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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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schlang.
    » Hamuna!«
    Die schwarze Dienerin hatte ihr buntes Kopftuch abgewickelt, um damit nach den Heuschrecken zu schlagen, das Haar darunter war kurz geschoren und lockig wie das Fell eines neu geborenen Lämmchens.
    » Gehen in Haus, bibi Roden. Hier nicht bleiben. Wir nicht helfen können. Gehen in Haus. Hamuna geht mit dir…«
    Es klang seltsam beruhigend inmitten von all dem Geschrei und den feindlich herumschwirrenden Insekten. Rauch zog zu ihnen herüber, die schwarzen Frauen hatten Max’ Rat befolgt und Feuer angezündet, doch wie es schien, kümmerte der Qualm die gefräßigen Heuschrecken nur wenig.
    An Hamunas Arm stieg Charlotte die Stufen zum Vorbau hinauf, dort ließ der Schmerz nach, und sie konnte wieder Atem holen.
    » Es ist vorbei, Hamuna. Lauf zurück in den Garten, ich brauche dich jetzt nicht…«
    » Gehen in Haus, bibi Roden.«
    » Ja, ja. Ich ruhe mich ein wenig aus.«
    » Du kannst ausruhen morgen. Kitoto ist wach, du nicht ausruhen. Du ihm helfen.«
    Das Kind wollte auf die Welt! Ausgerechnet jetzt in diesem schrecklichen Chaos, während hier draußen alles vernichtet wurde, das sie so liebevoll geschaffen hatte, wollte das Kind geboren werden! Sie konnte nichts daran ändern, die Geburt überwältigte sie genau wie der Einfall der Heuschrecken, gegen den sie ebenso machtlos war. Sie ließ sich auf einem Stuhl nieder, umschloss ihren Bauch mit den Armen und begann hilflos zu schluchzen.
    » Bauch wird böse, wenn du weinst.«
    Hamuna hatte recht, denn jetzt kündigte sich die nächste Wehe an, riss an ihrem Rücken und presste ihren Leib wie mit einer eisernen Schlinge zusammen. Sie stöhnte leise, während ihr noch die Tränen übers Gesicht liefen, schreien wollte sie auf keinen Fall, schon deshalb, weil sie sich vor Hamuna schämte.
    » Kitoto hat viel Kraft. Du keine Angst. Hamuna ist hier.«
    Sie rieb ihr den Rücken, und es linderte tatsächlich ein wenig den Schmerz. Dabei schwatzte sie unaufhörlich, erzählte von einem malaika, einem Geist, ganz ähnlich einem Engel, den sie auf dem Haus habe sitzen sehen. Das sei ein gutes Zeichen, ein malaika beschütze die Menschen und führe sie auf den Weg Gottes.
    Charlotte begriff nicht viel, offensichtlich brachte Hamuna ihren alten Glauben und die Predigten der Missionare, die manchmal auf die Plantage kamen, durcheinander. Ein malaika – vermutlich hatte sie einen Storch auf dem Hausdach sitzen sehen. Die verdammten Störche waren hinter den Heuschrecken her gewesen, deshalb ihr massenhaftes Erscheinen heute früh. Aber wo immer sie sich jetzt die Bäuche vollschlugen– auf der Plantage war es nicht. Kein Einziger war zu entdecken.
    » Hamuna hat fünf kitoto geboren… Eine binti ist gestorben am Fieber. Zwei mvulana sind fortgegangen mit Karawane… Hamuna sie nicht wiedergesehen. Ein mvulana ist gestorben an Schlägen von deutsche bwana. Ein mwulana hat geheiratet zwei Frauen, aber Missionar in Daressalam hat gesagt, er darf nicht haben viele Frauen…«
    Es war das erste Mal, dass Hamuna über ihre Kinder sprach, und Charlotte musste sich eingestehen, dass sie auch nie danach gefragt hatte. Max hatte Hamuna von der Küste mitgebracht, aus Tanga oder Bagamoyo, das wusste Charlotte nicht mehr genau. Dort hatte sie im Haushalt eines indischen Geschäftsmannes gearbeitet. Sie musste viel älter sein, als Charlotte geglaubt hatte, wenn sie schon fünf Kinder in die Welt gesetzt hatte– wie traurig, dass die meisten offenbar nicht mehr am Leben waren…
    Die Wehen kamen jetzt in kürzeren Abständen, und der Schmerz wurde so heftig, dass Charlotte die Zähne zusammenbiss und die Finger in die Tischdecke krallte. Wenn die Welle verebbt war, lehnte sie sich keuchend im Stuhl zurück; es war seltsam, aber in diesen kurzen Erholungspausen fehlte ihr nichts, der boshaft peinigende Schmerz war verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben.
    » Schammi soll meinem Mann Bescheid sagen.«
    » Lass bwana arbeiten. Er muss Bananenstauden schützen. Nyenje fressen nicht Kaffeeblätter, aber Bananen. Kaffeebaum braucht Schatten von Banane…«
    Charlotte beharrte nicht auf ihrem Wunsch. Im Grunde hatte Hamuna recht– Max hätte sich nur schrecklich aufgeregt, und helfen konnte er ihr sowieso nicht. Sie wusste ja selbst nicht so genau, wie man ein Kind auf die Welt brachte. Aber Hamuna, die jetzt über das Unglück der Dschagga klagte, Hamuna hatte schon fünf Kinder geboren, sie wusste, was zu tun war. Sie hatte sie auch gepflegt, als sie krank

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