Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
wie das Unkraut und die Gemüsebeete. Und das Telefonat mit dem Klempner über den Durchlauferhitzer im Bad in der ersten Etage. Und …
»Gleichgültig, wie viel man auf einer Farm tut, es gibt immer noch mehr zu tun. Es ist ein Wunder, dass der Hof nicht über mich kommt und mich verschlingt wie bei Jonas und dem Wal.«
Einen Moment lang hörte sie die Stimme ihres Vaters, resigniert und ungeduldig, weil er sich schon wieder mit einer unerwarteten Aufgabe konfrontiert sah. Sie sah sich lächelnd nach ihm um, dann hielt sie inne und begriff, und die Sehnsucht spülte in Wellen über sie hinweg.
»Oh, Pa«, sagte sie leise. Sie ging weiter, langsamer jetzt, und plötzlich sah sie nicht mehr den Albatros eines großen, halb verfallenen Hauses, sondern den lebendigen Organismus Lallybroch und all ihre Verwandten, die ein Teil davon gewesen waren – es immer noch waren.
Die Frasers und Murrays, die Blut, Schweiß und Tränen in diese Gebäude und diesen Boden investiert hatten, ihr Leben mit diesem Land verwoben hatten. Und Onkel Ian, Tante Jenny – der Schwarm von Vettern und Cousinen, die sie so kurz kennengelernt hatte. Ihr Vetter Ian. Sie alle waren jetzt tot … Doch seltsamerweise waren sie nicht fort.
»Ganz und gar nicht fort«, sagte sie laut, und die Worte trösteten sie. Sie hatte das hintere Törchen des Gemüsegartens erreicht. Dort blieb sie stehen und blickte zu dem betagten Turm hinauf, der Lallybroch seinen Namen gab; auf diesem Hügel lag auch der Friedhof, dessen Steine zum Großteil so verwittert waren, dass die Namen und die Daten nicht mehr zu entziffern waren, während die Steine immer mehr unter Ginsterbüschen verschwanden. Und inmitten dieses
grauen und schwarz-grünen Farbmusters bewegten sich zwei Flecken in Rot und Blau.
Der Pfad war mit Brombeeren überwuchert, die an ihren Jeans zerrten. Sie traf die Kinder auf allen vieren an. Die beiden beobachteten eine Ameisenkolonne – die einer Spur von Kekskrümeln folgte, die so ausgelegt war, dass sie die Ameisen über einen Hindernisparcours aus Stöckchen und Kieseln führte.
»Sieh mal, Mama!« Jem würdigte sie kaum eines Blickes, denn er war ganz in die Vorstellung vor seiner Nase vertieft. Er zeigte auf den Boden, wo er eine alte Teetasse eingegraben und mit Wasser gefüllt hatte. In der Mitte paddelte ein schwarzes Ameisenknäuel, durch die Schokokrümel ins Verderben gelockt.
»Jem! Das ist gemein! Du darfst keine Ameisen ertränken – es sei denn, sie sind im Haus«, fügte sie hinzu, denn sie erinnerte sich noch lebhaft an die letzte Invasion der Vorratskammer.
»Sie ertrinken gar nicht, Mama. Sieh doch – siehst du, was sie machen?«
Sie hockte sich neben ihn, um sich das Geschehen aus der Nähe zu betrachten, und sah, dass die Ameisen tatsächlich nicht ertranken. Die einzelnen Ameisen, die ins Wasser gefallen waren, paddelten angestrengt auf die Mitte zu, wo sich eine große Ameisenmasse aneinanderklammerte und eine schwimmende Kugel bildete, die kaum mit der Oberfläche in Berührung kam. Die Ameisen im Inneren dieser Kugel bewegten sich langsam, sodass sie ständig die Plätze wechselten. Zwar gab es am Rand das eine oder andere Tier, das sich nicht mehr regte und wahrscheinlich tot war, doch das Gros war eindeutig nicht in Gefahr zu ertrinken, weil es von den Körpern seiner Kameraden getragen wurde. Die gesamte Masse näherte sich allmählich dem Tassenrand, angetrieben von den Bewegungen der Ameisen.
»Das ist ja toll«, sagte sie fasziniert und setzte sich neben ihn, um die Ameisen zu beobachten, bevor sie schließlich Gnade verordnete und ihn die Ameisenkugel auf einem Blatt aus dem Wasser heben ließ. Kaum waren die Tiere auf dem Boden gelandet, als sie sich auch schon verstreuten und wieder ihrer Arbeit nachgingen.
»Meinst du, sie machen das absichtlich?«, fragte sie Jem. »Sich so aneinanderklammern, meine ich. Oder suchen sie nur irgendetwas, woran sie sich festhalten können?«
»Weiß nicht«, sagte er achselzuckend. »Ich sehe nach, ob es in meinem Buch steht.«
Sie sammelte die Überreste des Picknicks ein, ließ aber ein oder zwei Keksstückchen für die Ameisen liegen, weil sie fand, dass sich die Tiere das verdient hatten. Mandy war davonspaziert, während sie und Jem die Ameisen in der Teetasse beobachteten, und hockte jetzt etwas oberhalb im Schatten eines Busches, wo sie in eine lebhafte Unterhaltung mit einem unsichtbaren Gesprächspartner vertieft war.
»Mandy wollte mit Opa sprechen«,
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