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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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Bestätigung und Schutz sucht. Nun ja, darum brauchte sie sich jetzt keine Sorgen mehr zu machen. Sie würde nicht allein alt werden, in welchem Zustand auch immer, das wusste sie nun.
    Als sie das Ende des Devonshire Drive erreichte, riss der Nebel auf und verwandelte sich von einer dichten Bank in dünnere Schwaden und Schleier, die sich um die Motorhaube des Wagens wanden. Jetzt wurden dunkle Flecken sichtbar, in denen Häuser und Straßenlaternen in deutlichem Orange und Gold leuchteten. Nach dem Abbiegen in den Barn Close konnte Angela Randall ihr eigenes, weiß gestrichenes Gartentor erkennen. Sie stieß einen langen Seufzer aus, entspannte Nacken und Schultern. Ihre Hände krampften sich schweißnass um das Lenkrad. Doch sie war zu Hause. Vor ihr lagen ein langer Schlaf, das Wochenende und vier freie Tage.
    Als sie aus dem Auto stieg, legte sich der Nebel wie feuchte Spinnweben auf ihre Haut, aber vom Hügel wehte eine leichte Brise auf sie zu. Vielleicht würde sich dadurch der Nebel völlig auflösen, bis sie bereit war, im ersten Morgenlicht wieder hinauszugehen. Sie war müder als gewöhnlich nach dieser schlimmen Nacht und der unerfreulichen Fahrt, aber es wäre ihr nie eingefallen, den üblichen Ablauf zu verändern. Angela Randall war eine ordentliche Frau mit festen Gewohnheiten. In letzter Zeit war nur eines passiert, das den um sie aufgebauten schützenden Kokon durchbrochen hatte und Unordnung und Chaos hervorrufen konnte, aber die potenzielle Unordnung und das Chaos schmeckten süß, und sie hatte es, zu ihrer eigenen Verwunderung, begrüßt.
    Trotzdem hielt sie sich zunächst weiterhin an ihren Ablauf, und außerdem würde sie es, wenn sie das Laufen auch nur einen Tag lang verpasste, beim nächsten Mal spüren, sich etwas weniger geschmeidig fühlen, etwas weniger leicht atmen können. Der Doktor hatte ihr geraten, Sport zu treiben, und sie vertraute ihm vollständig. Selbst wenn er von ihr verlangt hätte, sich kopfüber drei Wochen lang an einen Ast zu hängen, hätte sie es getan. Aber kein Sport reizte sie, darum hatte sie mit dem Laufen begonnen – zuerst nur flottes Gehen, dann Jogging, wobei sie ihre Geschwindigkeit stets gesteigert hatte und mittlerweile täglich drei Meilen lief.
    »Ein ausgeglichenes Leben«, hatte er gesagt, als sie ihm erzählte, dass sie sich für ein zweites Fernstudium angemeldet hatte. »Man muss sich sowohl um den Geist wie auch den Körper kümmern. Ein altmodischer Ratschlag, aber deswegen kein schlechter.«
    Sie betrat ihr aufgeräumtes, blitzsauberes Haus. Die Teppiche, ein Luxus, für den sie sorgsam gespart hatte, waren dick und exakt ausgemessen. Als sie die Haustür schloss, war um sie herum nur noch die Stille, die sie so sehr genoss, eine weiche, tiefe Stille, wattiert, tröstlich.
    Alles war an seinem Platz. In gewissem Sinne war das Haus bis vor kurzem ihr Leben und mehr gewesen, als jede Familie, jedes menschliche Wesen oder Haustier ihr hätte geben können. Auf beruhigende Weise war es genauso, wie sie es am Abend zuvor verlassen hatte. Es gab niemanden, der etwas hätte umstellen können. Angela Randall verließ sich auf Barn Close 4, und es hatte sie nie enttäuscht.
    Während der nächsten Stunde aß sie ein Müsli mit klein geschnittener Banane und trank eine Tasse Tee. Ein Ei auf Toast mit einer Scheibe magerem Speck, Tomaten und weiterer Tee würden nach dem Laufen folgen. Jetzt deckte sie alles mit einem Tuch ab, die Pfanne, den Brotlaib, die Butter, füllte den Wasserkessel auf, leerte und spülte die Teekanne aus. Alles war bereit für später, nach dem Lauf und der Dusche.
    Sie hörte sich die Nachrichten im Radio an und las die Titelseite der Zeitung, die der Zeitungsbote gerade gebracht hatte, ging dann nach oben in ihr hellblaues Schlafzimmer, zog ihre Uniform aus, warf sie in den Wäschekorb, streifte ein sauberes, frisch gebügeltes, weißes T-Shirt und einen hellgrünen Trainingsanzug über, dazu weiße Socken und Laufschuhe. Das gebürstete Haar wurde von einem weißen Elastikstirnband zurückgehalten. Sie steckte sich drei eingewickelte Traubenzucker in die Tasche und hängte sich den Ersatzhausschlüssel an einem Band unter der Trainingsjacke um den Hals.
    Als sie die Haustür hinter sich schloss, war in den Nachbarhäusern mehr Licht zu sehen, und über dem Hügel brach eine dünne, nasskalte Morgendämmerung an. Der Nebel hing immer noch in der Luft, waberte zwischen den Bäumen und Büschen an den Hängen, wirbelte hoch,

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