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Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Titel: Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gil Adamson
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schaue in die Schubladen, öffne das Badschränkchen und inspiziere Pillenpackungen, Knipszangen und Rasierschaum. Eine öde Suche. Keine Pariser oder Sexutensilien. Keine Drogen. Keine peinlichen Gedichte oder Briefe. Keine Medikamente gegen widerliche oder schlimme Krankheiten. Ich suche sehr lange, aber heraus kommt nichts.
    Ich steige im Dunkeln die Treppe wieder hinunter; Arnie jagt panisch hin und her, als ich vorbeigehe. Ich nehme mein Fernglas und mache mich auf zur Tür. Aber etwas bremst mich. Eigentlich will ich zurzeit gar nicht nach Hause; ich weiß nicht, was mich erwartet, wenn ich heimkomme – vielleicht wütet meine Mutter oder mein Vater stumm vor sich hin oder redet mit Andrew, ein Versuch, Kontakt mit dem Mars aufzunehmen. Ich stehe in der Diele der Drapers und richte das Fernglas auf unsere Haustür. Der Türknauf kommt in Sicht, groß wie ein Kürbis, reglos und seltsam. Ich schwenke das Fernglas weiter; Bäume lösen sich auf, Farben und Formen verwischen und setzen sich neu zu den Umrissen meines Vaters zusammen.
    »Dad«, sage ich.
    Er steht im Garten hinter dem Haus, im Dunkeln, die Hände in den Hosentaschen. Er steht einfach da und denkt nach. Und plötzlich sehe ich meinen Vater, wie er wirklich ist: freundlich, ein bisschen durcheinander und von Tag zu Tag einer Zukunft entgegentreibend, der er sich nicht mehr entziehen kann.

Hippies
    Ich sitze auf dem Dach unseres Hauses und lasse die Beine über die Kante baumeln. Ich kneife ein Auge zusammen und verdecke erst mit dem einen, dann mit dem anderen Laufschuh die parkenden Autos unten. Vier Dächer weiter hockt eine orangefarbene Katze mit dickem Kopf, die mich böse beäugt. Ich habe sie noch nie gesehen. Vielleicht lebt sie hier oben und schnappt sich Vögel aus der Luft. Sie dreht ihren dicken Kopf und blickt zum Gehweg hinunter, wo jemand steht.
    »Oh mein Gott!«, schreit eine Stimme.
    Es ist die Stimme von Mrs. Baze. Sie ist knapp über eins dreißig, trägt komische Hüte und schielt stark; jetzt winkelt sie den Kopf so ab, dass sie mich mit dem einen Auge sieht. Dann schwenkt sie den Kopf, bis sie mich mit dem anderen Auge fixieren kann, und rennt überstürzt die Eingangsstufen zu unserem Haus hinauf.
    »Oh-oh«, sage ich. »Schick, schick, der Blick.« Einer der Sprüche meiner Mutter.
    Unsere Fernsehantenne knarzt im Wind. Ich lege mich zurück und lasse mich von der Sonne bescheinen. Die Katze stelzt über Kies und Teerpappe davon.
    Manchmal komme ich in der Nacht herauf und schaue über die Stadt, über die funkelnden Lichter und die Autos auf den Straßen. Flugzeuge fliegen über mir vorbei, unsichtbar und nur an den Blinklichtern und dem feinen, fernen Sirren der Turbinen zu erkennen. Wenn ich hochsehe, spüre ich das Haus unter mir versinken, und der weiche schwarze Himmel dehnt sich aus, als wäre er ein lebendes Wesen.
    Das Beste ist, wenn jemand durch den schmalen Durchgang geht und ich Steinchen hinunterwerfen kann. Dann sehen meine Opfer eine Weile zu Boden, und in ihrem Gehirn surren die Rädchen. Schließlich blicken sie hoch, und ich muss lachen. Ich sehe die Leute unten mit pendelnden Armen vorbeilaufen. Mein Vater kommt mit dem Rasenmäher in den Durchgang, und ohne aufzusehen oder beim Mähen innezuhalten, ruft er zu mir hoch, ich soll den Scheiß lassen.
    Aber eigentlich ist es Dad egal. Außerdem ist einen Stock tiefer das Verandadach, weshalb also sollte er sich Sorgen machen, dass ich abstürze? Aber für Mrs. Baze ist eine Jugendliche auf dem Dach eine Ungeheuerlichkeit. Ich nähre ihr Vorurteil, die Jugend sei verwahrlost. So ist Mrs. Baze überzeugt, dass sich im Park hinter ihrem Haus Hippies versammeln und leere Fuselflaschen über ihren Zaun werfen. Das mag schon mal vorgekommen sein, aber in ihrer Fantasie ist sie ständig fliegendem Müll ausgesetzt – und unser Viertel befindet sich im Ausnahmezustand. Die Welt ist für Mrs. Baze eine einzige Bedrohung, überall sieht sie Ärger und Ungemach. Sie lädt ihre Sorgen bei der Polizei ab, bei der Feuerwehr, bei den Wasserzähler-Ablesern, bei Vertretern, bei ihrem Tierarzt, bei jedem Nachbarn, der lange genug stehen bleibt. Ich habe im Supermarkt erlebt, wie sie sich über Zuckerpackungen beugt und sagt: »Das kann doch nicht der Preis sein!« Jungs in roten Schürzen etikettieren die Ware und schlurfen zum nächsten Stapel, weg von ihr, schlurfen und etikettieren ungerührt weiter.
    »Lass dich nicht noch mal von ihr erwischen, sonst bring ich dich

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