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Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Titel: Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gil Adamson
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küssen.«
    Jetzt sieht sie ihre Schwester an, deren Wangen rosig vom Wein sind. Sogar ich weiß, dass die beiden Schwestern immer noch miteinander konkurrieren: Wer fährt schneller, wer hat das bessere Gedächtnis, wer hat zuerst die Sternschnuppe gesehen. Und die Vergangenheit ist nie vergessen. Letztes Weihnachten hatte sich meine Tante beklagt: »Es war nicht fair. Du warst immer Tarzan, und ich musste den Affen machen.«
    Ich bin jetzt acht, liege in meinem Zimmer und höre zu, wie eins der Kinder rasselnd durch die Nase atmet. Wieder sind meine Cousins und Cousinen zu ihrem jährlichen Besuch da, und wir haben beschlossen, alle in meinem Zimmer zu schlafen, sogar der fünfjährige Andrew, der mit in meinem Bett schläft. Er liegt mit dem Kopf am Fußende, auf seinem Eishockeykissen, das er mitgebracht hat. Wir haben alle einen schlimmen Sonnenbrand, sind müde, und eine der Cousinen ist auf etwas allergisch, deshalb die immer wieder stockenden Rasselgeräusche in ihrer Nase. Andrew setzt sich auf und tastet auf dem Nachttisch nach seiner Brille.
    »He«, flüstert er und blinzelt mich durch die Gläser an.
    »Was ist?«
    »Was würdest du lieber essen, ein totes Eichhörnchen oder eine lebendige Schlange?«
    Jemand stöhnt im Schlaf. Ein anderes Kind, das näher an der Tür liegt, sagt: »Ein totes Eichhörnchen.«
    »Gut. Wenn ihr euren besten Freund oder eure Eltern töten müsstet, wen würdet ihr nehmen?«
    Zwei Stimmen jetzt: »Die Eltern.«
    »Na toll.«
    »Gut«, fährt Andrew fort, »Was wäre, wenn ihr …«
    Die Stimmen quasseln weiter, ich lasse mich tiefer in die Matratze sinken und blende die Tonspur aus. Manchmal hat man das Gefühl, die Eltern sind der einzige Puffer zwischen einem selbst und dem Untergang. Aber bekanntlich können Eltern auch sterben. In der Schule war ein Mädchen … Ich bin sicher, meine Mutter wird mit so gut wie allem fertig, aber um Dad habe ich manchmal Angst – er fährt sein Auto wie einen Rennbob, den Ellbogen im offenen Fenster. Einmal habe ich geträumt, dass mein Vater erfroren ist, als das Auto im Winter auf einsamer Strecke liegen blieb. In meinem Traum wollte plötzlich keiner zugeben, dass Dad jemals existiert hat. Voller Angst bin ich aufgewacht. Am Nachmittag hat Dad dann sowohl den Geschirrspüler als auch den Rasenmäher zerlegt; ich habe ihn nicht aus den Augen gelassen. Habe ihm Witze erzählt, Fragen gestellt, ihn ständig zwischen den beiden Schrotthaufen hin und her verfolgt.
    Als Andrew und einer der Cousins erörtern, ob es etwas bringt, gegen die Krokodile in der Kanalisation Starkstrom einzusetzen, bin ich schon am Wegdämmern. Niemand hat bemerkt, dass die Nasenrasslerin aufgewacht ist und jetzt geräuschlos auf mein Bett zurobbt. Gleich, wenn das Gespräch auf Riesenspinnen übergeht, wird sie durch die Bettdecke nach dem Bein meines Bruders grapschen, und Andrew wird einen Schrei ausstoßen, schrill wie der Pfiff einer Dampflok, und nach mir treten.
    Andrews Schrei ist legendär. Er schließt die Augen und ballt die kleinen Fäuste, dass sie zittern, und wenn er fertig ist, grinst er mit puterroten Bäckchen. Alle wollen seinen Schrei hören. Die größeren Kinder in der Schule haben es mit Schikanieren probiert, aber dann knurrt und mault er bloß. Deshalb sind sie dazu übergegangen, ihm etwas zu zahlen, damit er schreit. Andrew hat schon ganz schön Kohle gemacht. Im nächsten Augenblick werden wir alle – Cousins und Cousinen, Eltern, sämtliche Hunde, vielleicht sogar ein paar Nachbarn – starr vor Schreck die Augen aufreißen und hören, wie ein kleiner Junge vom Himmel fällt, wie er hilflos zwischen Wolkenkratzern in die Tiefe stürzt und eine Katastrophe über uns alle bringt. Dem anschließenden Schweigen wird Andrews leises, irres Lachen folgen, dann der müde Tritt von Erwachsenen auf der Treppe. Im ganzen Haus hämmern die Herzen.

Der Himmel ist ein Ort, der mit H anfängt
    Am Vormittag gegen neun fährt mein Großvater in seinem Cabrio vor und fragt mich, ob ich nicht mit zum Strand will. Das finde ich toll und renne auf die Autotür zu – aber dann sehe ich die Bescherung. Er hat einen toten Hund auf dem Rücksitz liegen, und als ich frage »Was ist denn das?«, antwortet er. »Das ist Rufus.« Dabei dreht er sich nicht einmal um. »Stimmt’s, alter Junge?«, fragt er, ohne ihn anzusehen. Mir steigt schon der Gestank in die Nase, da kommt meinem Großvater eine Idee. »Wer als Erster dort ist!«, schreit er, tritt das

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