Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
sagte ich, »eine Idee habe ich. Kennt Vinnie irgend jemand in Detroit?«
»Was sollte er denn da unten?«
»Dort gibt es zwei Männer. Die könnten etwas wissen.«
Er dachte darüber nach. »Da wäre das Kasino. Viele Mitglieder vom Sault gehen da zur Arbeit.«
Natürlich. Detroit hatte drei Kasinos, und eines davon gehörte zum Teil dem Sault-Stamm. Ein ganzer Bus voller Sault-Ojibwas fuhr jede Woche nach Detroit.
»Können Sie herausfinden, ob er mit einem davon Kontakt aufgenommen hat?«
»Mache ich.«
»Lassen Sie mich wissen, wenn Sie etwas rauskriegen?«
»Klar, Alex. Geben Sie mir Ihre Nummer.«
Er gab mir ein Stück Papier, und ich schrieb meine Handy-Nummer darauf.
»Ich mache das jetzt gleich«, sagte er. »Ich rufe Sie an.« Er legte eine seiner großen Hände auf Mrs. LeBlancs Schulter, dann trat er vor mich, zögerte einen Moment und öffnete dann die Tür.
Mrs. LeBlanc sah ihm zu, wie er in die Nacht hinaustrat. Dann sah sie mich an. »Ich verstehe überhaupt nichts mehr.«
»Machen Sie sich bitte keine Sorgen.« Der Ausdruck auf ihrem Gesicht genügte, um mir das Innerste nach außen zu kehren. »Ich finde raus, wo er ist. Das verspreche ich.«
Wieder blickte sie aus der Tür. Ein Wagen rumpelte vorbei. Es war Buck auf dem Weg nach Hause, um Anrufe zu tätigen, oder rüber zum Sault-Reservat, um dort persönlich die Runde zu machen.
»Seine Hütte«, sagte ich, als mir diese Idee kam. »Haben Sie einen Schlüssel?«
Sie nickte mit dem Kopf, wandte sich um und ging den Flur entlang. Eine Minute später kam sie mit einem einzelnen Schlüssel zurück.
»Hier«, sagte sie. »Ich habe ihn nie zuvor jemandem gegeben.«
»Vielen Dank, Mrs. LeBlanc.« Ich küßte sie wieder auf die Wange und ging. Zum zweiten Mal in einem Monat zog ich los, um einen ihrer Söhne zu finden.
Detroit. Ich wiederholte es in meinem Kopf immer wieder, während ich nach Paradise zurückfuhr. Das war einst meine Heimatstadt gewesen, wenigstens in dem Sinne, daß ich unmittelbar daneben gelebt hatte und als Fan der Tigers, der Lions, der Pistons und der Red Wings aufgewachsen war. Leute fragen dich, wo du herkommst, und du sagst Detroit, weil das die einfachste Antwort ist. Du erzählst ihnen nicht, daß du niemals in der Stadt selber gelebt hast, daß kaum jemand in der Stadt selber lebt, wenn er es vermeiden kann.
Später habe ich dann in Detroit als Polizeibeamter gearbeitet. Acht Jahre meines Lebens. Und selbst damals habe ich nicht dort gelebt, was streng genommen nicht legal war. Aber ich kannte die Stadt in- und auswendig, in heißen Sommernächten wie an kalten Wintermorgen.
In Detroit gibt es Verbrechen. In Detroit gibt es Verbrechen wie es Brunnen in Paris gibt oder Kanäle in Venedig. Leute in aller Welt wissen so viel über Detroit. Vielleicht ist es unfair, so zu denken. Sie können das Kunstmuseum nehmen und das neue Stadion und die Kasinos und Restaurants und glauben, daß alles sei Teil einer Renaissance für Detroit, und vielleicht haben Sie ja auch recht. Sie können den Ort sogar lieben wie ich das tue. Aber es ist immer noch Detroit und wird es immer bleiben.
Da kam Albright her, Red, und seine Männer; zwölf Stunden waren sie stur nach Norden gefahren, um in Kanada Elche zu jagen, oder was auch immer sie dort zum Teufel gemacht hatten. Von dort war auch sein Bruder gekommen, Tage später, war denselben Weg gefahren und hatte nach Antworten gesucht. So wie es geklungen hatte, war er auf der Stelle wieder nach Hause gefahren, hatte gedacht, dort lägen vielleicht die Antworten, mit denen er beginnen sollte, daß er die Stadt überhaupt nicht zu verlassen brauche, um die wahre Geschichte herauszufinden.
Nun, da Vinnie seinen Bruder begraben hatte, sah es ganz so aus, als sei auch er dorthin gefahren. Wenn er nach eigenen Antworten suchte, war das der beste Ort, um anzufangen.
Und auch der schlimmste.
Was mich daran erinnerte, daß ich Dallas Albrights Adresse und Telefonnummer schon hatte, dank Leon und seinem Computer. Sie waren gleich hier bei mir im Wagen, in dem Aktenumschlag, den Leon mir gegeben hatte. Als ich um Whitefish Bay herumfuhr, holte ich das Blatt Papier heraus und wählte die Nummer. Ich hörte die Ansage des Handy-Betreibers – der Teilnehmer sei nicht erreichbar, und ich könne eine Nachricht hinterlassen. Ich hängte auf.
Ich fuhr am Glasgow vorbei. Die Lichter leuchteten warm und einladend, aber ich hatte an diesem Abend etwas anderes zu tun. Ich fuhr weiter
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