Hilfe! Gaby in Gefahr!
sich
nicht konzentrieren, starrte Löcher in die Luft, futterte aber nur zwei
Stückchen Schokolade, um ,Hunger zu bunkern’ — wie er das nannte — für heute
abend.
Und da hatte Klößchen sich eine
Menge vorgenommen, denn auf dem Fest würden sich bestimmt die Tische biegen
unter lauter Köstlichkeiten. Christian hatte ihm schon sowas angedeutet, und
die Rüblers wie die Minkmanns waren Feinschmecker.
Wie immer, nutzte Tim die Zeit
aus in höchster Konzentration, büffelte lateinische Grammatik, löste
mathematische Probleme, lernte geschichtliche Daten und prägte sich die
Zusammenhänge ein, die zwischen diesen nüchternen Eckpfeilern bestehen.
Durchs Klassenfenster schickte
die Spätsommer-Sonne braune, warme Strahlen herein. Dr. Niedermacher, der heute
Aufsicht hatte — was nicht zu verwechseln ist mit den Aufgaben des EvD — , saß
vorn an seinem Tisch und las; er war ganz und gar nicht Vorbild, denn er las
einen offenbar trivialen (flachgeistigen) Krimi, wie das Titelbild
verriet. Ein Würger drückte einem schönen Mädchen die Luft ab — hinterrücks,
und Tim mußte gleich wieder an den Unhold denken.
Wie würde der vorgehen?
Was war sein nächster Schritt?
Am liebsten, dachte der
TKKG-Häuptling, stünde ich ständig neben Gaby. Wenn ich mich da abwechseln
könnte mit Kommissar Glockner — das wäre ideal. Er schläft, ich wache — und
umgekehrt, und Gaby ist sicher vor dem Triebi, dem übergeschnappten.
„Was meinst du?“ fragte
Klößchen. „Ob sie Bratwürste grillen?“
Tim war dabei, seine Bücher in
die Mappe zu schieben. Denn in wenigen Minuten würde es läuten.
„Herr Rübler sagte, sie braten
ein ganzes Spanferkel.“
„Phantastisch!“
„Mir tut das Spanferkel leid.
So jung — und mußte schon sterben wegen der Verfressenheit der
Gartenfest-Veranstalter.“
„Die Menschen sind nun mal
Allesfresser. Pflanzen, Körner, Fleisch...“
„...und Schokolade“, ergänzte
Tim.
Dann ertönte der langersehnte
Gong, und die Jungs der Unter- und Mittelstufe wurden endlich in den freien
Abend entlassen.
13. Gartenfest bei Minkmanns
Geduscht, naß gekämmt und im
weißen Pullover — Klößchen meinte, Tim sähe schick aus.
Auch sein dicker Freund hatte
sich in Schale geworfen, trug einen gelben Pullover und die neuen Jeans, die
unten aber noch nicht umgenäht waren, weshalb er die Hosenbeine aufrollte.
19 Uhr. Die Stahlrosse blieben
im Fahrradschuppen. Denn Dr. Niedermacher, in Internatskreisen Lothar genannt,
hatte ein Auto. Sause-Ente nannte er das französische Leichtmodell, das schon
lange nicht mehr gebaut wird, aber immer noch kostengünstig fährt.
Klößchen breitete sich aus im
Fond, Tim saß neben dem Fahrer, Lothar war gewandet in seine pinkfarbene
Freizeitkluft, und die Ente setzte sich zögernd, aber gutwillig in Bewegung.
Lothar hatte der Universität
noch nicht lange den Rücken gekehrt, unterrichtete Chemie, Physik und Sport —
mit einer Vorliebe für Volleyball, weshalb er und Tim sich sehr gut verstanden,
denn Volleyball ist auch eine Lieblingsdisziplin des TKKG-Häuptlings.
„Stimmt das, was ich gehört
habe?“ fragte Lothar.
„Was haben Sie gehört?“
„Ein Triebverbrecher mache Jagd
auf Gaby.“
„Stimmt leider.“ Tim seufzte.
„Indirekt bin ich schuld daran. Weil er sich an mir rächen will, bedroht er
Gaby mit seiner Bestialität.“
Tim erzählte.
Lothar stöhnte ein paarmal vor
Schreck, wobei er die mageren Wangen aufblies — seine Mimik, wenn er sich
entsetzte oder was nicht fassen konnte.
„Kommissar Glockner wird
bestimmt alles in die Wege leiten, damit dieser Kerl gefaßt wird.“
„Garantiert“, nickte Tim.
Klößchen sagte: „Aber bei einem
Halb-Verrückten weiß man ja nie, wie er sich verhält. Das erschwert die
Fahndung.“
„Ist Gaby sehr verängstigt?“
fragte Lothar.
„Sie läßt sich nichts
anmerken“, erwiderte Tim. „Und ich glaube, sie kann sich gar nicht richtig
vorstellen, wie brutal so ein Scheusal ist.“
Die Sause-Ente wackelte im
Abendwind, der auch durch allerlei Ritzen und Spalten hereinpfiff.
Sie erreichten die Stadt. Die
,Rush-Hour’ (Hauptverkehrszeit) war vorbei. Die Menschheit drängte zum
Futternapf und/oder vor die Glotze. Kein Chaos also auf den Straßen, und die
Rübler-Adresse war bald schon erreicht.
Als sie ausstiegen, hielt ein
weißer BMW hinter der Sause-Ente.
Kommissar Glockner lieferte
seine Tochter an und stieg natürlich aus, um alle zu begrüßen —
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