Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
vor langer Zeit verrottet und durch billiges Eisen ersetzt worden, das wiederum verrostet war. Die Tür hing zwar noch in ihrem Rahmen, aber nur gerade eben. Er öffnete den Riegel und schob die schwere, splitternde Holztür einwärts, indem er sie anhob, damit sie nicht über den Boden schabte.
Draußen war es noch hell; es würde erst nach acht Uhr richtig dunkel werden, und jetzt war es halb sieben. Im Inneren des Turms jedoch war es dunkel wie in einem Brunnenschacht. Er leuchtete mit der Taschenlampe auf den Boden und sah frische Spuren auf dem schmutzbedeckten Steinboden. Aye, es war jemand hier gewesen. Jem war zwar gewiss in der Lage, die Tür aufzuschieben, doch sie hatten es den Kindern verboten, allein in den Turm zu gehen, und Jem schwor, dass er das auch nicht getan hatte.
»Halloooo!«, rief er und erhielt eine aufgeschreckte Bewegung irgendwo weit oben zur Antwort. Er umklammerte instinktiv seinen Stock, doch er begriff sofort, woher das Flattern und Rascheln kam. Fledermäuse, die kopfunter unter dem konischen Dach hingen. Er schwenkte die Taschenlampe über den Boden und sah ein paar zusammengeknüllte Zeitungsseiten an der Wand liegen. Er hob eine davon auf und roch daran: alt, aber der Geruch nach Fisch und Essig war noch auszumachen.
Er hatte zwar ohnehin nicht geglaubt, dass Jem die Geschichte mit dem Nuckelavee erfunden hatte, aber dieser sichtbare Beweis, dass hier kürzlich jemand gewesen war, bekräftigte ihn in seiner Wut. Dass sich jemand nicht nur auf seinem Grundstück herumtrieb, sondern dazu seinen Sohn bedrohte … Fast hoffte er, der Kerl wäre noch da. Er hätte sich gern mit ihm unterhalten.
Doch er war nicht mehr da. Niemand, der bei Verstand war, wäre in die oberen Etagen des Turms gestiegen; die Dielen waren halb verrottet, und als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er die Löcher in der Zwischendecke sehen, durch die das Licht der schmalen Fenster weiter oben fiel. Roger hörte zwar nichts, doch der Drang, wirklich sicherzugehen, schob ihn die schmale Steintreppe hinauf, die sich wie eine Spirale an der Innenwand des Turms entlangzog. Auf jeder Stufe tastete er nach losen Steinen, bevor er ihr sein Gewicht anvertraute.
Auf dem oberen Zwischenboden störte er einen Schwarm Tauben auf, die in Panik gerieten und an der Wand entlangwirbelten wie ein gefiederter Tornado, der es Daunenfedern und Kot regnen ließ, bevor sie den Weg aus den Fenstern fanden. Er drückte sich fest an die Wand, und sein Herz klopfte heftig, als
sie blindlings an seinem Gesicht vorbeiflatterten. Irgendetwas – Ratte, Maus, Wühlmaus – lief ihm über den Fuß, und er zuckte krampfhaft zusammen. Fast hätte er dabei seine Taschenlampe verloren.
Das Innere des Turms war lebendig, kein Zweifel; auch die Fledermäuse regten sich jetzt, verängstigt durch den Lärm von unten. Doch keine Spur von einem Eindringling, ob Mensch oder nicht.
Unten angelangt, steckte er den Kopf ins Freie, um Brianna zu signalisieren, dass alles in Ordnung war, dann schloss er die Tür und strich sich auf dem Rückweg zum Haus den Staub und die Taubenfedern von den Kleidern.
»Ich sorge dafür, dass die Tür neue Schließbänder und ein Vorhängeschloss bekommt«, sagte er wenig später an die alte Steinspüle gelehnt zu Brianna, während sie mit den Vorbereitungen für das Abendessen begann. »Obwohl ich nicht glaube, dass er zurückkommen wird. Wahrscheinlich nur ein Vagabund.«
»Meinst du, er kommt aus Orkney?« Sie war beruhigter, das konnte er sehen, doch sie hatte immer noch eine Sorgenfalte zwischen den Augen. »Du hast gesagt, daher kommen die Geschichten über den Nuckelavee. «
Er zuckte mit den Achseln.
»Möglich. Aber diese Geschichten gibt es in gedruckter Form; der Nuckelavee ist zwar nicht so verbreitet wie Kelpies oder Elfen, aber jeder könnte irgendwo darüber lesen. Was ist denn das?« Sie hatte den Kühlschrank geöffnet, um die Butter herauszuholen, und er hatte die Champagnerflasche mit dem glänzenden Folienetikett erspäht.
»Oh, das.« Sie sah ihn an, bereit zu lächeln, doch mit einer gewissen Anspannung im Blick. »Ich, äh, habe die Stelle bekommen. Ich dachte, wir könnten … feiern?« Ihre vorsichtige Frage traf ihn mitten ins Herz, und er schlug sich auf die Stirn.
»Himmel, ich habe ganz vergessen, dich danach zu fragen! Das ist ja toll, Brianna! Ich habe es gewusst«, sagte er und legte all seine Wärme und Überzeugung in sein Lächeln. »Ich habe nicht eine
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