Himbeersommer (German Edition)
einzubremsen.
„Na und“, findet Jacky, „der guckt aber. Wetten, die haben seit Monaten keinen Sex mehr. Solche Männer machen tolle Komplimente. “ Typisch Jacky.
„Was wolltest du mir überhaupt noch erzählen?“, fällt es mir ein.
„Ach nix. Ich hab `nen Typen im Supermarkt kennengelernt. Nasigoreng Fertigmenü. Alles klar, dachte ich mir und hab ihn angequatscht. Ganz nett, aber nix gegen diesen Werner da. Der ist voll mein Beuteschema.“
Wir lächeln. Ich stelle ihr Werner vor und werde dabei von Magda und Ines beobachtet, dem lesbischen Paar aus Haus 7.
Als ich Jacky ihrem Werner überlasse, spricht mich Magda an.
„Dafür, dass du heute Geburtstag hast, siehst du verdammt traurig aus.“
„Was?! Nein, überhaupt nicht. Alles super!“
Magda lächelt mitleidig, sieht Baby Gregor an, den ich immer noch krampfhaft im Arm halte, und löst meine Faust, die sich in sein Beinchen verkrallt hat. Wir sehen uns kurz an, dann streichle ich Gregor, dem das Ganze zum Glück nichts ausgemacht hat. Er gluckst selig.
Magda hat gesehen, dass Ines` Schnürsenkel offen ist, bückt sich und macht ihr die Schlaufe zu. Ines lacht.
„Wenn ihr immer noch nicht wisst, was wahre Liebe ist, das hier ist sie!“
Ich sehe die beiden an. Sie wirken sehr glücklich, so wie Tobias und ich - vor nicht allzu langer Zeit.
Mit Magda und Ines hatte ich bei den Baubesprechungen die wenigsten Probleme. Sie ticken wie ich, haben den gleichen Geschmack und die gleiche Einstellung zu Fliesen und Männern. Fliesen sind hart und kalt und sehr, sehr wenige interessant.
Ich seufze. Sehe Tobias an, der sich gerade mit der Nachbars-Mami aus Haus 3 unterhält. Sie ist schwanger, und er starrt ihr immer wieder auf den Bauch.
Ich hasse diesen Bauch und drücke Baby Gregor seiner Mama Jacky, die gerade zu mir kommt, in den Arm. Sie wirkt etwas verstört, will aber nicht sagen warum.
Ich stelle mich neben den Bauch und höre Tobias zu. Der sagt Sachen wie „Wenn dein Mann immer so lang arbeitet und du Werkzeug brauchst …“
„… willst du ihr deinen Hammer leihen?!“ Ich unterbreche ihn fassungslos.
Die beiden scheinen mich erst jetzt zu registrieren. Tobias sieht mich todtraurig, aber auch angriffslustig an.
„Oder eine Säge. Katrin ist eine Zauberkünstlerin.“
„Aha. Eine Zauberkünstlerin. Wen hast du denn verzaubert?“, ich wende mich kühl an den Bauch, und schicke Tobias einen grimmigen Seitenblick.
Katrin sieht uns beide unwohl an, weicht unbewusst einen Schritt zurück.
„Äh … das war doch nur Quatsch. Ich glaube ich hol mir noch was von eurem leckeren Buffet.“
Und weg ist sie.
Wir funkeln uns an.
„Du willst es nicht verstehen, wie immer.“ Tobias fährt sich gekränkt durchs Haar. Eine Geste, die er sonst nur macht, wenn er von seiner Mutter genervt ist.
„Ich bin nicht deine Mutter!“, schmettere ich ihm entgegen, da werden wir vom melodischen Klopfen an ein Glas unterbrochen.
Alle Blicke wenden sich Werner und seiner etwas aufgedunsenen Frau Corinna zu, die etwas blass in der Mitte des Wohnzimmers auf unserem roten Flokati stehen.
„Also, ich will die Party jetzt wirklich nicht sprengen, aber da hier alle Bauherren der Himbeersiedlung beisammen sind …“, beginnt Werner unwohl. Corinna, die schon immer das Heft in der Hand hatte, redet weiter.
„Wir werden uns scheiden lassen, das Haus aber trotzdem behalten. Werner wird ausziehen. Vorerst. Wir wollten nur, dass ihr das wisst, damit es kein Gerede gibt.“
Die Partygäste sehen sich betreten an. Gemurmel setzt ein, ich sehe Jacky an, dass sie etwas überfordert ist mit der Situation. Baby Gregor fängt an zu schreien. Und mir ist auch danach.
„Können wir reden?“, flüstert mir Tobias zu.
„Nein!“, fauche ich ihn an.
„Habt ihr etwa auch Probleme?“, will Kuno, Tobias` verklemmter Anwaltskollege, scherzend wissen. Und ein paar andere Gäste sehen her.
„Nein! Wir doch nicht! Wir sind doch Mr. und Mrs. Right“, erwidere ich, auf Krawall gebürstet.
Doch Tobias geht dazwischen. “Bitte, Nora, ich glaube, du bist heute etwas …“
„Überspannt“, vollende ich seinen Satz bitter lächelnd. „Wir können keine Kinder kriegen, weißt du, Kuno, weil …“
Tobias packt mich am Arm.
„Das muss doch jetzt wirklich nicht sein!? Wenn Kuno es weiß, weiß es die ganze Kanzlei,“ zischt er.
Wir hatten noch nie eine Szene. Aber ich schätze, das war sie. UNSERE Szene.
Der Großteil der Gäste hat mitbekommen, dass wir uns streiten. Und Jacky, die sich um
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