Himbeereis mit Aussicht
Sie war der nordische Typ: groß, schlank, blond. Und zu allem Überfluss auch noch ein klein wenig unsicher.
Thea wusste selbst, dass sie dagegen nur ganz alleine etwas tun konnte. Und der erste Schritt würde darin bestehen, sich in Brunos Eiscafé zu bewerben. Was konnte sie da schon im schlimmsten Fall erwarten, außer einer Absage? Mit so etwas würde sie doch umgehen können, oder nicht?
* * *
Drei Stunden später stand Thea auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Cafés und starrte auf den Zettel an der Eingangstüre. Sie konnte die Worte kaum entziffern, die dort standen, weil sie sich nicht nahe genug heran traute.
Aushilfe gesucht , stand dort und noch ein paar Details. Thea las weiter: Arbeitszeit am Wochenende und Nachmittag, Teilzeit.
Thea war so auf den Zettel konzentriert, dass sie gar nicht bemerkte, wie sie auf ihrer Seite der Straße den Eingang eines Gebäudes blockierte. Auch den jungen Mann nahm sie nicht wirklich wahr, der sie bat zur Seite zu gehen, damit er zur Türe gelangen konnte. Sie folgte nur der Aufforderung und stand somit auch den drei Jugendlichen nicht mehr im Weg, die ebenfalls das Gebäude betreten wollten.
Thea brauchte geschlagene fünf Minuten, bis sie genügend Mut aufbrachte, die Straße zu überqueren und die Eisdiele zu betreten. Das Lokal war relativ leer, was Thea sehr entgegenkam. Ihr Anliegen vor vielen Zuschauern vorzubringen, hätte sie vielleicht nicht über sich gebracht.
„Hallo, schönes Fräulein!“, begrüßte sie der Lokalbesitzer, der hinter der Eistheke stand, mit italienischem Charme. „Was kann ich für dich tun, Bella? Was möchtest du, Bananeneis mit Schokosoße oder lieber Haselnuss mit Schlagsahne?“
Thea schüttelte den Kopf und versuchte sich die richtigen Worte im Kopf zurechtzulegen, um nach der Aushilfsstelle zu fragen.
„Sag nichts, Bella! Ich weiß es, du bist der Himbeereistyp! Vielleicht mit bunten Streuseln und einen Klecks Sahne?“
Ohne auf eine Antwort zu warten, griff er zu einem Pappbecher. Dermaßen überrumpelt platzte Thea mit ihrem Anliegen heraus.
„Eigentlich hätte ich viel lieber diese Stelle als Aushilfe, auch wenn ich Himbeereis liebe!“
Dieser Einwand hielt den Italiener nicht davon ab, den Pappbecher mit Himbeereis zu füllen, bunte Streusel darauf zu streuen, einen Klecks Sahne dazuzugeben und das Ganze mit einem bunten Schirmchen zu dekorieren. Dann reichte er Thea das Eis zusammen mit einem kleinen Plastiklöffel und einer Zusage.
„Du hast den Job, Bella!“
Völlig verdattert nahm Thea den Eisbecher entgegen.
„Ist das Ihr Ernst? Ich habe den Job?“ Da konnte doch etwas nicht stimmen! So schnell bekam man doch niemals eine Zusage! „Müssen Sie nichts über mich wissen? Soll ich nicht zuerst zur Probe arbeiten?“
Lächelnd schüttelte der Italiener den Kopf. „Du Bella, bist das erste Mädchen, das sich hier beworben hat und dabei nicht ständig aus dem Fenster schaut, um einen Blick nach drüben zu erhaschen!“
„Nach drüben? Was meinen Sie?“ Thea blickte aus dem großen Schaufenster, das zur Straße ging. Sie konnte nichts Besonderes an dieser Aussicht erkennen.
„Was siehst du dort, Bella?“, schmunzelte Bruno, da er glaubte zu wissen, was er jetzt hören würde.
„Häuser, Autos, Fußgänger, ein Radfahrer“, zählte das Mädchen auf.
Der Cafebesitzer lachte zufrieden. „Gegenüber im ersten Stock, ist ein Kampfsportstudio mit lauter durchtrainierten jungen Männern. Ich habe gesehen, wie du dort drüben vor der Türe gestanden hast und sie direkt an dir vorbeigegangen sind. Du hast sie nicht eines Blickes gewürdigt!“
Thea wurde rot. Sie war wohl sehr abgelenkt gewesen und hatte nicht auf ihre Umgebung geachtet. Sollte sie sich dafür vielleicht lieber entschuldigen?
„Sind das Ihre Kunden? Habe ich schon den ersten Fehler gemacht, sie nicht zu beachten?“
Der Italiener lachte erneut. „Nein, nein, Bella! Diese Jungs, sind der Grund dafür, warum mein Geschäft so gut geht und ich eine Hilfe brauche. Siehst du, vom oberen Stock meines Lokals aus kann man direkt in den Übungsraum des Studios schauen. Darum ist mein Lokal jeden Nachmittag nach der Schule voll, sobald die Jungs zu trainieren beginnen. Warte noch eine halbe Stunde, dann kannst du es selber sehen.“
„Oh!“, Thea wusste nicht genau, wie sie auf diese Information reagieren sollte. Aber Bruno erklärte ihr, was das alles mit seiner Aushilfe zu tun haben würde.
„Ich brauche jemanden, der mir
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