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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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gedöst. Als er Charlotte mit ihrem Koffer erblickte, setzte er sich auf und starrte sie an, als sei er sich nicht sicher, ob er es mit einem lebendigen Menschen oder einem Geist zu tun hatte. Plötzlich jedoch sprang er auf die Füße, stürzte ihr entgegen– lachend oder weinend, das konnte sie nicht so recht erkennen– und fiel vor ihr auf die Knie.
    » Bibi Charlotte… bibi Charlotte… Du bist zurückgekommen.«
    Gerührt über diesen stürmischen Empfang, beugte sie sich zu ihm herunter und strich zärtlich mit den Fingern durch sein kurzes krauses Haar.
    » Natürlich bin ich zurückgekommen, Schammi. Hast du etwa geglaubt, ich würde für immer fortbleiben? Du bist wirklich ein kleiner Dummkopf.«
    Drüben vor dem Laden war Klara von ihrem Sitz hochgefahren, das grüne Tuch fiel zu Boden, doch es kümmerte sie nicht.
    » Charlotte! Gott sei es gedankt! Charlotte!«
    Die Begrüßung war innig, Klara umklammerte sie schluchzend und schien sie gar nicht mehr loslassen zu wollen, während Peter Siegel mit frohem Lächeln, wenngleich etwas gehemmt, danebenstand.
    » Der Herr hat Sie zu uns zurückgeführt«, sagte er, als er Charlotte die Hand drückte. » Ich freue mich unendlich, Sie zu sehen. Vor allem aber wird Klara nun endlich ruhiger werden, sie hat sich große Sorgen gemacht.«
    » Aber nein«, rief Klara, die sich die Tränen mit dem Handrücken von den Wangen wischte. » Ich wusste doch, dass Charlotte vernünftig ist. Ach, dass du wieder da bist, Lotte…!«
    Schammi lief hinauf in die Wohnung, um Kaffee zu kochen und eine Kleinigkeit zu essen anzurichten; sie wollten ihr Wiedersehen unten im Laden feiern, damit sie zugleich die Kundschaft bedienen könnten. »Setz dich doch, Charlotte. Wie schmal du geworden bist! Wo ist Christian? Ich hoffe doch, ihr habt euch auf dieser Reise wieder miteinander versöhnt. Wir haben so sehr dafür gebetet, Peter und ich…«
    Sie stockte und wurde rot, weil sie sich verplaudert hatte. Peter Siegel fasste ihre Hand und räusperte sich.
    » Es ist viel geschehen seit Ihrer Abreise, Frau Ohlsen«, begann er förmlich. » Gutes und weniger Gutes. Aber um mit den guten Nachrichten zu beginnen, so will ich Ihnen gestehen, dass Klara und ich inzwischen Verlobte sind.«
    Charlotte war keineswegs so überrascht, wie die beiden vermutet hatten. Sie lachte über Klaras schuldbewusste Miene und erklärte, dass sie mit ihrer Wahl vollkommen einverstanden sei. Sie begossen die Verlobung mit Kaffee und aßen dazu gekochte Bananen und kaltes Hühnerfleisch, das Schammi mit allen möglichen Gewürzen, vor allem Pfeffer, Chili, Tamarinde und Kurkuma, versehen hatte.
    » Ich habe lange gezögert, Charlotte«, gestand Klara, die jetzt vor Seligkeit strahlte. » Peter hat mir das Versprechen gegeben, mit der Hochzeit noch eine Weile zu warten. Weil ich doch weiß, dass du mich im Laden brauchst. Vor allem jetzt, wo wir nicht wissen, was werden wird.«
    » Wie meinst du das?«
    Stockend berichtete Klara, dass Kamal Singh aus der Stadt verschwunden sei. Die deutschen Behörden hatten eine Gruppe Männer gestellt, die in der Nacht Boote mit Waren aus dem Karawanenhandel beluden, um sie unverzollt hinüber nach Sansibar zu schaffen. Die Burschen wurden verhört, und schließlich fiel der Name ihres Auftraggebers: Kamal Singh. Noch in derselben Nacht standen die deutschen Polizisten vor dem Haus, und Klara musste den Laden öffnen. Alle Waren, die Kamal Singh im hinteren Teil des Raumes gelagert hatte, wurden beschlagnahmt und abtransportiert.
    » Er hat diese Dinge mit Hilfe seiner Söhne bis nach Indien und sogar nach Europa verkauft«, erläuterte Peter Siegel mit gerechter Empörung. » Alles am deutschen Zoll vorbei! Was für ein elender Betrüger. Leider konnte er sich der gerechten Strafe entziehen, wahrscheinlich hat ihn einer seiner Angestellten gewarnt.«
    Charlotte war wie vor den Kopf geschlagen. Christian, der sich so oft getäuscht hatte– in diesem Punkt hatte er richtig vermutet, und sie hatte ihn dafür auch noch ausgelacht. Dennoch konnte sie Peter Siegels Empörung nicht teilen. Gewiss, Kamal Singh mochte ein gewaltiges Schlitzohr sein– er hatte sie benutzt, um seine zollfreien Geschäfte zu tarnen–, aber er hatte ihr auch viel geholfen.
    » Es heißt, dass die beiden Häuser abgerissen werden«, sagte Klara bekümmert. » Die deutsche Kolonialverwaltung will die alten Gebäude auf der Inderstraße Stück für Stück verschwinden lassen und die Straße neu bebauen.

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