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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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Äußerlichkeiten, die den Männern als Begründung dienen, uns für minderwertig zu halten. Längst schon fordern wir ein Recht auf Abtreibung. Unser Körper gehört uns. Wir sind die Benachteiligten, dadurch, dass wir die Kinder auf die Welt bringen müssen.«
    »Lieselotte, ich verstehe das nicht«, wagte Demy zu widersprechen. »Jemand muss die Kinder nun einmal in sich tragen und zur Welt bringen. Gott gefiel es, diese Aufgabe den Frauen zu übergeben und damit hat er ihnen eine wichtige Rolle im Kreislauf des Lebens übertragen. Ja, sicher gehört uns unser Bauch, nicht aber das entstehende Leben darin. Es entsteht schließlich nicht nur aus dir selbst.« Demy errötete bei diesem Thema und sprach deshalb schnell weiter. »Zudem gehört es sich selbst, nicht dir, und könntest du ein ungeborenes Kind danach fragen, würde es sicher das Leben und nicht den Tod wählen. Und die Frage danach, welchen Anspruch Gott auf ein Menschenleben hat, dürfen wir dabei vielleicht auch nicht vergessen.«
    Da Lieselotte ihr dieses Mal nicht ins Wort fiel, wie sie es in letzter Zeit so häufig tat, redete Demy immer weiter: »Wir Frauen sind mit Mütterlichkeit ausgestattet und dürfen diese Gabe nicht verachten.«
    »Pah, glaubst du diesen Unsinn wirklich? Mütterlichkeit, das ist doch nur Mystifizierung. Sie wird uns Frauen nicht in die Wiege gelegt, sondern anerzogen. Ist nicht der beste Beweis dafür, dass es Männer gibt, die eine gewisse Mütterlichkeit ausstrahlen?«
    Demy blieb abrupt stehen. Sie griff nach einem weit in den Spazierweg ragenden Zweig und zerrte aufgewühlt an diesem. Hatte es überhaupt Sinn, weiterzureden? Aber Lieselotte forderte sie immerzu zu Stellungnahmen heraus und schaute geringschätzig auf sie herunter, wenn sie keine Meinung zum angesprochenen Thema besaß.
    »Moment mal, Lieselotte! Ich bin nicht gerade wie ein sittsames, typisches Mädchen aufgewachsen: Wettrennen über Dünen, Weitsprungversuche über Bäche und Grachten, Zielwerfen mit Kieselsteinen, und das alles habe ich vornehmlich mit den Jungs aus meiner Schule unternommen. Ja, ich besaß eine Puppe, die lag aber meist nur unbeachtet im Staub unter meinem Bett. Ich bin also das beste Beispiel für jemanden, der weder auf Weiblichkeit noch auf Mütterlichkeit gedrillt wurde. Und dennoch hege ich den Wunsch, eines Tages Kinder zu haben. Ich möchte sie lieben, umsorgen und großziehen. Frauen sind mütterlich, weil es von Gott, oder wenn du es anders willst: von der Natur so in uns angelegt ist. Und die Mütterlichkeit, die du in Männern siehst, sollte man vielleicht eher Väterlichkeit nennen. Denn obwohl Männer körperlich stärker sind und in vielen Dingen anders denken als Frauen, so können auch sie zärtlich und fürsorglich sein, außer man vernichtet diese Wesenszüge durch eine harte Erziehungsschule.«
    »Männer und Frauen sind gleich! Wir sind in der Lage, dasselbe zu leisten«, stieß Lieselotte wütend aus, was Demy jedoch nur zu neuerlichem Widerspruch anstachelte.
    »Ich kann niemals ein Gewicht in die Höhe stemmen, das ein gesunder Mann stemmen kann, und nicht so schnell laufen wie ein halbwegs normal gebauter Mann. Und Männer gebären keine Kinder und stillen sie nicht. Wir sind verschieden und wir werden immer verschieden sein! Uns wurden unterschiedliche Stärken mitgegeben! Aber unterschiedlich zu sein ist doch nichts Schlimmes!« Leiser sprach Demy weiter: »Ich fände es schrecklich, wenn es anders wäre. Wo bliebe dann die Vielseitigkeit des Lebens? Natürlich sind Männer nicht besser oder klüger als Frauen, und sie haben auch nicht das Recht, uns unsere Selbstbestimmung zu rauben. Ich pflichte dir auch bei, dass wir ein Wahlrecht für Frauen benötigen, denn unsere Stimmen, unsere Wünsche müssen gehört werden. Frauen sollten alle Berufe erlernen dürfen, die sie erlernen möchten, denn sie sind in der Lage viel zu leisten, aber doch nicht auf Kosten der Kinder!« Demy ließ den Zweig los und dieser schnellte mit einem vernehmlichen Rascheln in die Höhe.
    War es die schwüle Abendluft, die ihr den Schweiß aufs Gesicht trieb, oder lag es an ihrer hitzigen Argumentation? Plötzlich schämte sie sich. Was wusste sie Jungspund schon von den Unterschieden zwischen Männern und Frauen? Von den Rechten in Preußen?
    Ihre Freundin nutzte ihr verwirrtes Schweigen gekonnt aus. »Das, was du forderst, sind alles halbe Sachen, wobei ich ohnehin fürchte, du plapperst nur das nach, was dir die Frauen in diesem

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