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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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Daressalam? Ist es, weil Sie Post von Ihrer Verlobten bekommen haben?«
    Das sei richtig, räumte er ein. Schon gestern habe Dr. Brooker ihm einen Brief überbracht, der lange unterwegs gewesen sei und sogar um ein Haar verloren gegangen wäre. Die Briefpost war tatsächlich immer noch ein Problem in der Kolonie, nicht selten wurden die schwarzen Briefträger überfallen oder von wilden Tieren angegriffen, manchmal ließen sie die Post auch einfach irgendwo liegen und machten sich davon.
    » Johanna musste ihre Abfahrt verschieben, weil ihre Mutter schwer erkrankte. Ein verständlicher Grund– ich hatte so etwas schon in Betracht gezogen, aber wenn man gar keine Nachricht erhält, kommen einem die seltsamsten Gedanken. Ja, sie wird Anfang September mit dem Reichspostdampfer Admiral in Daressalam eintreffen.«
    » Das freut mich sehr! Niemand hat dieses Glück mehr verdient als Sie, Herr von Roden.«
    Er lächelte nicht, sah sie nur nachdenklich an und erwiderte dann, das Glück sei keine einfache Sache.
    » Da haben Sie allerdings recht.«
    Zwei Tage später machte sie sich mit Dobner, Dr. Meyerwald und einigen schwarzen Dienern auf den Weg zurück nach Daressalam.

Teil IV

August 1897
    Der kühle Südostwind hatte das Meer aufgewühlt und ließ den Küstendampfer so heftig schaukeln, dass Charlotte sich an der Reling festhalten musste. Vor ihren Augen entschwand die Mündung des Pangani, eine breite, blau schimmernde Bucht, von Gebüsch und dichten Kokospflanzungen gesäumt, welche die Häuser des Ortes nahezu völlig verdeckten. Der Wind hatte die Morgennebel fortgeblasen und zerrte an den Palmen, eine Schar Enten flog vom Ufer auf, drehte eine Runde über der Bucht und ließ sich auf dem kabbeligen Wasser nieder.
    Charlotte genoss diesen letzten Teil ihrer Heimreise. Wie hatte sie sich nach dem Meer gesehnt, nach seiner Kraft und Weite, dem Blitzen der Wellen im Sonnenlicht, dem salzigen Geruch, der ihr so vertraut war. Sie hatte sich in Pangani wieder umgekleidet, die » unanständige« Hose abgelegt und sich in eine wohlangezogene junge Frau verwandelt. Doch jetzt, da der Wind über das Deck fuhr und manchmal kleine Gischtflöckchen mit sich trug, wagte sie es, ihr Tuch abzunehmen und das lange Haar flattern zu lassen.
    Es war eine schlimme Reise gewesen, die sie oft bis ans äußerste Ende ihrer Kräfte geführt hatte. Max von Roden hatte durchaus recht gehabt: Sie war noch schwach gewesen, und die langen Tagesmärsche erschöpften sie. Dennoch hatte sie das Tempo nicht verringern wollen und die Vorschläge ihrer Reisegefährten, doch einen Ruhetag einzulegen, energisch zurückgewiesen. Sie wollte diesen Weg so bald als möglich hinter sich bringen. Es war der Weg, den sie gekommen waren, der alte Karawanenweg, auf dem sie so viele Orte an Christian erinnerten. Hier, auf diesem Rastplatz, hatte ihr Zelt gestanden, in dem sie gemeinsam geschlafen hatten, dort war der Fels, dieser verdammte, elende Fels, bei dem sie ausgespuckt hatte– Christian hatte es nicht getan. Und dann der Flussübergang, die Erinnerung an den Tod des unglücklichen Trägers, Christian, der mit seinem lächerlichen Gewehr hinter ihr herlief und sie später vom Flussufer fortzerrte… Nie hätte sie geglaubt, dass sie einmal froh über Dr. Meyerwalds Vorträge sein würde, doch in diesen düsteren Zeiten klammerte sie sich an alles, was sie von ihrem Trübsinn ablenken konnte. Das kummervolle Schweigen des Malers war dazu wenig geeignet. Ihre beiden Reisegefährten waren immer noch zerstritten, sprachen kaum ein Wort miteinander, allein ihre Gegenwart hielt den brüchigen Waffenstillstand aufrecht und sorgte dafür, dass das gemeinsame Reisen überhaupt möglich war. In Pangani angekommen, hatten sich der Maler und der Biologe mit großer Herzlichkeit von ihr verabschiedet, sie mit vielen guten Wünschen versehen und Adressen mit ihr ausgetauscht. Dann hatte sich Dobner nach Tanga eingeschifft, während Dr. Meyerwald mit Vorbereitungen für einen Aufenthalt in Sansibar beschäftigt gewesen war, bei dem er sich der heimischen Insektenwelt widmen wollte.
    Charlotte war der Abschied von den beiden nicht allzu schwer gefallen; undankbarerweise war sie eher froh, den letzten Teil der Fahrt allein zurücklegen zu können. Vielleicht war es der Anblick des Meeres, der die Schatten der vergangenen Tage von ihr nahm und neuen Lebensmut aufblühen ließ. Kleine Segelboote schossen an dem Küstendampfer vorüber, von geschickten Einheimischen

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