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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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Sklaventreiber von Fabrikant mich nicht durch einen anderen ersetzt.« Mit zwei Fingern tippte Anton lässig an den Schirm seiner schief auf dem braunen Haar sitzenden Kappe, strafte Lieselotte mit einem weiteren vorwurfsvollen Blick ab und verschwand zwischen den hohen Hausfronten.
    Mit in die Hüften gestemmten Händen drehte Lina sich um. Ihr Gesicht hatte vor Ärger über den unhöflichen Burschen eine deutlich dunklere Nuance angenommen. »So ein uncharmanter Kerl. Ich wollte ihm anbieten, ihn meinem Vater vorzustellen. Er ist gerade auf der Suche nach einem Assistenten für seine Forschungsarbeiten.«
    »Das hast du ihm so aber nicht gesagt«, kicherte Margarete leise, und auch Demy fiel in ihr Lachen mit ein.
    Letztendlich siegte Linas Unbekümmertheit über ihren Ärger, und sie schüttelte über sich selbst den Kopf. Lieselotte blieb hingegen ernst.
    Nach dieser Unterbrechung wandte Margarete sich wieder dem Mädchen aus dem Arbeiterviertel zu. »Fräulein Scheffler, überlegen Sie es sich mit unserer Einladung doch noch mal. Ich würde mich sehr freuen, Sie bei uns begrüßen zu dürfen.«
    Lieselotte willigte nur zögernd ein, wobei sie nervös ihre Finger knetete. Diese zwar schöne, aber eigentlich unmögliche Einladung hatte die Lockerheit vertrieben, die sich im Laufe ihres Gespräches bei Lieselotte eingestellt hatte. Prompt wurde ihre Unterhaltung oberflächlicher und geriet zunehmend ins Stocken. Die aufgeweckte Lina begann aus Langeweile eine kleine schwarze Katze zu verfolgen, die durch den Hinterhof strich.
    Demy verfolgte belustigt, wie das Kätzchen der jungen Frau immer wieder entkam. Schließlich verschwanden die beiden in dem dunklen Durchgang zur Straße hinaus.
    Etwas später schreckte Margaretes Frage sie auf: »Wo ist denn Lina abgeblieben?«
    »Sie ist Ellis Katze nachgelaufen«, wusste Lieselotte. »Das dürfte jetzt aber gut eine Viertelstunde her sein.«
    Besorgt sprang Demy auf, raffte ihren Rock und lief auf den Durchgang zu. Unruhe machte sich in ihr breit. Lina gehörte nicht hierher, was jeder an ihrer Kleidung deutlich sehen konnte. War sie von jemandem aufgehalten worden? Oder lief sie noch immer blindlings dem Kätzchen nach, ohne darauf zu achten, wie weit sie sich von ihren Freundinnen entfernte? Womöglich hatte sie sich in den Gassen verlaufen!
    Voll Sorge um die Freundin stürmte sie in die Straße und sah sich nach beiden Seiten um. Ein Junge schob einen Holzkarren vor sich her, zwei Männer stritten lautstark, während auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Prostituierte mit aufreizend in die Höhe gezogenem Rock und der Öffentlichkeit preisgegebenem Bein auf Kundschaft wartete. Von Lina hingegen war keine Spur zu sehen.
    Lieselotte und Margarete gesellten sich zu ihr. Auch sie suchten mit den Augen die Umgebung nach der Vermissten ab.
    »Lieselotte, bitte frag die Frau dort drüben, ob sie Lina gesehen hat. Ich laufe dem Burschen mit dem Wagen nach!« Ohne eine Entgegnung abzuwarten rannte Demy die Straße hinunter. Ihre Schuhe verursachten ein lautes Klackern auf dem Boden, das von den düsteren Wänden laut zurückgeworfen wurde.
    Die aufsteigende Angst um Lina ließ sie noch schneller rennen, als der Junge mit seiner Schubkarre in eine Seitenstraße einschwenkte. An der Kreuzung angekommen warf Demy zuerst einen Blick in die entgegengesetzte Richtung. Dort konnte sie Lina nicht entdecken, also hastete sie dem jungen Mann mit der Karre nach.
    Keuchend kam sie bei dem schlaksigen Kerl an, der anzüglich ihr helles, eng geschnittenes und mit Spitze verziertes Kleid musterte und grinsend seine ungepflegten Zähne zeigte.
    »Willst du was von mir? Ich kann aber nichts zahlen. Wenn du scharf darauf bist, musst du schon …«
    »Ich suche eine Freundin«, unterbrach Demy ihn gereizt.
    »Noch so eine Herausgeputzte wie du?«
    Mit klopfendem Herzen und noch immer schwer atmend nickte sie einfach.
    »Ich hab niemand gesehen. Aber wenn sie so aussieht wie du, ist sie sicher nicht lange allein geblieben.«
    Nur zu gern hätte sie dem Jungen ins Gesicht gesagt, wie widerwärtig sie ihn fand, unterließ es aber. Sie hatte keine Zeit zum Streiten. Lina musste so schnell wie möglich gefunden werden.
    Doch wo sollten sie mit der Suche beginnen? Das Scheunenviertel mit seinen dunklen Mauern, engen Gassen und unzähligen Hinterhöfen war erschreckend unübersichtlich. Ihre Freundin könnte überall sein, unauffindbar für drei junge Mädchen. Und wie sollte Lina sich allein

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