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Himmel uber Langani

Himmel uber Langani

Titel: Himmel uber Langani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara und Stefanie Keating
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durch das Tor fahren, bevor man ihr Fehlen bemerkte, und dann war alles gut. Während des ganzen Morgens hatte sie durch das Fenster des Klassenzimmers Ausschau gehalten, bis man sie getadelt hatte. Nach dem Unterricht war sie die Auffahrt hinuntergeschlichen und hatte einen Platz gesucht, wo man sie von den Schulgebäuden nicht sehen konnte. Es war ein strahlender Nachmittag. Nach den Wolkenbrüchen am Tag zuvor segelten nur wenige Wölkchen hoch oben an dem verwaschenen blauen Himmel. Vielleicht hatten der Regen und die schlammigen Straßen die Fahrt verzögert.
    Sarah Mackay hielt den Blick fest auf die ungeteerte Straße gerichtet. Die rote Erde war immer noch feucht, und die blauen Eukalyptusbäume, die die Straße säumten, schwankten und zitterten im Wind. Sie liebte diese Wächter des Plateaus mit der silberfarbenen Borke, die hier in 2400 Metern über dem Meeresspiegel wuchsen. Nachts wisperten und seufzten sie, wenn sie in ihrem schmalen Bett im Schlafsaal lag und davon träumte, an der Küste zu sein, daheim in Mombasa, fast fünfhundert Meilen entfernt.
    Nach dem Ruf der Glocke hatte sich der Spielplatz geleert. Ein merkwürdiges Gefühl der Verlassenheit überkam sie, als hätte sich die Welt rasch ohne sie weitergedreht und sie würde sie nie wieder einholen können. Vielleicht würde sie jahrhundertelang in einer Zeitfalle festsitzen und auf ein Auto warten, das niemals kommen würde. Sie hatte die stämmige Figur und das zerzauste Erscheinungsbild ihres Vaters geerbt. Ihre Kleidung wirkte immer zerknittert, gleichgültig, was sie damit anstellte. Sarah begann zu singen, um ihr Unbehagen zu unterdrücken. Sie war ein kräftiges Mädchen mit einem runden Gesicht und haselnussbraunen Augen und ziemlich klein für ihre dreizehn Jahre. Das Singen half ihr, Kummer und Einsamkeit zu verdrängen, bis sie nichts mehr davon spürte. Sie wusste, dass sie ein Naturtalent war. Manchmal sang sie bekannte Lieder, aber oft dachte sie sich eine Melodie und einen geheimen Text dazu aus, nur für sich selbst. Es war wie Fliegen – man wusste nie, ob man bei der nächsten Zeile tief sinken, in die Höhe schießen oder auf einer dieser langen, beglückenden Noten landen würde, die man als perfektes Ende empfand. Doch dieses Lied wollte sich einfach nicht auflösen. Also brach sie ab und ahmte den Ruf einer Golddrossel nach, die am Rand der Auffahrt in einer Akazie saß. Erfreut hörte sie, dass der Vogel ihr mit einem Pfiff antwortete. Doch er weigerte sich, das Schwätzchen fortzusetzen, und flog davon, um Jagd auf Insekten zu machen. Sie sprach gern mit Tieren. Insgeheim lächelnd führte sie eine imaginäre Unterhaltung mit einem Warzenschwein und stieß dabei einige Grunzlaute aus.
    Der Sonne sank. In der abendlichen Kühle wehte der Geruch eines Feuers heran, das für die Nacht angefacht wurde. Allmählich wurde Sarah hungrig. Die Straße hinter der Schule erstreckte sich meilenweit durch Weizenfelder bis zu der dunklen Baumlinie am Rand der Klippe. Wenn sie ausritt, beugte sie sich gern aus dem Sattel herab und sammelte Samen und Beeren ein. Später flocht sie dann mit einem Draht ein Armband oder eine Halskette daraus. Ihre selbst gebastelten Schmuckstücke waren sehr gefragt. Im Augenblick arbeitete sie an einem Geburtstagsgeschenk für ihre beste Freundin. Sarah mochte Camilla Broughton-Smith, obwohl sie immer alles im Griff hatte, im Unterricht zu den Besten gehörte und äußerst umschwärmt war. Ihr Vater war ein wichtiger Mann und ebenfalls sehr beliebt. Vielleicht lag das in der Familie. Sie waren zur gleichen Zeit ins Internat gekommen, und an diesem ersten Abend war Sarah untröstlich gewesen und hatte stundenlang geweint, nachdem der Wagen ihrer Eltern am Ende der langen Auffahrt verschwunden war. In den folgenden Tagen hatte sich das Gefühl der Einsamkeit noch verstärkt. Die anderen Mädchen hatten sich über ihr Heimweh lustig gemacht und über den gekürzten Saum ihrer Schuluniform und die neuen, viel zu stark glänzenden Schuhe gespottet. Camilla war ihr zu Hilfe gekommen, hatte die Möchtegern-Tyrannen verächtlich abgefertigt, ihr angeboten, bei den Hausaufgaben zu helfen und ihr etwas von ihrer beeindruckenden Wochenendgarderobe zu leihen. Camillas Füller lief niemals aus, nie verschmierte er ihre Finger oder ihre Schulbluse. Ihre Hefte waren so ordentlich wie ihr Schrank. Probleme, die andere zum Weinen brachten, tat sie beiläufig ab. Manchmal sagten die Lehrer, dieses Mädchen sei für ihr

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