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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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Sehnsüchte.
    Jetzt endlich bahnte sich der Schmerz in ihrem Inneren seinen Weg, und die Tränen brachen aus ihr hervor. Heftig weinend kniete sie vor dem Hügel nieder, grub die Finger in die lockere Erde, als könne sie sich dort festhalten, während ihr Körper unter immer neuen Schluchzern erbebte. Er war nicht immer ein guter Ehemann gewesen, und doch hatte er sie geliebt, hatte sie um Vergebung angefleht und war zuletzt nicht von ihrer Seite gewichen, obgleich schon die tödliche Krankheit in ihm tobte. Weshalb hatte sie ihm nicht helfen können? Weshalb war sie so hart zu ihm gewesen? Weshalb war es ihr niemals gelungen, ihn zu lieben?
    Sie wusste nicht, wie lange sie dort gekniet und geweint hatte, ob es Stunden oder nur Minuten gewesen waren. Irgendwann legte sich eine Hand auf ihre Schulter, sanft, aber mit Nachdruck, und sie hörte Max von Rodens leise, ernste Stimme.
    » Es ist genug. Gehen wir zurück. Bitte!«
    War er ihr nachgegangen? Oder hatte er die ganze Zeit über in ihrer Nähe gestanden? Sie ließ sich von ihm aufhelfen und fuhr sich mit dem Ärmel übers Gesicht. » Die Missionare werden heute Nachmittag eine Andacht für Ihren Mann halten. Bis dahin ruhen Sie sich aus. Ich bringe Sie jetzt zurück in die Station, damit Sie etwas zu sich nehmen und sich ein wenig hinlegen können.«
    Sie fügte sich. Erschöpft, aber doch ruhiger als zuvor, ging sie an seiner Seite zurück zur Militärstation und war auf einmal froh darüber, dass er ihr den Arm um die Schultern gelegt hatte. Sie hätte sich sogar gern an ihn angelehnt, doch sie wagte es nicht.
    Der Maler Dobner und Dr. Meyerwald hatten ungeduldig auf sie gewartet. Man sprach ihr aufrichtiges Beileid aus, nahm gemeinsam einen Imbiss, und die beiden Herren kündigten an, Charlotte auf der Rückreise begleiten zu wollen. Zum Ausruhen blieb ihr keine Zeit, denn gleich darauf brachte ihr Dr. Brooker Christians Hinterlassenschaften: seinen Rucksack mit wenigen Kleidungsstücken, seine Wasserflasche, ein leeres Notizbuch, ein Paar Schuhe zum Wechseln. Man hatte ihm den Ehering gelassen, da seine Finger aufgequollen waren und man den Reif nicht gewaltsam abziehen wollte, dafür händigte der Arzt Charlotte ein Tuch aus, das Christian um den Hals getragen hatte. Es war ihr eigenes. Das goldene Kopftuch, das sie verloren hatte, als ihr Maultier durchging.
    Sie hatte die Andacht am Grab gefürchtet, doch zu ihrer Überraschung gelang es ihr, gefasst zu bleiben. Es ging feierlich zu, außer Dobner, Meyerwald und von Roden waren auch die weißen Offiziere zugegen, die von einer Abordnung Askari begleitet wurden. Charlotte sah, wie Pastor Walter, der Nachfolger des getöteten Segebrück, sich heimlich die Tränen aus den Augenwinkeln wischte. Sie selbst konnte hier vor all den Menschen nicht weinen, sie wollte es auch nicht, sie war keine, die mit ihrem Kummer hausieren ging.
    Als sie nach der Zeremonie zur Miliärstation zurückkehrten, hielt sich Max von Roden an ihrer Seite.
    » Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Charlotte. Bleiben Sie mit ihren beiden Begleitern noch zwei Wochen als meine Gäste auf der Plantage– dann werden wir alle gemeinsam nach Daressalam reisen. Bis dahin haben Sie sich ein wenig erholt, und zudem werde ich einige Maultiere mitnehmen. Das wird für Sie leichter sein, als wenn Sie den ganzen Weg zu Fuß laufen müssten. Was halten Sie davon?«
    Sie hielt nichts davon, wollte schon morgen, spätestens übermorgen aufbrechen. Es gab Dinge, die geregelt werden mussten, auch Klara würde sie brauchen, und nicht zuletzt wollte sie sich endlich wieder um ihren Laden kümmern.
    » Es geht mir besser, wenn ich etwas zu tun habe«, erklärte sie.
    Er machte eine ungeduldige Armbewegung, wie er es häufig tat, wenn ihm etwas nicht passte.
    » Ich werde schon dafür sorgen, dass Sie sich auf meiner Plantage nicht langweilen. Seien Sie vernünftig, Charlotte. Sie sind noch nicht ganz gesund, morgen schon aufzubrechen, wäre vollkommener Unsinn!«
    » Ich habe es mir nun einmal in den Kopf gesetzt!«
    Abrupt blieb er stehen und sah sie durchdringend an.
    » Was ist los?«, fragte er gereizt. » Was haben Sie gegen mich? Weshalb weisen Sie meine Einladungen ständig zurück?«
    Lächelnd sah sie ihn an. Sie hatte sich nicht in ihm getäuscht, er war ein liebenswerter, offener Bursche, der sich nicht gut verstellen konnte. Er würde ihre Bedenken vermutlich nicht gelten lassen– doch sie wusste es besser.
    » Sie reisen in zwei Wochen nach

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