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Himmel über Darjeeling

Himmel über Darjeeling

Titel: Himmel über Darjeeling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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Stücke sind hübsch anzusehen, aber kaum von Wert.«
    »Die restlichen Bilder, die noch hier im Haus – «
    »Ihr Herr Vater hat nicht lange genug gemalt, um sich längerfristig etablieren zu können. Der Name Arthur Lawrence hat längst keine Bedeutung mehr.«
    Mitgefühl begann sich in Wilson zu regen, als er das junge Mädchen betrachtete, das ihm noch vor wenigen Augenblicken so stolz gegenübergetreten war und nun vor den Scherben ihres bisherigen Lebens saß, gestraft dafür, dass ihr Vater nie über den Tod seiner Frau hinweggekommen war.
    »Es – «, er hüstelte erneut und raschelte mit seinen Papieren, »es gibt ein Angebot seitens einer der beiden Schwestern Ihrer seligen Frau Mutter, Mrs. Archibald Ross, Sie bei sich aufzunehmen, als Gesellschafterin für ihre eigenen drei Kinder.«
    »Was wird aus Jason?« Erneut ein bohrender Blick.
    »Mrs. Ross würde es befürworten, wenn er in unserer Kanzlei eine Lehre als Schreiber begänne. Unterkommen könnte er gegen ein geringes Kostgeld selbstverständlich bei mir und meiner Familie.«
    »Ausgeschlossen. Mein Vater wollte immer, dass Jason – «
    »Miss Lawrence«, fiel ihr Wilson bemüht geduldig ins Wort, »Ihr Herr Vater – der Herr sei seiner Seele gnädig – hat offensichtlich die vergangenen zehn Jahre keinen einzigen Gedanken an Ihrer beider Zukunft verschwendet. Sie sollten sich mit diesem Los zufrieden geben – es gibt weitaus bedauernswertere.«
    »Ich will keine Almosen.« Helenas Augen blitzten zornig auf. »Weder von Ihnen noch von meinen Tanten! Die Familie meiner Mutter hat von jeher auf uns herabgesehen, sie würden mich ihre Herablassung jeden Tag spüren lassen, den ich von ihrer Gnade abhängig wäre!«
    Edward Wilson hob seine spärlichen Augenbrauen und spürte eine tiefe Befriedigung, als er einen Schlusspunkt unter dieses seinem Geschmack nach zu sehr ins Pathetische abgleitende Gespräch setzen konnte.
    »Stolz muss man sich leisten können, Miss Lawrence. Mr. und Mrs. Ross haben bis zu Ihrer Volljährigkeit die Vormundschaft über Sie beide – ich fürchte, Sie haben keine andere Wahl.«
    Vom Rand der Klippen hatte man an dieser Stelle der Küste eine einzigartige Sicht auf den Atlantik. Wie von den Hieben eines Riesenschwertes gespalten, krallten sich die Felsen in den sandigen, wie Metallstaub wirkenden Untergrund. Das Meer, grau und trübe, schlug ungebärdig an den Strand, versprühte schmutzig weiße Gischt, und selbst die Alteingesessenen der Region, die das Meer seit Generationen im Blut hatten, gaben den alten Vers weiter, in dem es hieß, dass die Küste zwischen Padstow Point und der kleinen einsamen Insel von Lundy bei Tag und bei Nacht der Seeleute Grab sei. Vom Salzwasser aufgequollene, verwitterte Spanten und zersplitterte Masten, von der Brandung an Land gespuckt, zeugten vom unglücklichen Schicksal vieler Schiffe, denen die Launen von Sturm und Wellen zum Verhängnis geworden waren. Noch im Tageslicht schien diese Gegend düster und voller Dämonen – Namen wie Demon’s Cove , Devil’s Creek oder The Hanged Man für einen besonders bizarr geformten Teil der Klippen sprachen für sich; kaum zu glauben, dass nur wenige Meilen weiter südlich die Küste Cornwalls sonnenüberglänzt und farbenfroh sein sollte. Selten waren die Tage, an denen die Sonne den Dunstschleier über der Bucht durchbrach und für kurze Zeit der See einen blauen Schimmer, der Landschaft eine Spur grüner Hoffnung verlieh; danach versank der Küstenabschnitt von World’s End wieder in seiner Trostlosigkeit, die bis ins Mark von Mensch und Tier drang. Stunden konnten vergehen, ohne dass man auch nur die Silhouette einer einzelnen Möwe zu Gesicht bekam.
    Doch nicht allein deshalb erregte die einsame Reiterin die Aufmerksamkeit des Mannes oben auf der Klippe; es war die Art und Weise, wie sie ritt – im Herrensitz, wild und halsbrecherisch, in einem Wirbel von brauner Pferdemähne und hellem Frauenhaar, dunklem Rocktuch und weißen Unterrocksäumen. Sand und Gischt stoben unter den donnernden Hufen auf. Als er sah, wie sie allmählich langsamer wurde, wendete er sein Pferd.
    Achilles schnaubte und schüttelte sich, und Helena konnte nicht unterscheiden, ob es ihr eigener Atem war oder der des alten, schon ein wenig schwerhörigen Wallachs, der ihr so laut in den Ohren klang. Der rasante Galopp, der scharfe Wind, der von Norden her die Klippen entlang schnitt, hatten ihr Tränen in die Augen getrieben. Doch ihnen folgten andere, die ihre

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