Hill, Susan
Bösen direkt ins Gesicht.
Die sechs Sargträger der Polizei, einschließlich Simon und Nathan Coates, traten vor und hoben Freyas Sarg auf ihre Schultern.
Gott helfe uns, dachte Cat, betrachtete das helle Holz, den Kranz aus weißen Rosen und Freesien auf dem Sargdeckel, die ernsten Gesichter der Träger. Sie senkte den Kopf, als sie an ihr vorbeikamen. Lieber Gott …
Aber darüber hinaus nichts. Die Beerdigungen von Debbie Parker und Iris Chater waren kleinere Angelegenheiten in anderen Kirchen gewesen, traurige, trostlose Ereignisse, voll unbeantworteter Fragen und Bestürzung und Wut, ohne das Gefühl einer Auflösung. Doch hier, während die Orgel Bachs »Erwachet, ihr Schläfer« spielte, schien es eine Art Auflösung zu geben, einen Schimmer von Richtigkeit. Tod war Zerstörung, Auseinanderbrechen, Hässlichkeit, aber ein Trauergottesdienst wie dieser warf einen Lichtstrahl und spendete Trost, spendete Kraft.
Wo wäre ich und wie sollte ich weitermachen, wenn ich das nicht hätte?, dachte Cat.
Die Ehrengarde der Polizei säumte den Pfad vor der Kathedrale, als der Sarg zum Leichenwagen getragen wurde, und hier und da blitzten im Sonnenlicht Silber und Gold auf und fiel für Sekunden auf die weißen Blumen und das helle Holz, bevor der Wagen im Schatten verschwand.
Die Menschen, die aus der Kirche kamen, verteilten sich in Paare und Gruppen, sprachen leise miteinander, warteten auf die offiziellen Wagen oder gingen zu Fuß weg. Im Schutz eines der hohen Strebepfeiler bei der Seitentür weinte Nathan Coates hemmungslos in Emmas Armen.
Jim Williams bog alleine in den Kathedralenhof ein, ohne zurückzublicken, war sich nicht sicher, warum er hergekommen war, ob er froh darüber war oder nicht, und ein paar Meter entfernt beobachtete ihn Netty Salmon, überlegte kurz, ob sie ihn ansprechen sollte, und tat es dann doch nicht.
Allmählich leerte sich der Vorplatz. Als Erstes gingen die hochrangigen Polizeibeamten. Im Polizeirevier Lafferton lag ein Kondolenzbuch für Freya Graffham aus, in das sich jeder aus der Gemeinde eintragen konnte.
»Sir.«
Simon sah sich um. »Nathan.«
»Da war alles drin … in dem, was Sie gesagt haben.«
»Vielen Dank.«
»Aber ich glaub es nicht, ich glaub einfach nicht, dass sie in dem Sarg lag, den wir gerade getragen haben. Ich krieg’s einfach nicht in meinen Kopf.«
»Nein.«
»Nathan …«, sagte Emma sanft.
Nathan wischte sich über die Augen. »Ja, ich weiß. Ich wollt nur sagen, dass wir heiraten, Chef. Wir wollten noch warten, wollten eine richtige Feier, aber … das geht nicht. Jetzt nicht mehr. Wir gehen Donnerstagmorgen aufs Standesamt, ganz früh. Nur wir und meine Brüder und Emmas Mum und Dad. Nur …«
»Würden Sie einer unserer Trauzeugen sein?«, beendete Emma den Satz für ihn.
»Ich würde mich sehr geehrt fühlen.«
»Danke. Vielen Dank. Wir sehen uns ja gleich noch auf dem Revier.«
Sie gingen los, wurden von einem anderen Kollegen mitgenommen.
Simon hatte seinen Fahrer gebeten, nicht zu warten. Nachdem die Letzten gegangen waren und er die Chorknaben aus der Seitentür der Kathedrale kommen hörte, drehte er sich um und ging wieder hinein. Die Kirche schien noch von dem Gottesdienst widerzuhallen, den Tönen der Orgel, den Stimmen, den Gebeten. Es war warm, roch nach Blumen und Mänteln. Einige Gottesdienstprogramme waren in den Bänken liegen geblieben.
Langsam ging er den Seitengang entlang und schaute auf die Stelle, wo Freyas Sarg gestanden hatte. Freya. Er sah sie nicht vor sich und wusste im Moment nicht, was er empfand oder dachte. Das würde kommen. Er war ein Mann, der solche Dinge an ihren Platz fallen ließ, wenn es so weit war.
Seine Gedanken an Aidan Sharpe waren nicht klarer und würden es vermutlich nie sein. Cat hatte gesagt, dass man Menschen wie ihn nur dem Verständnis Gottes überlassen konnte. Simon war sich nicht sicher.
Ein Küster löschte die Kerzen, ein weiterer sammelte die Gesangbücher ein und trug sie in ordentlichen Stapeln weg. Ein plötzliches Quietschen ertönte und dann ein einzelner Basston von der Orgel. Simon sah nach oben. Der Organist klappte seine Noten zusammen und knipste das Licht über dem Notenständer aus.
Draußen war es still, und die Sonne war schon fast über die große Westtür hinweggeglitten.
Simon trat rasch hinaus in den Kathedralenhof und ging auf seine Wohnung zu. Er würde nicht mehr zum Revier fahren. Sollten sie denken, was sie wollten. Für den Rest des Tages mochte
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