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Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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Boden, wo er offensichtlich mit den Schuhen fast bis über die Waden im Schlamm versunken war. Die meinen waren sowieso schon verschlammt und durchgeweicht, da hatte ich nichts mehr zu verlieren. Ich kämpfte mich die Steigung hoch, wobei ich mich an Felsen und Wurzeln und an Gott weiß was anklammerte.
    Ich hörte sie. Bevor ich noch ganz oben war, hörte ich das kehlige Röhren der Bären.
    Als ich mich hochgestolpert hatte, sah ich alles auf einen Blick. Ich sah die Bären, zwei Exemplare, eines schwarz, das andere zimtrot, nur Pelz und Zähne und Krallen, ein Bär momentan auf den Hinterläufen in der Luft schwebend. Vinnie schwang einen langen Knüppel, wie in Zeitlupe, und beschrieb dabei einen weiten Bogen, der an jedem anderen Ort geradezu anmutig gewirkt hätte, nur nicht in dieser Instant-Hölle. Der Boden war überall aufgewühlt, wie auf einem Schlachtfeld. Frisch aufgegrabener Dreck, entlang des ganzen Bachufers. Eine Lichtung, die Sonne schien hinein. Der Ärmel von Vinnies Jacke in Fetzen, Blut an seinem Arm.
    Ich sah alles in einem Augenblick, der ewig währte, hatte dabei das Gefühl, alles von weit weg zu sehen, von irgendwo außerhalb meines Körpers, bis alles wieder plötzlich an seinem Platz war und ich den Lärm wieder hörte und wußte, was da vor sich ging.
    Die Bären griffen Vinnie an. Er schrie und versuchte sie mit einem Knüppel abzuwehren.
    Ich schrie irgend etwas und stürzte nach vorne, rutschte durch den Schlamm und knallte hart auf den Rücken. Ich stützte mich wieder auf und lief am Bachufer entlang auf ihn zu. Die Bären waren nun auf beiden Seiten neben ihm, der Boden ein Morast aus schwarzem Schlamm und Steinen und totem Gras, zu Streifen zertreten.
    Und etwas Langes und Weißes.
    Knochen, Grundgütiger Gott, Knochen.
    Als ich ihn erreichte, sah ich die Knochen im Schlamm. Eine Hand. Schwarze Finger, zu einer Klaue verkrampft. Weiße Fingernägel. Ein Bein. Die Rippen eines Mannes, halb im Schmutz vergraben.
    Das also war geschehen. Sie sind tot. Alle die Männer sind tot. Die Bären haben sie getötet, und jetzt werden sie auch uns töten.
    »Haut ab!« Vinnies heisere Stimme. »Haut bloß ab!«
    Ich schrie die Bären an. Ich ruderte mit den Armen. »Weg! Weg mit euch! Weg! Los, weg!«
    Der Geruch. Er umfing mich wie ein Schwall. Dieser Gestank, Gott, die toten verwesenden Körper.
    Und noch etwas.
    Vinnie schwang seinen Knüppel. Ein plötzlicher Schmerz in meinem Arm, als das Ende des Stocks mich traf und abbrach.
    Ich kannte diesen Geruch.
    »Haut ab!« schrie er. »Haut ab! Haut ab!«
    Ein Bär wandte sich ab, der mit dem braunen Fell.
    »Haut ab! Haut ab, verdammt noch mal!«
    Ich hätte nicht sagen können, wer von uns was schrie. Dieser Gestank.
    Der schwarze Bär gab diese gräßlich unmenschlichen Laute von sich und wandte sich ab. Er sah sich nach uns mit seinen gelben Augen um und trottete fort, Richtung Wald.
    Vinnie schrie weiter.
    Vor langer Zeit. Wie viele Jahre? Derselbe Gestank. Die Leichen in Säcken, die Reißverschlüsse geschlossen. Und doch traf mich der Gestank mitten ins Gesicht. Jetzt bin ich wieder am selben Ort, als wäre es gerade erst geschehen, so wie einen nur ein Geruch zurückversetzen kann.
    Dieses Haus in Detroit. Das brennende Haus.
    Das Feuer.
    Ich sah mir das unten an. Ich mußte es mir ansehen. Die weißen Knochen, das Fleisch … Schwarz. Schwärzer als der Bär. Schwärzer als der Schlamm. Schwärzer als das Böse.
    Sie waren verbrannt. Die Körper waren verbrannt. Das hatten die Bären nicht getan. Die Bären hatten diese Männer nicht getötet.
    Und die Bären griffen nicht Vinnie an. Es war Vinnie, der die Bären angriff. Er hatte gesehen, was sie taten, hatte gesehen, wie die Bären hier in der Erde gruben, wie sie das flache Grab der toten verbrannten Männer schändeten. Er hatte versucht, sie zu verscheuchen.
    Vinnie stand nun vornüber gebeugt, das Gesicht in den Händen. Sein Arm war voller Blut. Er fiel auf die Knie. »Oh, mein Gott, Tom, mein Gott.«
    »Vinnie«, sagte ich. »Vinnie.« Ich packte ihn von hinten an die Schultern.
    Er hockte sich auf seine Fersen und begann zu weinen. Der Bach floß an uns vorüber, in den Wäldern bewegten sich Bären. Die Sonne verschwand hinter einer Wolke, und es wurde kälter. Die Leichen von fünf Männern lagen um uns herum, Teile über der Erde, andere darunter, weitere in den Bären.
    Ich grub in die Erde, packte mit beiden Händen zu und warf sie über das, was mal der Kopf eines

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