Himbeereis mit Aussicht
Arbeitsstelle zu genießen!“, konnte man direkt Rosas zufriedenes Grinsen durch das Telefon hören. Dann setzte sie noch einen Satz hinzu, bevor sie das Telefongespräch beendete.
„Männer sind besser als Himbeereis!“
Ob das stimmte konnte Thea nicht beurteilen. Aber wenn einer besser sein wollte wie Himbeereis, musste er sich schon gewaltig anstrengen!
* * *
Als Theas Mutter kurz nach fünf nach Hause kam, war das für sie nur ein kurzer Zwischenstopp, bevor sie um sechs zu ihrem zweiten Job los musste. Darum beschränkte sich die Unterhaltung zwischen Mutter und Tochter auch auf das Wesentliche.
„Ich habe mir heute einen Nebenjob gesucht, Mama“, erzählte Thea währende sie zusammen am Küchentisch saßen.
„Bist du sicher, dass du das mit der Schule vereinbaren kannst, Thea?“
Thea sah die Sorgen, die sich ihre Mutter machte und beruhigte sie schnell.
„Kein Problem, Mama. Wenn ich merke, dass es nicht klappt, dann höre ich wieder auf!“
„Die Schule geht auf jeden Fall vor“, mahnte Theas Mutter.
Das war der wunde Punkt im Leben von Romy Baum. Sie wusste, wie hart das Leben sein konnte ohne abgeschlossene Schulbildung und ohne Beruf. Darum legte sie bei ihrer Tochter so großen Wert auf diese Dinge. Sie selbst hatte viel zu früh geheiratet, ihre Schule nicht abgeschlossen und nicht einmal mit einer Ausbildung begonnen. Was sich im Nachhinein rächte, als sie als junge Witwe mit einem Kleinkind plötzlich ganz auf sich alleine gestellt war.
„Du hast noch gar nichts davon gesagt, was für einen Job du gefunden hast“, konzentrierte sich Romy jetzt darauf, Details von ihrer Tochter zu erfahren.
„Ich fange in der Eisdiele an, zwei Querstraßen vom Marktplatz entfernt!“
„Das ist ja gleich um die Ecke, dieser kleine Laden, der so schmal ist wie ein zweitüriger Schrank, nicht wahr?“
„Stimmt!“, nickte Thea. „Aber so klein ist der nicht. Da gibt es im Obergeschoss noch Tische für die Gäste. Im Erdgeschoss ist nur die Eistheke und ein paar Stehtische.“
„Muss aber trotzdem alles ziemlich eng sein in dem Laden“, vermutete Romy.
„Soweit ich das gesehen habe, ist das Lokal zwar nicht besonders breit, aber dafür umso länger. Bin selbst gespannt, wie dort alles angeordnet ist.“
Das gehörte zu den Dingen, die Thea an dieser Arbeit ganz besonders interessierte. Wie konnte man in so einem schmalen Haus arbeiten? Und vor allem, wie konnte man da überhaupt ein Lokal aufmachen? Sie hätte sich das eigentlich längst einmal ansehen können, schließlich gab es Brunos Eiscafé nun schon das dritte Jahr. Aber bisher hatte einfach die Muse und natürlich auch das Geld gefehlt, sich nur zum Eis essen in ein Lokal zu setzten. Vor allem, wenn man im Supermarkt für das gleiche Geld, was bei Bruno ein Eisbecher kostete, eine ganze Eispackung bekam.
„Wann geht es denn los!“, wollte Romy von ihrer Tochter noch wissen.
„Das machen wir erst morgen aus“, erzählte Thea. „War sowieso ein seltsames Einstellungsgespräch, Mama!“
„Was war daran denn seltsam?“
„Zuerst einmal schien es Bruno, das ist der Ladenbesitzer, zu genügen, dass ich mich nicht für die Jungs aus dem Sportstudio von gegenüber interessiere“, schmunzelte Thea.
Romy wurde hellhörig. Ein Sportstudio gegenüber der Eisdiele hörte sich für sie, als Mutter, nicht gerade prickelnd an.
„Dann hat er noch meine Lieblingseissorte geraten und mir dabei zugesehen, wie ich einen ganzen Becher davon mit Streusel und Sahne gegessen habe. Danach hat er mich so zufrieden angesehen, als ob er das Eis gegessen hätte“, erinnerte sich Thea an das ungewöhnliche Verhalten ihres neuen Chefs.
„Das war das Vorstellungsgespräch?“, wunderte sich Theas Mutter.
„Ja, so im Großen und Ganzen. Ein bisschen seltsam nicht wahr?“
„Ich hoffe, dieser Mann ist kein Psychopath!“, schüttelte Romy verwundert den Kopf.
Thea kicherte. „Ich glaube eher nicht. Er ist halt Italiener und anscheinend sehr stolz auf seine selbstgemachten Eiskreationen. Er meinte, wenn ich das Eis nicht mit Genuss gegessen hätte, wäre ich nicht die richtige Hilfe für ihn!“
Bei dieser Erklärung atmete Romy auf. Aber trotzdem musste sie sich diesen Mann einmal ansehen, bevor ihre Tochter dort zu arbeiten beginnen würde. Schließlich wusste man ja nie! Hoffentlich gab es da noch eine freundliche italienische Mama, die ein Auge auf die männlichen Gäste hatte und ihnen auf die Finger klopfte, wenn diese dumme
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