Himmel ueber Falludscha
Gestank aus den Sümpfen mischte sich mit dem Geruch der Abwassergräben und der Küchen. Mir war schlecht und der Nachgeschmack des Essens trug wenig zur Verbesserung bei.
Im ersten Geländewagen saßen zwei von Roberts’ Männern. Jonesy, Coles, Marla und ich saßen im zweiten, sowie ein Fahrer, der an einer kalten Zigarre kaute. Miller, Owens und der Dolmetscher saßen mit dem vierten Sicherheitsmann und einem Kind im letzten Wagen. Dem Kind hatten sie einen Sack über den Kopf gezogen. Es tat mir leid. Ich konnte nicht erkennen, ob es ein Junge oder ein Mädchen war.
Ich fragte mich, ob die Sicherheitsleute dazu da waren, uns zu beschützen oder zu bewachen. Der Fahrer unseres Wagens – er sagte, sein Name sei Gambarelli – war kurz und breit und hatte einen dicken Kopf, der übergangslos auf seinem Brustkorb saß. Seine Zähne waren geradezu perfekt ausgerichtet, sodass sie, wenn er lächelte (ob erwirklich lächelte, ließ sich schwer sagen), aussahen wie Zähne auf einer Kinderzeichnung.
»Hab ich euch schon mal was erzählt, das man seiner Mama lieber nicht erzählen möchte?«, fragte Jonesy.
»Machen wir hier so was?«, wollte Marla wissen.
»So was machen wir hier«, bestätigte Jonesy.
Das schien Gambarelli ungeheuer zu amüsieren. »Das ist klasse! Das ist echt gut! Das muss ich unbedingt den Jungs erzählen!«
Ich musste an meinen Vater denken. Vor meinem geistigen Auge sah ich ihn in seinem Sessel am Wohnzimmerfenster sitzen. Er hatte ja keine Ahnung, wie sehr ich mir wünschte, dass zwischen uns alles geklärt wäre. Ich wollte, dass er mich jetzt genau in diesem Moment sah. Es ging nicht darum, was ich mal tun würde oder wie ich in zehn Jahren dastehen würde. Ich hoffte, er könnte sich damit abfinden, falls mir etwas zustoßen sollte. Mum würde sicher tieftraurig sein, aber sie wäre wenigstens nicht böse auf mich. So war sie einfach nicht.
Wir fuhren eine Weile nach Westen und bogen dann ab. Wir waren länger unterwegs, als ich erwartet hatte, etwa fünfundzwanzig bis dreißig Minuten. Ich wusste, dass Amara nur dreißig Meilen von der Grenze zum Iran entfernt lag, aber ich hatte keine Ahnung, wie wir zu dem Stammeslager gefahren waren. Nach einer Weile sah ich vor uns in der Dunkelheit Lichter flackern. Taschenlampen. Ich konnte vage einige Gestalten erkennen, und meine Eier schrumpften zusammen.
»Ich glaube, die wissen, dass wir kommen«, bemerkte ich.
»Ja, hier draußen sollte man lieber niemanden überraschen – es sei denn, man will ihn umbringen«, meinte unser Fahrer. »Keine Bange. Alles in Ordnung, also keine Panik.«
Allein dieser Typ verursachte schon Panikanfälle bei mir.
Ein paar Wolken zogen vor dem Dreiviertelmond vorbei und tauchten alles in Schatten. Der Fahrer bremste und hielt vor zwei Männern, die ihre Kalaschnikows auf uns richteten. Sie riefen etwas und Fadel sagte, wir sollten aussteigen.
Es war windstill und vor meinem Gesicht tanzte ein Schwarm winziger Mücken. Ich sah, wie Owens dem Kind die Kapuze abnahm. Es war ein schmächtiger Junge mit großen Augen, und er sah gesund aus.
Wir wurden durch ein Wirrwarr von Zelten geführt, vor denen sich kleine Gruppen von Männern im Dunklen zusammendrängten. Ich wusste, dass ich etwas steifbeinig ging, aber ich konnte nicht anders. Mein Mund war trocken und ich fragte mich, ob ich überhaupt würde sprechen können, wenn es so weit war.
Wir wurden in ein Zelt an einem Hang geführt, durch das wir in ein flaches, einstöckiges Gebäude gelangten. Aus irgendeinem Grund kam mir der Gedanke, dass uns Osama bin Laden persönlich dort drinnen empfangen würde.
Sie hatten elektrisches Licht, sodass es einigermaßen hell war. Auf dem Boden und an den Wänden waren Teppiche. Wir blieben stehen. Zwei ältere Männer in Kaftans und Sandalen, die uns hereingeführt hatten, wiesen auf den Boden. Wir setzten uns. Ich sah, dass Miller den Arm um die Schultern des Jungen gelegt hatte, den wir mitgebracht hatten.Die Iraker sahen ihn nicht einmal an, sodass ich mich schon fragte, ob da nicht ein Irrtum vorlag.
Fast zehn Minuten lang warteten wir schweigend, bis vier weitere Männer den Raum aus derselben Richtung wie wir betraten. Ihnen folgte ein Mann mit Kissen. Sie wurden ausgelegt und die vier Männer ließen sich darauf nieder.
Sie betrachteten uns und sprachen dann miteinander. Sie sahen den Jungen an, einer der Männer nickte und sagte dann etwas. Das war erleichternd. Ein Bewaffneter nahm den Jungen an der Hand
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