Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
wenn Sie das sein ließen.«
Ich hielt den Hörer von meinem Mund weg und zählte bis drei. »Hören Sie«, sagte ich schließlich. »Sind Sie jemals auf einer Ojibwa-Beerdigung gewesen?«
»Nein, das bin ich nicht.«
»Sie dauert vier oder fünf Tage. Also hatte ich diese ganze Zeit, um darüber nachzudenken. Können Sie mir nicht irgend etwas erzählen?«
»McKnight, ich denke, da gibt es etwas, was Sie vielleicht wissen wollen. Das ist etwas, was Sie auch der Familie mitteilen können, wenn die Zeit dafür reif ist. Tom wurde zuerst erschossen und dann verbrannt. Er lebte nicht mehr, als er in Brand gesteckt wurde.«
»Was ist mit den anderen?«
Einen Moment lang gab es nichts als die Statik der weiten Ferne. »Die anderen haben es nicht so glücklich getroffen.«
»Er muß sich gewehrt haben«, sagte ich. »Sie mußten ihn erschießen.«
»Haben Sie noch weitere Informationen, warum dies geschehen ist?«
»Das kann ich wirklich nicht sagen, okay? Ich kann Ihnen nur sagen, daß wir von jeglicher Lösung weit entfernt sind.«
»Und wie geht es Ihnen ?« sagte ich.
»Mir geht es gut, McKnight. Sie brauchen nicht zu fragen,«
»Ich habe Ihnen bereits gesagt, ich bin da durch gegangen. Ich weiß, wie das ist.«
»Ja, das sagten Sie. Vielen Dank, Falls das alles ist …«
»Niemand sieht Ihnen in die Augen, stimmt’s?«
Sie sagte nichts. Noch mehr Statik; die Linie summte.
»Ihr Partner ist getötet worden. Niemand kommt direkt damit heraus und sagt, er macht Ihnen einen Vorwurf daraus …«
»Soll mir das vielleicht helfen, McKnight?«
»Es gibt niemanden sonst, mit dem Sie darüber sprechen können, okay? Glauben Sie mir, niemand sonst kann verstehen, was Sie jetzt durchmachen.«
»Aber Sie können das?«
»Ja, ich kann das.«
»Na, habe ich da nicht ein Riesenglück? Wenn es mir zu viel wird, rufe ich Sie einfach an. Meinen ganz persönlichen Psychiater.«
»Constable, bitte. Ich versuche doch nur …«
Die Verbindung war tot.
»Nun, das war brillant«, sagte ich. »Ich bin ja so eine Riesenhilfe.«
Ich versuchte die Sache zu vergessen, aber sie versetzte mich in eine schlechte Stimmung, die mich den Rest des Tages nicht mehr verließ. Ich fuhr zum Abendessen nicht mal ins Glasgow. Als ob ich nicht schon genug Probleme hätte – warum auch immer, ob ich es mir eingestehen wollte oder nicht, Nathalie Reynaud hatte es mir angetan.
Ein weiterer Tag verging. Vinnie war immer noch bei seiner Familie. Ich dachte daran, ins Reservat zu fahren und ihn aufzusuchen. Aber ich ließ es bleiben.
Endlich rief Leon zurück. Sein Freund bei der Zeitung hatte Hank Gannon und die Brüder Albright durch LexisNexis gejagt. »Zu Gannon hat er überhaupt nichts gefunden«, sagte Leon. »Bei den Albrights gab es ein paar Sachen. Einige Auszeichnungen wegen Bürgersinn, irgendwas über einen Autohandel, den Red eine Weile betrieben und dann verkauft hat. Ah ja, da war noch ein Sportpark, den beide wiedereröffnet haben. Ich glaube, er war nach ihrem Vater benannt.«
»Albright Field«, sagte ich, »Na klar. Deshalb hatte ich auch schon mal den Namen gehört. Im Ostteil der Stadt.«
»Klingt wie eine alte Detroiter Familie mit etwas Geld«, sagte er. »Nichts Außergewöhnliches.«
»Ich weiß nicht, Leon. Dallas und einer seiner Kumpel sind den ganzen Weg hier hoch gekommen, um uns Knarren ins Gesicht zu halten. Klingt das für dich nach einem gewöhnlichen Geschäftsmann?«
»Vielleicht ist es ihm extrem gut gelungen, seinen Namen sauber zu halten. Entweder das, oder er ist ein bißchen durchgeknallt.«
»Wer weiß, Leon. Weiter hilft uns das nicht.«
»Gut, ich laß dich wissen, wenn ich was anderes rausfinde.«
»Nein, Leon. Das brauchst du nicht. Du hast jetzt schon viel zu viel für mich getan, glaube mir. Deine Frau könnte mich vermutlich umbringen.«
Darüber mußte er lachen. »Sie liebt dich, Alex.«
»Dann grüß sie ganz besonders von mir. Und sag ihr, daß es mir leid tut. Noch mal vielen Dank für alles, Partner.«
Ich legte den Hörer auf, saß da und blickte aus dem Fenster. An diesem Punkt war ich mir nicht mal mehr sicher, was ich tat. Vielleicht war es nur die Tatsache, daß ich überhaupt etwas tat. Nach dem harten Kampf in den Wäldern konnte ich jetzt nicht einfach stillsitzen und mich entspannen.
Reynaud hatte recht, dachte ich. Ich klang wirklich wie ein Psychiater.
Ich machte mich Richtung Glasgow auf den Weg. Ein paar Stunden mit Jackie und ich würde wieder ich selber
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