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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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begannen schwarze Flecken zu tanzen.
    Zwei Dutzend leere Flaschen mit Goldverschlüssen. Darunter zwei flache Schubladen. Und darüber glänzten die Einzelteile eines in Messing gefassten Mikroskops in ihrem Bett aus Samt.
    Meine Knie gaben nach, und ich fiel in Ohnmacht. Ich begrüßte die Kühle des Holzbodens unter meiner Wange.

94
    DIE PFADE DES TODES
    I n der Nacht lag ich in der zerwühlten Hölle meines Bettes und suchte nach dem Weg in den Tod. Mit jeder Faser meines Seins sehnte ich mich danach, aus der Gegenwart zu scheiden. Ob das, was auf der anderen Seite des Lebens lag, nun unerträumte Herrlichkeiten waren oder nur das gnadenvolle Nichts – auf jeden Fall war die Ungewissheit meinem gegenwärtigen, unausweichlichen Elend vorzuziehen.
    Ich kann nicht sagen, was mich davon abhielt, schlicht und brutal die Flucht zu ergreifen. Die Mittel standen mir ja jederzeit zur Verfügung. Ich hatte die freie Wahl zwischen Pistolenkugel oder Messers Schneide, zwischen Giften, die einen Menschen sofort fällten, oder solchen, die ihn hinwegdämmern ließen.
    Wie verrückt kramte ich zwischen den Fläschchen und Behältern meiner Arzneitruhe, ließ Schubladen und Türen offen stehen, durchwühlte mein Wissen und meine Erinnerungen genauso hastig wie die Truhe und schleuderte Fläschchen und Dosen und Bruchstücke der Vergangenheit zu einem Haufen auf den Boden.
    Schließlich glaubte ich, alles zu haben, und stellte sie nacheinander vor mir auf der Tischplatte auf.
    Aconit. Arsen …
    So viele Todesarten, zwischen denen ich wählen konnte. Wie also?
    Der Äther. Das würde die einfachste Methode sein, wenn auch nicht unbedingt die sicherste. Mich hinzulegen, einen dicken Stoffbausch mit der Flüssigkeit zu tränken, mir die Maske über Mund und Nase zu legen und schmerzlos davonzutreiben. Doch es war stets möglich, dass mich jemand fand. Oder dass mein Kopf in der Bewusstlosigkeit zur Seite fiel oder ich Krämpfe erlitt, die den Bausch wieder lösten, sodass ich doch wieder in der schmerzenden Leere erwachte, die mein Dasein war.
    Einen Moment lang saß ich still. Wie im Traum streckte ich dann die Hand nach dem Messer aus, das noch auf dem Tisch lag, wo ich es vergessen hatte, nachdem ich Flachsstängel damit geschnitten hatte. Das Messer, das Jamie mir gegeben hatte. Es war scharf; seine Kante glänzte roh und silbern.
    Es würde sicher sein, und es würde schnell gehen.
     
    JAMIE FRASERSTAND AN DECK DER PHILOMENE UND SAH DEM ENDLOSEN Dahinströmen des Wassers zu, während er über den Tod nachdachte. Immerhin hatten diese Gedanken jetzt keinen persönlichen Bezug mehr, nachdem die Seekrankheit
– endlich, endlich – nachgelassen hatte. Jetzt waren seine Gedankengänge eher abstrakter Natur.
    In Claires Augen, so dachte er, war der Tod stets der Feind. Etwas, das man unablässig bekämpfte, dem man sich nie ergab. Ihm war der Tod genauso vertraut wie ihr, doch er hatte gezwungenermaßen seinen Frieden damit geschlossen. Zumindest glaubte er das. Wie die Vergebung war dies keine Kunst, die man sich einmal aneignete und dann bequem beiseitelegte, sondern es bedurfte der ständigen Übung. Den Gedanken an die eigene Sterblichkeit zu akzeptieren und das Leben dennoch auszuschöpfen, war ein nahezu sokratisches Paradox. Und der weise Athener hatte genau jenes Paradox mit dem Hauch eines Lächelns gelebt.
    Er hatte dem Tod schon oft genug von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden – und erinnerte sich noch lebhaft genug an all diese Begegnungen -, um zu begreifen, dass es in der Tat Schlimmeres gab. Wie viel besser zu sterben, als trauernd zurückzubleiben.
    Er empfand immer noch etwas, das schlimmer war als Schmerz, wenn er seine Schwester ansah, zierlich und einsam, und dann im Kopf das Wort »Witwe« hörte. Es passte nicht zu ihr. Das konnte sie nicht sein, sie konnte nicht auf diese brutale Weise abgetrennt sein. Es war so, als sähe er zu, wie sie in Stücke geschnitten wurde, ohne dass er etwas tun konnte.
    Nach diesem Gedanken wandte er sich seinen Erinnerungen an Claire zu, seiner Sehnsucht nach ihr, ihrer Flamme, die im Dunkeln seine Kerze war. Ihre Berührung Trost und Wärme, die über das rein Körperliche hinausgingen. Er erinnerte sich an den letzten Abend vor ihrem Aufbruch. Sie hatten sich auf der Bank vor dem Turm an den Händen gehalten; er hatte den Herzschlag in ihren Fingern gespürt, und der seine hatte sich ihrem warmen, eiligen Puls angepasst.
    Seltsam, wie die Gegenwart des Todes so

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