliche Zähne ziehen, ohne dass sie zucken würde.«
    »Keine schlechte Idee«,

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